Ein russischer «Bremsklotz» bringt Sebastian Vettel sensationell den 1. WM-Titel
Vor dem letzten Rennen in Abu Dhabi haben 2010 in der Formel 1 noch vier Piloten Chancen auf den WM-Titel. Die beste Ausgangslage hat der zweifache Weltmeister Fernando Alonso mit 246 Punkten, dahinter lauern die beiden Red-Bull-Piloten Mark Webber (238 Punkte) und Sebastian Vettel (231 Punkte). Auch Lewis Hamilton hat mit 228 Zählern noch Aussenseiterchancen.
Vettel hat bereits eine grosse Aufholjagd gestartet und konnte zwei der letzten drei Rennen vor dem grossen Finale für sich entscheiden und hat nur noch deshalb in Abu Dhabi Chancen auf den WM-Titel.
Der Fokus bei Alonso und Ferrari vor dem letzten Rennen liegt trotzdem klar bei Webber, zu gross scheint der Rückstand von Vettel auf den Spanier. Die einzige realistische Chance für den jungen Deutschen, um Weltmeister zu werden, ist es, das Rennen zu gewinnen, während Alonso höchstens Sechster wird.
Den ersten Schritt dazu macht der Heppenheimer am Samstag im Qualifying. Er sichert sich souverän die Pole, während Alonso nur Dritter wird und Webber sogar nur auf den fünften Platz fährt. Nach dem Start wird es sogar noch besser für Vettel: Jenson Button überholt den WM-Leader, der damit auf den vierten Platz rutscht. Dann kommt es zu einer fatalen Situation. Ein Crash, in den unter anderem Michael Schumacher verwickelt ist.
Einige Fahrer auf den hinteren Plätzen entscheiden sich daraufhin für einen frühen Boxenstopp. Unter ihnen Rookie Witali Petrow. Der Russe wird im späteren Rennverlauf noch eine grosse Rolle spielen.
In der 11. Runde wird der WM-Zweite Mark Webber für den Reifenwechsel in die Boxengasse gerufen. Ferrari taktiert weiterhin nur in Richtung von Webber und lässt Vettel aussen vor. Vier Runden nach dem Australier kommt auch Alonso in die Box und bleibt vor dem australischen Red-Bull-Piloten. Direkt vor Alonso: Witali Petrow im Renault. Die Anweisungen an den Spanier folgen direkt: «Du musst den Renault vor dir überholen. Wir glauben, dass er in diesem Rennen nicht mehr an die Box fahren wird.»
Wenige Runden später ist der junge Russe immer noch vor Alonso klassiert und die Nervosität bei der Scuderia steigt. «Wenn wir Petrow jetzt überholen können, schnappen wir Button, wenn er an die Box fährt. Es ist sehr wichtig, Petrow jetzt zu überholen», bekommt Alonso zu hören. Doch auf dem engen Kurs in Abu Dhabi ist das ein schwieriges Unterfangen. Petrow verteidigt zudem mit allem, was er hat, und wird für Alonso zum Bremsklotz. Währenddessen klappt der Boxenstopp von Leader Vettel problemlos.
Mittlerweile sind schon 42 Runden vergangen, 14 sind noch zu fahren. Noch immer steckt Alonso hinter Petrow fest. Um Weltmeister zu werden, müsste Alonso auch noch Nico Rosberg überholen. «Nutze alles von deinem Talent. Wir wissen, wie gross es ist», wird Alonso von seinem Ingenieur am Funk motiviert.
Der Spanier versucht alles, aber an diesem wichtigen Tag will ihm nichts mehr gelingen. Als Vettel als Sieger über die Ziellinie fährt, ist klar: Geschieht nichts Aussergewöhnliches, dann wird Vettel erstmals Weltmeister. Es kommt zu den Sekunden des Bangens für den Deutschen, während ihn sein Ingenieur am Funk über alles updatet und es zu emotionalen Momenten kommt:
Bei Vettel löst sich gleich eine ganze Last, als es definitiv ist, mit brüchiger Stimme sagt er: «Danke Jungs! Unglaublich. Ich danke euch. Ich liebe euch. Ich brauche schnell einen Moment.»
Völlig anders ist die Gemütslage beim geschlagenen Fernando Alonso, welcher aus seinem Wagen heraus Petrow zusammenfaltet. Vettel ist dies egal, als dritter deutscher F1-Fahrer darf er sich über einen WM-Titel freuen.
In den kommenden drei Jahren ist kein Kraut gegen Vettel gewachsen und er sichert sich den Titel auch 2011, 2012 und 2013. Von 2015 bis 2020 sitzt er bei Ferrari am Steuer – kann aber keinen Titel mehr gewinnen und muss sich jeweils Mercedes geschlagen geben. Nach zwei weiteren Saisons bei Aston Martin beendet Vettel nach vier Weltmeistertiteln und 53 Grand-Prix-Siegen seine glorreiche Karriere.
