Letztendlich bleibt von ihrer Teilnahme an der Tour nur der vierte Platz von Pascal Ackermann beim Sprint in Laval, die Ausreissversuche von Alexey Lutsenko und die von Michael Woods in der Bergwertung gesammelten Punkte in Erinnerung. Das ist nicht genug für ein Team, das sich einen Etappensieg zum Ziel gesetzt hatte.
Auch wenn die israelische Mannschaft im Rennen unauffällig blieb, war das neben der Strecke überhaupt nicht so.
Israel-Premier Tech benötigte von der Grand Départ in Lille bis zur Zielankunft in Paris umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen. Bis zu acht Polizisten umringten den Bus, darunter zwei Beamte der Nationalpolizei und einer mit Sturmgewehr. Ein solch bedrückendes Umfeld könnte die schlechten Leistungen des Teams erklären, auch wenn Michael Woods als guter Profi versicherte, dass ihn diese fast schon gewohnheitsmässige Eskorte nicht störte.
Der Grund für diese verstärkte Überwachung liegt auf der Hand. Das nach dem hebräischen Staat benannte Team Israel-Premier Tech wird vom kanadisch-israelischen Milliardär Sylvan Adams finanziert, der als enger Vertrauter des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu gilt.
Der Geschäftsmann macht keinen Hehl aus seinem Bestreben, mit Hilfe seines Teams das Image Israels wieder aufzupolieren, das seit dem Krieg in Gaza als Vergeltungsmassnahme für die Anschläge vom 7. Oktober 2023 stark gelitten hat. Die Teilnahme des israelischen Teams an der Tour de France hat daher teilweise heftige Reaktionen hervorgerufen, wie beispielsweise die des französischen Abgeordneten Thomas Portes (LFI), der zu einem «massiven Boykott von Israel-Premier Tech» aufgerufen hat.
Während der drei Wochen der Rundfahrt kam es auch entlang der vom Peloton befahrenen Strassen zu Protesten gegen die Präsenz von Israel-Premier Tech. Dies war insbesondere in Lauwin-Planque der Fall, dem Startort der zweiten Etappe der Tour, wo die Association France Palestine Solidarité (AFPS) Flugblätter mit der Aufschrift «Keine Tour de France für Völkermörder!» verteilte. Aber auch in Toulouse, wo der Sprint des Schweizers Mauro Schmid um den Etappensieg durch das Eindringen eines pro-palästinensischen Aktivisten gestört wurde, der auf seinem T-Shirt folgende Botschaft trug:
Dieser Slogan wurde auf der 17. Etappe zwischen Bollène und Valence wieder aufgegriffen, als Demonstranten in Dieulefit, einem kleinen Dorf in der Drôme, das dafür bekannt ist, während des Zweiten Weltkriegs 1500 Menschen – darunter von Deportation bedrohte Juden – versteckt zu haben, etwa dreissig palästinensische Flaggen schwenkten. Er tauchte auch an einigen Stellen entlang der Strecke auf, trotz der Bemühungen der Organisatoren, alle politischen Botschaften auf der Strasse zu entfernen.
Aber der Wirbel um das Team Israel-Premier Tech kam auch von einem seiner ehemaligen Fahrer: Alessandro De Marchi. In einem Interview mit dem Magazin «The Observer» ging der Italiener in die Offensive, ohne sich von seinem Sattel zu erheben, und berichtete von seinen Erfahrungen, als er 2021 und 2022, also vor dem 7. Oktober, für Israel fuhr.
De Marchi, der nun für das Team Jayco AlUla fährt, versichert: Er könnte heute nicht mehr Teil der israelischen Mannschaft sein.
Abgesehen von diesen Äusserungen endete die Tour de France für das Team Israel-Premier Tech am Sonntag mit einer positiveren Note und einer starken Botschaft: Ofer Kalderon, der Anfang des Jahres nach 484 Tagen Gefangenschaft von der Hamas freigelassen worden war, hatte die Ehre, vor dem ersten Durchgang des Pelotons mit dem Fahrrad über die Champs-Elysées zu fahren.
Die ehemalige Geisel trug das Trikot des israelischen Teams und wurde von Sylvan Adams begleitet. Letzterer hatte ihm, als er noch in den Händen der Hamas war, ein Versprechen gegeben: Dass sie eines Tages gemeinsam bei der Tour de France mitfahren würden.