Wegen der Coronavirus-Pandemie ist der Heimvorteil der Buccaneers eingeschränkt. Aber Zuschauer werden vor Ort sein. 22'000 Zuschauer dürfen rein, darunter 7500 geimpfte Mitarbeiter des Gesundheitswesens. Diese Zuschauerzahl ist die geringste in einer Super Bowl. Aber: Trotz Corona kamen während der Saison im American Football über eine Million Fans in die Stadien.
Vor der Super Bowl dreht sich alles um die Quarterbacks, die Spielmacher der beiden Teams. Der 43-jährige Tom Brady (Tampa Bay Buccaneers) bestreitet seine zehnte Super Bowl, ein absurder Wert. Brady ist jetzt schon der einzige Quarterback mit sechs Meistertiteln, als erster bestreitet er Super Bowls in drei verschiedenen Jahrzehnten. Brady ist auch ein Jahr älter als Matt Stover, der Kicker der Indianapolis Colts, der vor elf Jahren mit 42 der bislang älteste Spieler in einer Super Bowl war.
Patrick Mahomes, der Quarterback der Kansas City Chiefs (Vorjahressieger), könnte mit nur 25 in seiner erst dritten Saison bereits den zweiten Super-Bowl-Ring holen. «Wenn du als junger Athlet nicht zu Leuten wie Tom Brady aufschaust, dann bist du verrückt», sagt Patrick Mahomes. Aber: Viele Experten schätzen Mahomes – trotz nicht vergleichbarem Palmarès – als den besseren Spieler als Brady ein.
Auch deshalb werden die Kansas City Chiefs favorisiert. Sie verfügen über die beste Offensive in einer Saison, die in der NFL durch die Offensiven geprägt worden ist. Die Tampa Bay Buccaneers hingegen kamen alleine in den Playoffs zu 41 Punkten durch ihre Abwehrreihe – nach Ballverlusten und Fehlpässen der Gegner. Die «Defense» sorgte fast für die Hälfte (45 Prozent) aller Buccaneers-Punkte.
Neben dem Hype um Tom Brady und Patrick Mahomes fasziniert vor dem grossen Final aber auch die erstaunliche Story der Tampa Bay Buccaneers. Die Buccaneers spielen seit 1976 in der NFL und gelten – trotz ein paar guten Jahren und einem sensationellen Meistertitel 2002 – als Loser-Team, als sympathische Verlierer. Sie verloren die ersten 26 Spiele ihrer Geschichte und sind eines der wenigen Teams, die eine ganze Saison lang nie gewannen (1976: 0:14-Bilanz).
2008 verfügten die Buccaneers über ein hoffnungsvolles Team, standen nach 12 Runden mit einem Bein schon in den Playoffs (9:3 Siege), worauf ein epischer Kollaps folgte und die Playoffs doch noch flöten gingen. Seither ging jeder Umbruch im Team schief. Die Tampa Bay Buccaneers spielten seit 2003 nie mehr Playoffs - bis im letzten Frühling Tom Brady kam.
Bruce Arians, der Coach der Buccaneers wurde diese Woche gefragt, was er geantwortet hätte, wenn man ihm vor zwei Jahren gesagt hätte, sein Team stehe mit Tom Brady als Quarterback in der Super Bowl. Arians: «Ich hätte diese Person wohl gefragt, was sie getrunken oder geraucht habe - und sie solle mir besser auch etwas davon abgeben.»
Tom Brady entschied sich vor einem Jahr für die Buccaneers, weil ihm Mitspracherecht und Freiheiten zugesagt wurden. Brady leistete im Training Extraschichten mit jungen Akteuren, von denen er glaubte, dass sie in sein System passen. Rob Gronkowski, ein langjähriger Weggefährte Bradys bei den Patriots, gesellte sich mit einem Rücktritt vom Rücktritt zu den Buccaneers. Tampa Bay las Tom Brady alle Wünsche von den Lippen ab: Routinier LeSean McCoy (Running Back) wurde verpflichtet.
Tampa Bay holte auch Leonard Fournette, als der von Jacksonville entlassen wurde. Und schliesslich liessen sich die «Bucs» von Brady dazu überreden, auch dem als Diva bekannten Antonio Brown trotz laufenden und hängigen Gerichtsverfahren eine Chance zu geben. Sie alle wurden wichtige Puzzle-Stücke auf Tampa Bays Parcours in die Super Bowl.
Zu diesem Tampa-Bay-Märchen fehlt jetzt nur noch das Happy-End. (pre/sda)