
Hans Knecht auf seinem Höllenritt durch das Zürcher Unwetter. (Archiv)Bild: PHOTOPRESS-ARCHIV
Am 1. September 1946 wird Hans Knecht in Zürich völlig überraschend Weltmeister der Profi-Strassenrennfahrer. Sein WM-Triumph ist eines der grössten und rätselhaftesten Dramen der Radsportgeschichte.
23.09.2024, 06:1324.09.2024, 06:22
Es war so unfassbar, dass die beiden belgischen Weltklassefahrer Marcel Kint und Rik van Steenbergen den WM-Titel gegen den Schweizer verspielten, dass Verschwörungstheorien, Dopingvorwürfe und Behauptungen über angeblich skandalöse Zustände verbreitet worden sind. Drama pur eben.
Er ist schon 33 und hat durch den 2. Weltkrieg die besten Jahre seiner Karriere verloren. 1938 hatte er bei der Rad-WM in Valkenburg den Titel bei den Amateuren gewonnen. Aber seine Erfolge als Profi beschränken sich – auch kriegsbedingt – auf ein paar Rennen in der Schweiz.
Weltmeister bei den Profis? Unmöglich!
Die WM-Strecke in Zürich führt vom Neubühl nach Schwamendingen und Dübendorf und wieder zurück nach dem Neubühl. Sie ist 13,50 Kilometer lang, weitgehend flach und muss 20 Mal gefahren werden. Aber 20 Mal sind doch zwei Steigungen zu bezwingen: Eine von gut einem Kilometer Länge an der Winterthurerstrasse, der eigentlichen Zielgerade. Die zweite mit 380 Metern im Bereich der Langensteinenstrasse. Der Höhenunterschied je Runde beträgt hundert Meter, zwanzigmal genommen also 2000 Meter.
Die Experten taxieren die Strecke als leicht. Aber dabei wird übersehen, dass die beiden Steigungen, in jeder Runde immer wiederkehrend, zermürbender wirken als eine einmalige Überwindung eines Alpenpasses.
Die Lautsprecheranlage hält die gut 50'000 Zuschauenden an der gesamten Strecke über alle Vorgänge auf dem Laufenden. Ein Auto mit einem Kurzwellensender rollt hinter dem Feld der Fahrer mit. TV-Übertragungen gibt es noch nicht.
Hans Knecht hat eine fast 300 Seiten umfassende Autobiographie verfasst («Strasse ohne Ende»). Dieses Buch ist ein Stück Sport-Weltliteratur und das beste, das je über den Radrennsport geschrieben worden ist. Nachfolgend in Auszügen seine Schilderung über das mit Abstand grösste Rennen seines Lebens. Es ist, wie erwähnt, ein Stück Sport-Weltliteratur.
«Die Bewölkung wird immer finsterer, fast bedrohlich. Erst fallen vereinzelte Tropfen. Doch dann beginnt ein schwerer Landregen. Keiner der Fahrer trägt einen Regenschutz, weil hundert Gramm Mehrgewicht schon eine Mehrbelastung bedeuten und ein Regenschutz macht den Fahrer breiter und das erhöht den Luftwiderstand.»
«Die erste Runde wird mit einem Tempo gefahren, als ob die Fahrer vor einem Unwetter die Flucht ergreifen. Trostlos und unaufhörlich klatschen kalte Regenschauer auf die Strasse. Die Reifen sprühen Wasserstrahlen hoch. Alle triefen vor Nässe. Die Spitzengruppe hat inzwischen 20 Sekunden Vorsprung herausgefahren.»
«Ich zwinge mich zu ruhiger, nüchterner Überlegung. Ich berechne den Mehraufwand an Kraft, den die Spitzengruppe im Vergleich zu uns bisher geleistet hat. Mein Blut braust in den Adern, mein Wille fordert Taten. Bis ich jedoch vorwärtstürmen kann, muss ich mich noch ein paar Runden zähmen und beherrschen. Ich halte mich im Mittelfelde. Ein jeder hat zu kämpfen, damit der kalte Regen nicht den Willen aufweiche.»
Das Hauptfeld mit Hans Knecht hat zweieinhalb Minuten Rückstand auf die Spitzengruppe.
«Unaufhörlich klatscht der Regen auf den Asphalt nieder. Die Strasse ist glitschig und glatt. Die Bodenhaftung ist stark vermindert. Die ersten Anzeichen der Ermüdung zeigen sich, verursacht von immerwährender übermenschlicher Anstrengung. Die Erschlaffung muss überwunden werden, denn noch ist nicht die Hälfte des Rennens zurückgelegt. Die Müdigkeit schleicht wie ein Gespenst einher.»
«Wir nähern uns der Hälfte des Rennens. Der kalte Regen hat einen Teil der Willenskraft weggeschwemmt. Der Regen fällt immer noch. Ich habe noch keinen einzigen Angriff unternommen. Erst jetzt ist meine lange Anlaufzeit erreicht; erst jetzt bin ich richtig eingefahren. Es rollt mir prächtig. Niemand rechnet mit mir. Das ist gut so. Ich fühle mich noch immer frisch.»
In der 11. Runde erreicht Hans Knecht zusammen mit zwei anderen Fahrern die Spitzengruppe.
«Wir haben bei strömendem Regen in einer schaurigen Jagd fast drei Minuten Rückstand aufgeholt. Ich aber suche nun Kräfte zu sparen, wie und wann ich kann. Ich weiss, durch Übung und Erfahrung alle meine Muskeln zu lockern, um sie vor Verkrampfungen zu bewahren. Ich bereite mich seelisch und geistig vor, denn jeden Augenblick kann ein neuer Sturm losbrechen.»
Die Spitzengruppe besteht aus zwölf Fahrern. Unter ihnen Hans Knecht.
«Drei Viertel des Rennens sind zurückgelegt. Der Regen lässt keinen Augenblick nach. Mit grossem Behagen trinke ich meinen Tee mit Ovomaltine.»
Dann greift in der 17. Runde der Belgier Marcel Kint in der Steigung der Zielgeraden an und geht allein in Führung.
«Er blick zurück und erkennt, dass ihm keiner mehr zu folgen vermag. Er legt eine unheimliche Geschwindigkeit vor in der Absicht, jetzt schon alles zurückzulassen und im Sturme davonzujagen. Er fährt fast zwanzig Sekunden Vorsprung heraus. Fast unwillkürlich stampfen meine Beine härter, ballen sich die Muskeln stärker und fährt mein Rad schneller.»
Hans Knecht hat die Verfolgung von Marcel Kint aufgenommen.
«Mir aber folgt wie ein Schatten der Hüne Rik van Steenbergen.»
Der Belgier ist einer der Favoriten und Giganten der Landstrasse.
«Nur noch van Steenbergen hängt mir am Hinterrad. Ich kann ihn nicht abschütteln. Ich stampfe und zwinge mich rücksichtslos zum vorletzten Einsatz. Ich will ihm die Führung übergeben, aber er weigert sich, sie zu übernehmen. Er weigert sich hartnäckig, mir auch nur im Geringsten beizustehen. Er will nicht, dass ich zu seinem Landsmann Kint aufschliesse; er will nicht den in Aussicht stehenden Sieg Kints gefährden. So muss ich und will ich den Kampf alleine aufnehmen.»

«Ein jeder hat zu kämpfen, damit der kalte Regen nicht den Willen aufweiche», beschreibt Knecht (zuvorderst) die Rennsituation an der WM 1946.Bild: PHOTOPRESS-ARCHIV
Hans Knecht in der Schlussphase allein gegen die zwei belgischen Titanen Marcel Kind und Rik van Steenbergen.
«Ich jage über die nasse Fläche in einer unheimlichen Garachofahrt. Knapp vor der 19. Runde hole ich Kint ein! Ich kann mich des Erfolges nur halb freuen, weil van Steenbergen mir hat folgen können. Er hat sich in meinem Windschatten geschont und Kräfte gespart, die er im Endkampf anwenden wird. Noch immer fühle ich junge Frischkraft in mir. Noch sprüht mein Wille wie mit Strom geladen. Immer noch brennt mein Blut. Plötzlich erkenne ich, einen unheilvollen taktischen Fehler begangen zu haben: Es glückt mir, eigentlich unversehens und unbeabsichtigt, einen Vorsprung zu bekommen. Hat das meinen letzten zwei Gegnern meinen Kraftvorrat verraten? Vorerst sind beide verdutzt, überrascht und erstaunt zugleich, beim Schweizer noch so viel Kraft zu erkennen. Ich lasse mich wie ermüdet sofort wieder zurückfallen, was meine beiden Gegner teilweise zu beruhigen scheint.»
Nun bilden Rik van Steenbergen, Hans Knecht und Marcel Kint in der letzten Runde die Spitzengruppe. Sie werden den WM-Titel unter sich ausmachen.
«Seit mehr als sieben Stunden liegen wir im Rennen. Trostlos fällt der Regen vom Himmel. Schon beginnt die Dunkelheit hereinzubrechen. Die 20. Runde ist die schwerste von allen: Sie ist ausserdem der schwerste Kampf, den ich in meiner Laufbahn ausgefochten habe. Schon scheinen die beiden Belgier den Weltmeistertitel unter sich auszumachen. Mir, dem gedrungenen Schweizer, wird anscheinend der dritte Rang noch gnädig zugebilligt. In der Nähe der Ovomaltine-Verpflegungsstelle steht mein Pfleger. Jetzt werfe ich ihm alles hin, was ich für den Endkampf nicht mehr brauche: Zwei Schinkenbrötli, eine Orange, die Pressluftpumpe, den Ersatzreifen und die Aluminiumflasche.»
«In höchster Spannung verfolgen die Zuschauer den jetzt beginnenden Endkampf. Niemand wagt es, an einen Sieg des Schweizers zu glauben. Wie sollte ich die zwei Belgier schlagen können? Meine beiden Gegner sind von der Natur verschwenderisch ausgestattet worden mit allem, was ein Rennfahrer haben muss: Kraft, Wille, Ehrgeiz, Geltungstrieb, Grösse, dazu kommt ihre klassische Schulung, ihre Technik und Taktik und ihre einzigartige Erfahrung im Kampf mit den erlesensten Meistern.»
«Bei strömendem Regen wird die Steigung der Winterthurerstrasse zum letzten Mal in Angriff genommen. Jetzt beginnen die zwei Belgier gegen mich die erbarmungslose, grauenhafte Zermürbungstaktik anzuwenden. Antritt folgt auf Antritt, Täuschung auf Täuschung wie der Donner auf den Blitz. Der Kampf gleicht einem Schachspiel auf Fahrrädern, wobei meine Gegner eine festgefügte Einheit bilden. Sie bekämpfen mich bis aufs Blut.»
«Im Kampf um den höchsten Sportruhm werden auch jene Mittel eingesetzt, die an der äussersten Grenze der Ritterlichkeit stehen. Das Entsetzen könnte mich befallen, wenn ich nicht wüsste, dass ich in gleicher Lage genau gleich handeln würde. Sie wollen mich abschütteln, wie man sich einer zu lästigen Last entledigt. Aber es soll ihnen nicht gelingen. Heimlich flehe ich den Himmel an, dass er mir die Kräfte gebe, um nicht zurückzufallen. Das Wunder geschieht: Ich falle keinen Fingerbreit zurück. Junger Mut beseelt mich. Ich fühle, wie sich meine Muskeln herrlich straffen und ballen, lockern und wieder ballen. Ein Glücksgefühl bemächtigt sich meiner.»
Hans Knecht über das Drama der letzten 500 Meter.
«Schon kommt die triefend nasse, schlapp in Falten hängende grüne Fahne in Sicht, die das Ziel in fünfhundert Metern Entfernung anzeigt. Da erkenne sich, wie der gegen mich gerichtete Zermürbungskampf der beiden Belgier nachgelassen hat. Und da setze ich selbst zu einem schlagartigen Angriff an. Mein tausendmal geübter Angriff soll rücksichtslos und schnell überraschen. Jetzt geschieht das Unglaubliche: Der Hüne van Steenbergen muss mich vorüberziehen lassen. Noch befiehlt ihm sein Wille, mich zu hindern, damit ich nicht Kint gefährde; sein Leib aber ist am Ende der Kraft. Allzu straff gespannt, zerspringt der Bogen. Sein sonst so schönes und strahlendes Gesicht ist schmerzverzerrt. Selbst die heulende Wut, die das Blut aufpeitscht, bringt ihm die verlorene Kraft nicht zurück.»

Hans Knecht während des «teuflischen Spiels» mit den zwei Belgiern.Bild: PHOTOPRESS-ARCHIV
«Nun sind Kint und ich alleine an der Spitze. Sein Kinn ragt bleich und graniten hervor. Eine Zeitlang kämpfen wir stumm und verbissen nebeneinander. Ich weiss, dass dieser Meister mich im Spurt schlagen wird. Noch einmal begehe ich einen unverzeihlichen taktischen Fehler: Ich übernehme in der Steigung hinauf zum Ziel die Führung. Sofort aber erkenne ich, dass er mir diese Führung unauffällig und wie unbeabsichtigt mit sanfter, aber gerissener Schlauheit aufgedrängt hat. Und jetzt fühle ich seinen Willen im Nacken. Sein Wille scheint mir die Kehle abzuschneiden, die Atmung zu unterbinden und den Puls zu lähmen. Überall sehe und fühle ich seinen finsteren Blick. Er will mich vor sich hertreiben, mich abschinden lassen und mich im Spurt schlagen. Er will mit mir spielen wie die Katze mit der Maus, die Schlange mit dem Frosch. Ich kenne dieses grausame Spiel; ich kenne es bis auf den letzten Gedanken.»
«Kint übernimmt die Führung nicht. Ich kann anwenden, was ich will – er bleibt mir am Hinterrade. Er weiss, dass ich mich so stets verfolgt fühle, und er hofft, mich so zu beunruhigen, dass ich die Nerven verliere und eine Verzweiflungstat begehe. Doch ich kenne das Mittel, diesem höllischen, stummen Kampfe zu begegnen: Ich verlangsame die Geschwindigkeit beträchtlich, sodass die Gefahr besteht, von dem zurückgebliebenen van Steenberge wieder eingeholt zu werden. Dadurch kann für uns beide im letzten Moment alles verloren gehen. Mit diesem Mittel will ich Kint nervös machen, bis er die kalte Vernunft verliert und in wilder Wut die Führung übernimmt. Aber der Mann mit dem granitenen Kinn bleibt ruhig. Er kennt diese Taktik, kennt Zug und Gegenzug.»
«Meine Züge sind aber noch nicht erschöpft. Ich beginne, auf der Strasse hin und her zu fahren, von einer Strassenseite zur anderen, damit er, die unerträgliche Spannung nicht mehr aushaltend, in einer jähen Kurzschlusshandlung zum letzten Angriff übergehe. Doch auch das hat der Meister in seine Rechnung einbezogen. Er folgt mir von einem Strassenrand zum anderen, als ob er Freude an diesem teuflischen Spiel hätte.»
«Immer noch fühle ich seinen Willen in mich dringen. Seine Gedanken übertragen sich auf mich: „Knecht, du musst unterliegen! Knecht, du bist mit deiner Kraft am Ende! Knecht, noch ehe du es merkst, bist du meine Beute! Mach Platz, Knecht und beuge dich dem überlieferten Gesetz vom Recht des Stärkeren! Dein Hin- und Herfahren gleich den irren springen einer Maus in der Falle. Gib es auf, denn meine Beute wirst du doch!»
«Weil ich das kenne, erschreckt es mich nicht; weil ich um jene Gedanken weiss, lähmen sie mich nicht. Kint, ich will dir einen Kampf liefern, an den du zeitlebens denken wirst. Kint, ich beuge mich nicht.»

Die Eloquenz, mit welcher Hans Knecht seinen Kampf mit den zwei Belgiern, aber auch mit sich selbst beschrieb, macht aus seinem Buch eine sportliterarische Perle.Bild: PHOTOPRESS-ARCHIV
«Noch kenne ich ein letztes Mittel, dem jeder Gegner und sei’s der stärkste, nur noch mit dem Einsatz seiner allerletzten Kraft begegnen kann. Ich bin auf der linken Strassenseite angelangt. Zäh und unbeirrt folgt mir Kint am Hinterrade. Jetzt aber wende ich urplötzlich mein Rad in gerade Fahrrichtung und stampfe gleichzeitig meinen harten, schlagartigen Antritt. Bis er sein immer noch quer zur Strasse stehendes Rad gewendet hat, habe ich einen kleinen Vorsprung erreicht. Wieder und wieder, immer neu und immer wieder wiederhole ich mit aller Wucht die Bewegungen. Ich setze das Allerletzte ein, was ich noch habe. Ich peitsche mich zu einer Kette von Anstrengungen, die ich noch nie vollbracht. Ich will vorwärtsstürmen zum Siege!»
«Ein Blick zurück zeigt mir, dass Kint, der Meister mit dem granitenen Kinn, zehn Meter verloren hat. Und jetzt beginnt der letzte schaurige Sturm. Ich hetze mich, ich feure mich an, ich peitsche mich auf und jage dahin, als ob der unerbittliche Tod hinter mehr mit der blanken Sense aushole. Ich werfe alles in den Kampf, den jetzt ist der grosse Augenblick meiner Laufbahn gekommen. Vor mir das Ziel, hinter mir Kint oder der Tod.»
«In der übermenschlichen Anstrengung verwirren sich meine Gedanken wie bei hohem Fieber. Alles Blut scheint sich im Hirn zu stauen. Ich frage mich: Kommt er doch noch, um mich vor dem Zielband zu schlagen? Wann kommt er? Jagd er nicht jetzt gerade an mir vorbei? Kint kam nicht. Ich fuhr mit zehn Sekunden Vorsprung übers Zielband. So wurde ich am 1. September 1946 Weltmeister der Berufs-Strassenfahrer. Zum ersten Male in der Geschichte des Radrennsportes ward dieser Ruhm einen Schweizer zuteil.»
Rik van Steenbergen, der das Rennen auf dem 3. Platz beendet hat, spricht in seiner Biografie von einem Skandal. Von einem gestohlenen WM-Titel:
«Plötzlich sah ich, wie ein paar hitzköpfige Supporter die Absperrungen zum Ziel niedertrampelten, dabei Knecht nach oben schoben und gleichzeitig Kint am Sattel festhielten. Und weil das Fahrzeug des Rennkommissars noch nicht vorgefahren war, konnte oder wollte dieser keine Unregelmässigkeiten feststellen.»
Bis heute gilt dieser Triumph von Hans Knecht nicht nur im radsportverrückten Belgien als rätselhaftester und dramatischster WM-Titel der Geschichte. Die belgischen Radsportfans witterten Landesverrat. Der Fall schien klar: Angeblich wurde Rik von Steenbergen auch in der Schweiz von einem gewichtigen Sponsor und Gönner unterstützt. Also habe er die WM wohl für eine stattliche Summe an Hans Knecht verkauft und damit auch Marcel Kint verraten.
Die Stimmung in Belgien wurde dermassen brisant, dass sich Rik van Steenbergen vorerst nicht traute, in seine Heimat zurückzukehren. In seiner Biografie («Das Ass der Asse») sagt er:
«Über die Geschehnisse in Zürich wurde einiges in die Welt gesetzt, das purer Irrsinn war. Tatsache ist, dass wir beide, Marcel Kint und ich Weltmeister werden wollten – und zwar ohne es dem anderen zu missgönnen.»
Als 16. fährt bei dieser Strassen-WM 1946 der Schweizer Sepp Wagner über die Ziellinie. Er hat eine ganz andere, abenteuerliche Version erzählt, nachzulesen in der Biografie von Rik van Steenbergen:
«Es war der Regen, der Hans Knecht zum Titel verhalf. Damals gab es noch keine Dopingkontrollen, und zumindest jeder Favorit hatte im Trikot noch eine Pille für die letzte Runde. Doch Knecht hatte diese Geheimwaffe vorsichtiger eingepackt als seine Gegner. Marcel Kint und Rik van Steenbergen zogen nur noch lange, ungeniessbare Fäden aus der Tasche. Hans Knecht aber ein intaktes, gar noch trockenes Dragee. Nur das, und nur das, war das Geheimnis von Hans Knechts Triumph.»

Hans Knecht, nachdem er die Ziellinie als Erster überquert hatte.Bild: PHOTOPRESS-ARCHIV
Marcel Kint, 1938 Sieger bei der letzten Vorkriegs-WM der Profis, trat 1951 zurück und stirbt 2002 im Alter von 88 Jahren. Rik van Steenbergen wird 1949, 1956 und 1957 die WM dreimal gewinnen. Von ihm stammt der berühmte Satz:
«Es gibt keine Supermänner, Doping im Sport ist notwendig.»
Van Steenbergen stirbt 2003 im Alter von 73 Jahren. Hans Knecht trat 1949 zurück, führte bis 1960 ein eigenes Fahrradgeschäft und arbeitete dann bis zu seiner Pensionierung in der Automobilbranche. Er stirbt 1986 im Alter von 73 Jahren.
Bis heute haben nur drei Schweizer die Strassen-WM der Profis gewonnen: Hans Knecht (1946), Ferdi Kübler (1951) und Oscar Camenzind (1998).
Rad-WM 1946 in Zürich:
- Hans Knecht (Sz), 270 Kilometer in 7 Stunden, 24 Minuten und 48 Sekunden (36,104 km/h).
- Marcel Kint (Be), 10 Sekunden zurück.
- Rik van Steenbergen (Be), 50 Sekunden zurück.
Mehr zur Velo-WM in Zürich:
Das könnte dich auch noch interessieren:
In München waren die Kräfteverhältnisse im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League überraschend klar verteilt und ging Granit Xhakas Leverkusen unter. Paris Saint-Germain konnte seine Überlegenheit gegen Liverpool nicht in einen Sieg ummünzen. Der FC Barcelona gewann glücklich, Inter Mailand souverän.
Xabi Alonsos erste Niederlage als Trainer gegen Bayern München ist Tatsache. In seinem 7. Duell mit dem deutschen Rekordmeister muss sich der Leverkusen-Coach gleich richtig deutlich geschlagen geben. Das Team um Granit Xhaka unterlag 0:3.
Ich bin völlig erledigt. Fernsehen ist Kindergeburtstag.
Noch nie habe ich ein WM Rennen schöner beschrieben gelesen.
Wirklich eine Perle. Man hat förmlich mitgelitten.