Seit 1915 werden in Gstaad Tennisturniere organisiert, seit 1937 unter der Marke «Swiss Open». Von 1915 bis 2008 galt: Nach Wimbledon dislozieren die Tennis-Cracks ins Berner Oberland nach Gstaad, ans «Wimbledon der Alpen».
In den 2000er-Jahren, als das Turnier existenzielle Krisen durchzustehen hatte, ging der traditionelle Termin indes verloren. Für viele war das der Anfang vom Niedergang des traditionsreichsten Schweizer Tennisturniers.
Jetzt ist es den Organisatoren mit einem Kraftakt gelungen, den alten Termin unmittelbar nach Wimbledon zurückzuerhalten. «Einfach war das nicht», resümiert Jeff Collet, mittlerweile Turnierobmann seit mehr als 20 Jahren. «Für die Association of Tennis Professionals (ATP) waren wir klar für später gesetzt. Vor allem dank unserer riesigen Tradition gelang es, die ATP davon zu überzeugen, dass es richtig ist, unser mehr als hundertjähriges Turnier wieder an seinem historischen Zeitpunkt unmittelbar nach Wimbledon stattfinden zu lassen.»
Der Termin direkt nach Wimbledon stellt für Gstaad eine grosse Chance dar. In der gleichen Woche finden heuer in Newport in den USA ein letztes Rasenturnier und in Bastad in Schweden ein Sandplatzturnier statt. In Newport spielen meist nur Rasenspezialisten, in Bastad operieren die Organisatoren (wie in Gstaad) mit bescheidenen finanziellen Mitteln. In den Wochen danach ist die Konkurrenz viel grösser – beispielsweise durch das German Open am Hamburger Rothenbaum (ATP-500-Turnier) und die ersten Turniere der US-Open-Series (Atlanta, Washington).
«Aus sportlicher und organisatorischer Sicht ist es für uns sehr gut, dass wir das Swiss Open vor Beginn der traditionellen Sommerturniere in den USA austragen können», sagt Collet. Jene Spieler, die nach Wimbledon nochmals auf Sand antreten wollen, tun das lieber früh, denn später im Sommer sind die Top-Player von der ATP-Tour gezwungen, in den USA auf Hartplatz zu spielen. 2024 könnte Gstaad ausserdem davon profitieren, dass unmittelbar nach dem Turnier im Saanenland der olympische Tennis-Event in Paris im Stade Roland-Garros ebenfalls auf Sandplätzen gespielt wird.
Als das Swiss Open 2009 im umstrukturierten Tour-Kalender später in den Sommer verlegt wurde, sahen die Organisatoren im neuen Termin eine «Chance». Alle damaligen Hoffnungen zerschlugen sich. Das Turnier verlor an Bedeutung. Die Konkurrenzturniere – zuletzt regelmässig Hamburg – wurden stärker und stärker. In den 15 Jahren seit dem Verlust des traditionellen Datums nach Wimbledon schrieb das «Boutique-Turnier» zwar regelmässig schwarze Zahlen. Die Verantwortlichen überlegten sich aber mehr als einmal, die Unterlage zu wechseln. 2012 träumten sie in Gstaad von einem Rasenturnier vor Wimbledon, später wurde der Wechsel auf Hartplatz thematisiert.
Diese Zeiten sind vorbei. Die Agentur «Grand Chelem» organisiert für Swiss Tennis und die Gemeinde Saanen das Swiss Open jetzt schon mehr als 20 Jahre lang. Dank der Tradition erhielt das Swiss Open seinen Termin zurück; die 100-jährige Tradition des Sandplatz-Events soll künftig hochgehalten werden. Und womöglich kehren in den nächsten Jahren auch wieder die Stars nach Gstaad zurück – wie das früher die Regel war.
Heuer gelang mit der Verpflichtung von Félix Auger-Aliassime und Denis Shapovalov ein vielversprechender Beginn – auch wenn die beiden Kanadier diese Woche beide wegen Verletzungen absagen mussten. (abu/sda)