Er werde die Konsequenzen seines Verzichts auf die Impfung gegen das Coronavirus tragen, wiederholt Novak Djokovic gebetsmühlenartig. Der Serbe wird damit nach den Australian Open Anfang Jahr auch die US Open verpassen, die am Montag beginnen.
Denn Ungeimpften ist die Einreise nach wie vor nicht erlaubt. Das mutet auf den ersten Blick grotesk an, weil Djokovic sowohl 2020 als auch 2021 spielen konnte. Doch einmal wurde das Turnier ohne Zuschauer ausgetragen und im Vorjahr war eine Impfung nur deswegen nicht Pflicht, weil sie noch nicht allen zugänglich war.
Auch in diesem Jahr setzen die Veranstalter des Turniers die Impfung nicht voraus. Djokovics Problem sind die nach wie vor sehr geltenden Einreisebestimmungen. Doch das CDC (Center for Disease Control and Prevention) hat unlängst angekündigt, diese einer Prüfung zu unterziehen. Seither läuft für den dreifachen US-Open-Sieger ein Wettlauf mit der Zeit. Seine Teilnahme hat Djokovic bisher nicht zurückgezogen. Die Auslosung geht am Donnerstag, 25. August über die Bühne. Es droht damit ein Szenario wie in Melbourne.
Damals war Djokovic mit einer Ausnahmegenehmigung angereist und hatte eine kürzlich durchgemachte Covid-19-Infektion geltend gemacht. Bei der Einreise wurde ihm jedoch das Visum entzogen, das er in einem ersten Prozess aufgrund eines Formfehlers zurückerlangte.
Kurz vor dem Turnierstart entzog ihm der Einwanderungsminister Alexander Hawke, erneut das Visum und ordnete die Abschiebung an. Er sah es als erwiesen an, dass Djokovic als «Ikone der Impfgegner» gelte und seine Anwesenheit eine Gefahr für Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung darstelle.
Seit seinem siebten Wimbledon-Sieg Mitte Juli verpasste Djokovic die Turniere in Montreal und Cincinnati. Er bereite sich vor, als könne er spielen und «warte auf positive Nachrichten aus New York». Zugleich äusserte er Unverständnis, dass Amerikaner auch Ungeimpft teilnehmen können.
Dafür erhielt er von Spielerkollegen vereinzelt Zuspruch. Als «völlig verrückt» bezeichnete es der als konservativ geltende John Isner, dass Djokovic nicht antreten könne. Der ungeimpfte Tennys Sandgren sagte: «Es ist beschämend, dass sich der US-Tennisverband nicht für eine Ausnahme einsetzt.»
Im Hintergrund laufen zahlreiche Bemühungen, Djokovic die Teilnahme zu ermöglichen. Eine Gruppe US-Bürger mit serbischen Wurzeln hat einen Brief an US-Präsident Joe Biden geschrieben. Unterstützt wurden sie von von der republikanischen Kongressabgeordneten Claudia Tenney. Ihre Forderung: eine «Ausnahmegenehmigung im nationalen Interesse».
Djokovics Fürsprecher glauben in einer «Presidential Proclamation»ein Schlupfloch gefunden zu haben. In dieser steht, Sportveranstaltungen trügen zur Wertschöpfung bei und deshalb sei Sportlern der Zugang zum Wettbewerb und damit auch die Einreise zu ermöglichen. Der Haken: Die Direktive stammt aus dem Mai 2020, als noch keine Impfung verfügbar war. Sie regelt also Reisebestimmungen für alle, nicht nur für Ungeimpfte.
Doch selbst dann, wenn die Presidential Proclamation für Djokovic noch zur Anwendung käme, könnte er nicht mehr am Turnier teilnehmen, weil er sich nach der Einreise für sieben Tage in Quarantäne begeben müsste. Selbst bei einem negativen Covid-19-Test. Ausnahme: Personen, die in den letzten 90 Tagen vor Einreise einer COVID-19-Erkrankung genesen sind.
Dennoch fordern die Unterstützer des 21-fachen Grand-Slam-Siegers, der Ausrichter der US Open, der amerikanische Tennisverband USTA, müsse ein Gesuch stellen. Sie berufen sich auf das Grand-Slam-Regelwerk, das den besten Spielern und Spielerinnen eine Teilnahme ermöglichen muss. Ein Ausschluss wegen einer Nichtimpfung sei demnach diskriminierend.
Darin, dass die USTA kein Gesuch stelle, wittern die Unterstützer Djokovics eine Verschwörung. Sie verweisen darauf, dass die Turnierdirektorin der US Open, Stacey Allaster, im Board of Directors des Laver Cups sitzt. Und damit im Turnier, das Roger Federer initiiert hat. Ein Interessenskonflikt, denn der Schweizer sei «einer der beiden grössten Rivalen Djokovics».
Der amerikanische Tennisverband, hat aber längst klar gemacht, dass er sich an den Vorgaben der Behörden orientieren werde. Wohl auch, um ein ähnliches Fiasko zu verhindern wie in Australien, als der Verband und der Bundesstaat Victoria versucht hatten, die Bundesbehörden zu übergehen.
Novak Djokovic geniesst unter den Konkurrenten Respekt, sie machen sich für einen Teilnahme des Serben stark. Doch die Aussichten auf Erfolg sind wohl gering. Denn ein Fiasko wie in Australien wollen alle verhindern, auch Djokovic. Und nicht zuletzt die Gegner. Diese hatten sich damals daran gestört, dass der Fokus nicht auf dem Sport lag, sondern auf der Visumssaga. Zumindest das war im Vorfeld der US Open kaum der Fall. (aargauerzeitung.ch)
Würde mich allerdings wundern.