Alexander Bublik hat echtes Glück. Wann immer die Nummer 2 des Turniers am Swiss Open in Gstaad antritt, wird es in der grossen Roy Emerson Arena sein. Das ist für den eigenwilligen Kasachen ein wichtiges Puzzleteil für den Erfolg. Denn er mag es überhaupt nicht, auf kleinen Plätzen ohne viel Publikum zu spielen. Da vergeht ihm die Lust auf seinen Sport.
Bublik spielte bisher ziemlich überraschend eine hervorragende Sandsaison. Überraschend, weil er zuvor am French Open nie über die 2. Runde hinausgekommen war und sein Spiel mit krachendem Aufschlag, druckvollen Grundschlägen und überraschenden Einfällen eher für schnelle Unterlagen geeignet scheint. Nun aber erreichte er in Madrid die Achtelfinals und ausgerechnet in Paris mit den Viertelfinals das beste Grand-Slam-Resultat seiner Karriere. Auf dem Weg dahin schaltete Bublik mit Alex de Minaur und Jack Draper gleich zwei Top-Ten-Spieler aus, ehe er an Jannik Sinner scheiterte.
Dann gewann er das Rasenturnier in Halle – mit unter anderem einem Sieg gegen Sinner – und reiste als einer der heissesten Herausforderer nach Wimbledon. Als Nummer 28 gesetzt unterlag Bublik aber gleich in der 1. Runde in fünf Sätzen Jaume Munar, einem spanischen Sandspezialisten. Seine Erklärung ist ebenso einfach wie verblüffend. «Ich spielte auf einem Nebenplatz mit etwa hundert Zuschauern», sagt Bublik in Gstaad. «Es war einfach langweilig. Es war auch heiss, und es gab nichts, was mich pushen konnte.»
Er schlug gegen Munar zum Match auf. «Normalerweise gewinne ich dann auch.» Bublik vergleicht die Situation mit dem Sieg gegen den Weltranglisten-Fünften Jack Draper in Paris. «Da war die Situation ähnlich. Er war nahe daran, mich zu breaken, als ich zum Match aufschlug. Die Fans waren voll da, mal für ihn, mal für mich, eine echte Achterbahnfahrt.» Da fühle sich Tennis wichtig an, und er könne sich pushen.
In Wimbledon sei es anders gewesen. «Aber das ist ok», sagt Bublik ohne Anflug von Ärger. «So ist Tennis, so ist Sport. Gewinnen oder verlieren, das spielt für mich nicht so eine grosse Rolle. Ich hatte danach eine wunderbare Zeit in London.»
Der 28-jährige gebürtige Russe, der 2016 wegen der besseren Unterstützung nach Kasachstan wechselte, ist in St. Petersburg aufgewachsen. Entsprechend sind die Schweizer Berge etwas Spezielles für ihn – aber nichts Neues. «In den letzten vier, fünf Jahren habe ich mit meiner Familie jedes Jahr rund einen Monat Ferien in St. Moritz verbracht.» In Gstaad weilt er mit seiner Frau und dem dreijährigen Sohn zum ersten Mal.
Im Berner Oberland ist er nun nicht ferienhalber, doch das Ambiente gefällt ihm hervorragend. Und nach der erfolgreichen Sandsaison entschied Bublik, nochmal auf die Unterlage zurückzukehren. Dazu könnte die Höhenlage seinem Spiel entgegenkommen. Als einer der Stars des Turniers kann er auch darauf zählen, auf dem grössten Court zu spielen. «Das passiert mir ja überhaupt nur in den ersten ein, zwei Runden an den Grand Slams, dass ich auf den kleinen Plätzen spielen muss», erklärt Bublik. «Auf der ATP Tour passiert das praktisch nie.»
In der Roy Emerson Arena kommt er am Donnerstag zu seinem Debüt. Nicht wie von den Fans erhofft gegen Stan Wawrinka, sondern gegen seinen Landsmann Alexander Schewtschenko (ATP 101) – einen weiteren Russen, der wegen der Tennisförderung nach Kasachstan wechselte. (nih/sda)