Es ist ein Husarenstück, das Chris Rummel und seine Kollegen geleistet haben.
Erst vor rund sechs Wochen kam die Nachricht, dass die Helvetic Guards nach nur einem Jahr wieder aufgelöst werden würden. Damit hätte die Schweiz keinen Vertreter mehr gehabt in der European League of Football (ELF) – dem europäischen Pendant zur US-amerikanischen NFL. Das wollten Rummel und Co. jedoch unbedingt verhindern.
«Als klar war, dass die Guards den operativen Betrieb einstellen, haben wir uns mit der Liga sofort um eine Nachfolgemöglichkeit bemüht», erzählt Rummel im Gespräch mit watson. Schnell wurde klar, dass eine solche unter anderem wegen bereits abgeschlossener TV-Verträge auch im Interesse der ELF ist. Mit der Gründung der Helvetic Mercenaries konnte der Verbleib eines Schweizer Vertreters in der europäischen American-Football-Liga sichergestellt werden.
Doch der Löwenanteil der Arbeit lag da noch vor den Verantwortlichen des gerade erst gegründeten Vereins. «Wir mussten in sechs Wochen von null ein konkurrenzfähiges Team aufbauen. Das hat es noch nicht gegeben und wird es hoffentlich auch nie mehr geben», sagt Rummel, der als Managing Director vor allem organisatorische und operative Aufgaben übernimmt. Wie er waren auch Sportdirektor Matt Hammer und viele weitere Mitarbeiter bereits bei den Guards involviert und brachten ihre Erfahrungen mit.
Zunächst ging es darum, ein konkurrenzfähiges Team aufs Feld zu bringen. Hierbei konnte von der Vorarbeit der Guards profitiert werden. Ein Grossteil der Spieler spielte bereits vergangene Saison in der ELF. Dennoch mussten neue Verträge unterschrieben, weitere Spieler und Staff-Mitglieder gesucht werden. «Dann brauchten wir auch noch Trainingsplätze, Stadien, Wohnungen für einige Spieler mussten gesucht und Flüge gebucht werden», berichtet Rummel.
«Es war ein ständiges Abwägen, was in der kurzen Zeit möglich ist und was nicht.» Nun sei aber alles bereit fürs erste Heimspiel, das heute Samstag (18.00 Uhr, Tickets sind noch erhältlich) in Grenchen stattfindet. Zu Gast sind die Barcelona Dragons.
Nach den harten letzten Tagen und Wochen überwiegt bei den Mercenaries jetzt die Vorfreude auf den Event. Auch rund um das Spiel soll den Schweizer Football-Fans ein schönes Rahmenprogramm geboten werden. Es gibt eine Fanzone mit verschiedenen Aktivitäten, neben der sich die Spieler aufwärmen werden. Sogar eine Halbzeit-Show ist geplant.
Die weiteren Partien werden in Kriens stattfinden. Im Stadion Kleinfeld soll ebenfalls ein tolles Rahmenprogramm geboten werden. Dies war schon in der letzten Saison bei den Helvetic Guards, die in Wil gespielt haben, der Fall.
Dass sich einige Ostschweizer ärgern, dass die Spielstätte nun weiter weg ist, versteht Rummel. «Es war aber schon immer das Ziel, möglichst zentral zu spielen, und in den Regionen Bern und Luzern ist das gegeben.» Ausserdem seien die Wege für die Westschweizer Spieler jetzt kürzer. «In Kriens haben wir eine super Option gefunden», findet Rummel.
Nach dem ersten Spiel der Saison haben die Mercenaries dann erst einmal ein Wochenende spielfrei. Sportlich sei das schade, da man natürlich gleich weitermachen und «noch einen solch schönen Event» haben wolle. Planerisch kommt es den Verantwortlichen aber entgegen. Zumal die Vorbereitung viel Kraft gebraucht hat, Rummel sagt: «Es war eine sehr harte Zeit, mit vielen Ups and Downs in der Gefühlslage. Jede Sekunde wurde dafür gebraucht, um Probleme zu lösen, die nicht da gewesen wären, hätten wir mehr Zeit gehabt.»
Abstriche mussten bei den essenziellen Sachen aber keine gemacht werden. Seit einigen Tagen ist auch die Website online. Obwohl noch nicht alles fertig oder perfekt ist, sind die Mercenaries zuversichtlich. «Die Euphorie ist gross. Zu Beginn haben wir nicht die ganz grossen Brocken, da ist ein guter Start sehr realistisch. Und im Football kann das Momentum entscheidend sein. Falls wir also einen Lauf entwickeln, steht uns vieles offen», glaubt Rummel.
Jedoch gehe es in dieser ersten Saison um mehr als nur das Sportliche. Die Helvetic Mercenaries haben nämlich etwas zu beweisen. «Wenn wir Ende Saison auf viele schöne Momente zurückblicken können und eine gute Grundbasis für ein langfristiges Bestehen gelegt haben, hätten wir etwas geschafft, was uns wenige zugetraut haben», sagt Rummel.