Norwegens Technikerteam zaubert im Monatsrhythmus neue Skihelden hervor. Sorgte im Januar der Doppelsieg der beiden Jugendfreunde Lucas Braathen und Atle Lie McGrath in Adelboden für skandinavische Partystimmung, so kürte sich nun im kalifornischen Olympiaort von 1960 der erst 21-jährige Alexander Steen Olsen zum jüngsten Weltcupsieger seit mehr als 30 Jahren.
Und der aus Oslo stammende Steen Olsen könnte in den kommenden Jahren genauso wie Braathen und McGrath zum ernsthaften Konkurrenten für Marco Odermatt im Hinblick auf die Gesamtwertung werden. Für den ersten Sieg im Weltcup benötigte er schon einmal weniger lang als der Schweizer Ausnahmekönner. Und seine Karriere folgt einem längst bewährten Konzept, das vor ihm schon andere grosse norwegische Skifahrer hervorgebracht hat.
Bisher fährt Olsen im Weltcup lediglich Slaloms und Riesenslaloms. In diesen beiden Disziplinen hat er vor einem Jahr auch Gold an der Junioren-WM gewonnen. Bei nationalen Meisterschaften und im Europacup trat er allerdings auch schon im Super-G an – mit durchaus beachtenswerten Leistungen.
Steen Olsen ist ein Musterbeispiel für die typische norwegische Sportkarriere. Er trat mit sechs Jahren in den Sportclub Kjelsås IL bei. Dieser ist mit 3900 Mitgliedern einer der grössten Sportvereine der Hauptstadt. 80 Prozent aller Kinder im geografischen Einzugsgebiet machen im Verein mit. Dieser bietet von Ski alpin und Langlauf über Handball und Fussball bis hin zu OL acht Sportarten an. Alle Kinder erhalten Einblick und Trainings in allen Sportarten. Eine frühe Spezialisierung wird bewusst vermieden.
Steen Olsen interessierte sich zuerst mehr für Fussball. Den Bezug zum Skifahren erhielt er durch seinen Vater, der sich als Jugendtrainer in der Alpin-Gruppe engagierte. Dort trainieren bis zu 350 Kinder. Erstes Ski-Vorbild war die zwei Jahre ältere Schwester.
Beim Fussball musste der 21-Jährige vor noch nicht allzu langer Zeit Jahren kürzertreten, weil ihn seit mehreren Jahren ein sogenanntes «Jumpers Knee» – eine Überbelastung der Patellasehne im Bereich der Kniescheibe – begleitet. Auch sein liebstes Hobby, das Skateboarden, kann er deswegen nur sehr dosiert ausüben.
In den Klubtrainings an den Hängen des kleinen Osloer Skigebiets lernte er vor allem das freie Fahren im Tiefschnee auf spielerische Art und Weise kennen. Monotone Stangentrainings sind bis tief ins Teenageralter verpönt. «Ich wuchs sportlich mit dem Auftrag auf, vor allem viel Spass zu haben», sagt Steen Olsen.
Auch habe er früh gelernt, dass man sich nicht primär mit anderen vergleichen soll. So kennt der norwegische Jugendsport bis ins Alter von 13 Jahren bei Wettkämpfen konsequent keine Ranglisten.
Im Europacupteam wurde Alexander Steen Olsen über die Technikdisziplinen ans nächste Level herangeführt. So geschah dies übrigens vor gut zehn Jahren auch bei Aleksander Aamodt Kilde, dem heute weltbesten Speedfahrer. Er bestritt in seiner ersten Europacup-Saison vorwiegend Slaloms und Riesenslaloms.
The fight was real and here are the top 3️⃣ athletes in today's race in @palisadestahoe
— FIS Alpine (@fisalpine) February 26, 2023
🥇 Alexander Steen Olsen
🥈 Timon Haugan
🥉 Albert Popov & @clement__noel #fisalpine pic.twitter.com/62AzrbpJuv
Im Vergleich zu den ein Jahr älteren McGrath und Braathen wirkt der 21-Jährige noch sehr schüchtern und zurückhaltend. Dass sein erster Sieg nun derart früh erfolgt, überrascht auch seinen Trainer Michael Rottensteiner. Dieser sagt, Alexander sei noch nicht ganz so weit wie die zwei norwegischen Ski-Zwillinge. Auch er selbst meint: «Ich denke, es ist gar nicht so schlecht, nicht erkannt zu werden. Du kannst dann dein Leben leben.»
Steen-Olsen sagte noch vor drei Wochen, sein Ziel sei eine schrittweise Entwicklung, wie er sie auch in der bisherigen Karriere erlebt habe. Noch bei Saisonbeginn ging er im Weltcup im Slalom mit der Startnummer 43 ins Rennen. Regelmässige Rangierungen in den Top 15 seien für ihn der logische nächste Schritt. «Ich denke nicht, dass ich bereits Top-5-Rangierungen oder gar Podestplatzierungen von mir erwarten darf. Das kommt dann in zwei bis drei Jahren.» Er hat sich gründlich geirrt. (aargauerzeitung.ch)