Dass Saudi-Arabien in verschiedene Sportarten investiert, ist nichts neues: Im Golfsport ist das Königreich mit dem LIV-Circuit vertreten, in die Formel 1 trägt es einen eigenen Grand Prix aus. Auch Boxkämpfe werden im asiatischen Land ausgetragen und im Fussball wurden im vergangenen Sommer viele Spieler mit astronomischen Transfersummen ins die heimische Liga gelockt.
Nun scheint auch die Austragung der Fussballweltmeisterschaft 2034 in Saudi-Arabien beschlossene Sache zu sein – doch der Wüstenstaat hat noch nicht genug. Im Rahmen der Strategie des Königreichs, sein Image aufzubessern, um das es aufgrund der Behandlung von Frauen, Homosexuellen und Andersdenkenden nicht gerade gut bestellt ist, soll nun auch in den Tennissport investiert werden.
Im Jahr 2019 wurde ein erstes Schauturnier, der Diriyah Tennis Cup, ins Leben gerufen. Die Veranstaltung wurde von Saudi Aramco, dem grössten Ölproduzenten und einem der erfolgreichsten Staatsunternehmen der Welt, finanziert. Ende Saison, wenn die Spieler meistens schon etwas müde sind, fanden sich trotzdem einige Stars der Tour in einem Vorort von Riad ein, um ein paar Bälle zu schlagen und die Siegerprämie von einer Million Dollar einzustreichen. Drei Jahre später, Ende 2022, fand das Turnier erneut statt und Taylor Fritz löste Daniil Medvedev als Sieger ab.
Nun scheint sich die Ära der Schauturniere für die Saudi-Araber dem Ende zuzuneigen, denn Ende August gab die ATP bekannt, dass das Königreich sein erstes offizielles Turnier erhält: Die Next Gen ATP Finals werden in den nächsten fünf Jahren in Saudi-Arabien stattfinden. Vom 28. November bis zum 2. Dezember werden die acht besten Spieler unter 21 Jahren in Dschidda um ein Rekord-Preisgeld von zwei Millionen Dollar spielen.
Die ATP hat sich also offensichtlichen aus wirtschaftlichen Gründen zu diesem Schritt entschlossen. 2023 wollte die WTA die Finalspiele in Saudi-Arabien austragen. Dieser Plan sorgte jedoch für Kritik: Die ehemaligen Tenniscracks Chris Evert und Martina Navratilova sprachen sich aufgrund der Diskriminierung von Frauen in Saudi-Arabien gegen eine Austragung im Wüstenstaat aus.
Andere Persönlichkeiten – zum Beispiel die Feministin Billie Jean King – schliessen WTA-Spiele in Saudi-Arabien jedoch nicht aus. Im Oktober sagte sie, dass es von Vorteil sein könnte, mit dem Land zusammenzuarbeiten, um Druck auszuüben und Veränderungen herbeizuführen. Sie sagte, dass «die WTA früher oder später nach Saudi-Arabien gehen wird».
Ons Jabeur hingegen würde gerne bei den WTA Finals in Saudi-Arabien antreten. Die Tunesierin tritt nun Ende Jahr beim Riyadh Season Tennis Cup an, einem neuen Format des Schauturniers. Am zweiten Weihnachtsfeiertag bestreitet sie in der saudischen Hauptstadt ein Spiel gegen Aryna Sabalenka, am 27. Dezember folgt ein Duell zwischen Djokovic und Alcaraz vor über 40'000 Zuschauern. Es ist zwar keine offizielle Begegnung, die beiden grossen Stars des Sports an Bord zu holen, ist trotzdem ein grosser Coup.
For tennis lovers 🔥
— TURKI ALALSHIKH (@Turki_alalshikh) October 19, 2023
Riyadh Season Tennis Cup 🎾
Featuring tennis stars Novak Djokovic and Carlos Alcaraz in the male competition and Aryana Sabalenka and Ons Jabeur in the female competition 🔥
December 26 - 27 🗓️#RiyadhSeason#BigTime pic.twitter.com/BrGqmPC86F
Als die ATP im Juli letzten Jahres Gespräche mit dem saudischen Staatsfonds PIF ankündigte, um ein erstes offizielles Turnier auf saudischem Boden zu veranstalten, schien Djokovic nicht überrascht. Vielleicht wusste er bereits, dass er im Dezember im Königreich antreten wird.
Dass die ATP und die WTA einen Schritt auf Saudi-Arabien zugehen, ist wohl auch der Befürchtung geschuldet, dass Saudi-Arabien eine eigene Tour gründen könnte. Dies geschah beispielsweise vor einigen Jahren im Golf und hatte eine Destabilisierung der traditionsreichen PGA-Tour zur Folge. Um das Schlimmste zu verhindern, werden Zugeständnisse in Form von Turniervergaben gemacht. Die beiden besorgten Verbände haben nun Gespräche über eine mögliche Fusion aufgenommen, um ihre Macht zu zementieren, wie der Telegraph am Rande der letzten US Open berichtete.
Nach den Next Gen ATP Finals könnte Saudi-Arabien in Zukunft eine noch grössere Veranstaltung zugesprochen werden: ein Masters 1000.
Der Präsident des italienischen Tennisverbandes, Angelo Binaghi, ist sich dessen sicher. Ende Oktober liess er sogar eine kleine Bombe platzen: «Ich hoffe, dass mit dem Masters 1000 Saudi-Arabiens Wunsch, in den Tennissport einzusteigen, erfüllt wird».
Dies wäre für Saudi-Arabien ein weiterer Schritt in der Eroberung der Tenniswelt. Djokovic befürchtet, dass die «Tradition des Sports» darunter leiden könnte.
Er tritt aber gleichzeitig bald zu einem Schauturnier dort an?🤔