Bis zuletzt gab es Hoffnung. Die Fans von Roger Federer wollten ihn noch ein letztes Mal sehen, zu Hause in Basel bei den Swiss Indoors. Mindestens ein letztes Mal. Diese Hoffnung wird mit Federers Ankündigung auf Instagram begraben. Der 41-Jährige tritt zurück, der Körper macht nicht mehr mit. Vor allem das Knie sorgt immer wieder für Komplikationen. So wird der Auftritt am Laver Cup vom 23. bis 25. September sein letzter sein. Es war ein schleichender Rücktritt, wie diese Zahlen zeigen.
Schon seit über einem Jahr hat Roger Federer kein Spiel mehr auf der ATP-Tour bestritten. Die Niederlage im Viertelfinal von Wimbledon 2021 wird sein letzter Ernstkampf bleiben. Der letzte Satz bleibt in besonders schmerzhafter Erinnerung. Ein 0:6 in seinem «Wohnzimmer» musste Federer in seiner Karriere bis dahin noch nie hinnehmen. Doch an diesem Tag erwies sich Hubert Hurkacz beim 3:6, 6:7 (4:7), 0:6 als zu stark – vor allem in der körperlichen Verfassung Federers.
Zwei Tage vor dem Spiel gegen Hurkacz überzeugte der Baselbieter noch mit einem Dreisatzsieg gegen Lorenzo Sonego. Sein letzter Sieg bei einem Grand Slam liegt mittlerweile also 437 Tage in der Vergangenheit. Seither hoffte Federer zwar immer wieder auf ein Comeback, musste dieses aber Mal für Mal verschieben, bis er am Donnerstag seinen Rücktritt ankündigte.
Novak Djokovic war einer von zwei grossen Rivalen Roger Federers. Die «Big 3», komplettiert von Rafael Nadal, dominierten das Tennis über sehr lange Zeit. Den letzten Sieg gegen einen der beiden durfte Federer vor über 1000 Tagen feiern. Nämlich am 14. November 2019, als er Djokovic in den Gruppenspielen der ATP-Finals in Turin 6:4, 6:3 schlug. Damit qualifizierte er sich für den Halbfinal, wo er Stefanos Tsitsipas in zwei Sätzen unterlag. Das allerletzte Duell mit dem Serben verlor Federer übrigens knapp drei Monate später in Melbourne. Im Halbfinal des Australian Open 2020 verlor er 6:7 (1:7), 4:6, 3:6.
Am 27.10.2019 gewann Roger Federer letztmals ein ATP-Turnier. Und wo sonst als in Basel? Seiner Heimat. Dort, wo er mit zehn Turniersiegen Rekordhalter ist. Dort, wo er in diesem Jahr noch einmal hätte antreten sollen. Es war ein dominanter Auftritt vor drei Jahren. Vier Spiele, vier Siege, 8:0 Sätze. Nur im Halbfinal gegen Tsitsipas gab er beim 6:4, 6:4 überhaupt mehr als drei Games in einem Satz ab. Im Final gegen Alex De Minaur brauchte er nur 1:09 Stunden für den 6:2-6:2-Erfolg.
Viel hatte nicht gefehlt, und der 14. Juli 2019 wäre nicht nur der Tag seiner letzten Finalteilnahme bei einem Grand-Slam-Turnier, sondern auch der Tag seines 21. und letzten Erfolgs bei einem der vier grossen Turniere. Doch leider reichte ihm ein 40:15 bei eigenem Aufschlag und dem Stand von 8:7 nicht zum neunten Sieg in Wimbledon. Sein Gegner wehrte beide Matchbälle ab und drehte das Match noch. Nach fast fünf Stunden hiess der Sieger dann doch Novak Djokovic. Das Resultat lautete 6:7 (5:7), 6:1, 6:7 (4:7), 6:4, 12:13 (3:7) aus Federers Sicht.
Die schmerzhafte Finalniederlage kam nur zwei Tage nach Federers letztem Sieg gegen Rafael Nadal. Es wäre ein grossartiger Erfolg gewesen für den Schweizer: Innert zwei Tage schlägt er seine beiden grossen Rivalen und holt seinen 9. Titel in Wimbledon. Doch es sollte nicht sein. Im Halbfinal überzeugte Federer gegen Nadal und siegte 7:6 (7:3), 1:6, 6:3, 6:4. Es war ausserdem auch der letzte Ernstkampf zwischen den beiden. Im Februar 2020 duellierten sich Federer und Nadal im Match for Africa, das Federer in drei Sätzen gewann.
Zu den grossen Turnieren zählen neben den Grand Slams auch die Masters-Turniere, bei denen es für den Sieger 1000 Punkte im ATP-Ranking gibt. Den letzten Triumph bei einem solchen Turnier feierte Federer 2019 in Miami gegen den US-Amerikaner John Isner. Federer gewann in 1:02 Stunden souverän 6:1, 6:4. Es war sein 28. Turniersieg auf dieser Stufe.
Am 18. Juni 2018 wurde Roger Federer noch einmal die Weltnummer 1. Zuvor hatte er das Turnier in Stuttgart gewonnen. Es war das 6. Mal, dass er sich an die Spitze des ATP-Rankings setzte. Es war seine 310. Woche als Nummer 1, zu dem Zeitpunkt noch Rekord, doch es blieb bei dieser einen Woche. Am 25. Juni wurde er von Rafael Nadal abgelöst.
Das hatte ihm kaum jemand mehr zugetraut. Doch Federer schaffte es: Als erster Tennisspieler gewann er 20 Grand Slams bei den Herren. Am 28. Januar 2018 setzte er sich zum zweiten Mal in Folge bei den Australian Open durch. Gegen Marin Cilic gewann Federer 6:2 6:7 (5:7), 6:3, 3:6, 6:1. Ein halbes Jahr zuvor hatte er den Kroaten bereits im Wimbledon-Final besiegt. Es war Federers dritter Grand-Slam-Titel innert zwölf Monaten – und damit wohl eines der grössten Comebacks der Tennisgeschichte.
Zwischen dem Erfolg in Wimbledon 2012 und jenem am Australian Open 2017, wo er Rafael Nadal auf dramatische Weise 6:4, 3:6, 6:1, 3:6, 6:3 schlug, wartete Federer viereinhalb Jahre auf einen Grand-Slam-Titel und hatte immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Doch ihm gelang das Comeback, auf das viele auch jetzt hofften. Nur wird es einmalig bleiben.