Nachdem die Ära Abramowitsch beim FC Chelsea in diesem Jahr geendet hatte, trat mit Todd Boehly ein neuer Besitzer auf den Plan. Der Amerikaner verfolgt seine eigenen Visionen, um das volle Potenzial der Londoner ausschöpfen zu können.
Im US-Sport ist es gang und gäbe, nun schlägt Boehly auch ein All-Star-Game für die Premier League vor. Der Geschäftsmann, welcher unter anderem auch Anteile an den Los Angeles Dodgers und den Los Angeles Lakers besitzt, hat grosse Pläne für den englischen Fussball.
An einem Anlass in New York äusserte sich Boehly über die Situation auf der Insel. «Ich hoffe, die Premier League kann etwas vom US-Sport lernen. Warum gibt es kein Turnier zwischen den letzten vier Teams und warum gibt es kein All-Star-Spiel?», fragte er. «Wir könnten ‹Nord gegen Süd› austragen.»
Darauf angesprochen, was die anderen Klubbesitzer der Liga von seinen Ideen halten, meinte der 48-Jährige: «Jeder mag die Idee von höheren Einnahmen.»
Liverpool-Trainer Jürgen Klopp konnte über die Visionen Boehlys nur lachen. Angesprochen auf dessen Ideen meinte Klopp: «Wenn er ein Datum dafür findet, soll er mich anrufen. Er vergisst, dass die Spieler in Amerika lange Pausen haben, sie sind froh, wenn sie in dieser Zeit ihren Sport ausüben können. Im Fussball ist das komplett anders. Will er die Harlem Globetrotters auch noch mitbringen?»
Dass deutsche Trainer die Visionen des Geschäftsmanns nicht teilen, wissen wir schon seit vergangener Woche, als Boehly nach der Niederlage Chelseas in Zagreb überraschend Thomas Tuchel rauswarf. Die Entscheidung, sich vom Trainer zu trennen, der die Blues 2021 noch zum Sieg in der Champions League führte, begründete Boehly damit, dass die beiden «nicht die gleiche Vision für die Zukunft des FC Chelsea» hätten.
Der neue Chelsea-Trainer Graham Potter scheint hingegen Boehlys Visionen für die Zukunft des Klubs zu teilen. Dies stellt nicht nur sein Vertrag bis 2027 unter Beweis – angeblich wurde Linksverteidiger Marc Cucurella im Sommer bereits als Vorgriff auf Potters Verpflichtung zu den «Blues» geholt.
Boehly sieht zudem grosses Potenzial in einem Multi-Klub-Modell, wie es beispielsweise Red Bull mit Leipzig, Salzburg und weiteren «Filialen» betreibt. Gerade «um Spieler aus der eigenen Jugend verleihen zu können und trotzdem Einfluss auf ihre Entwicklung zu haben», wäre dies eine interessante Option für die Londoner, meinte der Chelsea-Eigentümer.
In den letzten Jahren war die sogenannte «Loan-Army» der «Blues» immer wieder ein Thema. Die Londoner verliehen haufenweise Nachwuchsspieler an Klubs in ganz Europa, um ihnen Spielpraxis auf hohem Niveau zu ermöglichen. Dies sorgte mit Sicherheit auch dafür, dass die Regeln für Leihen von der FIFA angepasst wurden: Ein Verein darf nur noch drei Spieler an denselben Klub verleihen und kann insgesamt acht Spieler in einer Saison verleihen. Aktuell hat Chelsea sieben Spieler verliehen, darunter unter anderem Stürmer Romelu Lukaku. Erste Gespräche mit Klubs in Portugal, welche als mögliche Partner-Klubs infrage kommen, wurden bereits geführt.
Im Laufe seines Podiumsgesprächs bei der SALT-Konferenz stellte Boehly fest, dass «Fussball genau wie jedes anderes Business» funktioniert. Als Unternehmer hat der Amerikaner sein Wissen zwar schon unter Beweis gestellt. In Bezug auf Fussball scheint das Know-how des amerikanischen Geschäftsmanns jedoch noch Luft nach oben zu haben. In einem strategischen Gespräch mit Thomas Tuchel im Sommer soll er den Ex-Chelsea-Coach gebeten haben, das Team in einem 4-4-3 System spielen zu lassen.
Boehly dürfte nicht gewusst haben, dass die Position des Goalies in einem System nicht angegeben wird. Ansonsten hätte er seinem Team mit einem zusätzlichen Spieler wohl einen Vorteil verschaffen wollen.
Ausserdem gab er in New York an, dass Kevin de Bruyne und Mohamed Salah aus der Jugend des FC Chelseas entstammen. Auch hier liegt Boehly daneben, beide Spieler wurden mit Anfang 20 verpflichtet und liefen nie für ein Jugendteam Chelseas auf. Die Fussballkenntnisse des Amerikaners lassen also noch zu wünschen übrig.