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Dan Craven wusste, dass er keine Chance haben würde. Und das störte den 33 Jahre alten Radprofi aus Namibia zunächst auch. Dennoch trat er zum olympischen Zeitfahren an – wo er den zweitletzten Platz nur ganz knapp verpasst hat. Dafür eroberte der Bartträger die Herzen der Fans.
Es ist Sonntag, der Tag nach dem Strassenrennen. Dan Craven nahm daran teil, nun ist er im olympischen Dorf und schleckt ein Glacé. Gönnt sich ein Bierchen. Die Massage lässt er sausen, sein Olympia-Einsatz ist ja vorbei.
My @glamourmag early morning cuppa coffee. It's not @LaFabricaGirona - but hey - it's perfect for dunking rusks! pic.twitter.com/0ni8TRmBuY
— dan craven (@DanFromNam) 9. August 2016
Da wird dem zweifachen Landesmeister zugetragen: Wegen der vielen Stürze im Strassenrennen und deshalb verletzten Athleten sei ein Startplatz fürs Zeitfahren frei geworden. Namibia erhält ihn und Craven ist der einzige Athlet des afrikanischen Landes in Rio. Ob er fahren wolle, wird er gefragt.
Im Normalfall wäre die Antwort rasch gefällt und einsilbig: Ein lautes «Ja!» müsste vom seit sieben Jahren als Profi fahrenden Craven zu vernehmen sein. Aber der Namibier tut sich schwer mit einem Entscheid. Schliesslich hat er kein Zeitfahrvelo dabei. Keinen Zeitfahranzug. Weder Triathlonlenker, noch Scheibenräder – und spezifisch trainiert hat er für die 54,5 km lange Prüfung auf dem schweren Kurs auch nicht.
«Wir sind Profis und ein Zeitfahren auf einem normalen Rennvelo zu absolvieren, ist nicht professionell. Wir haben alle unsere Ansprüche», sagt Craven zu «Velonews». Ein völlig aussichtsloser Exot ist er nämlich nicht: 2014 bestritt er die Vuelta, die er als 140. auch beendete. Lanciert hatte er seine Karriere einst in der Schweiz, in die er 2005 nach abgeschlossenem Studium in Politik, Philosophie und Wirtschaft zog – mit dem Traum, Profi zu werden.
Beim Zeitfahren in Rio starten oder darauf verzichten? Dan Craven bittet seine Twitter-Follower um Rat. Ob er wirklich antreten solle in diesem Zeitfahren, fragt er in die Runde. «Dan from Nam», wie er sich im sozialen Netzwerk nennt, muss nicht lange auf Antworten warten. Der überwältigende Tenor lautet: Auf jeden Fall solle er antreten.
Twitter! You have a LOT to answer to! pic.twitter.com/5N6AhvDOiU
— dan craven (@DanFromNam) 9. August 2016
In Craven reift der Entschluss, trotz Chancenlosigkeit anzutreten. «Ich spazierte ein wenig im olympischen Dorf herum und dachte über die Sache nach. ‹Überlege ich wirklich, eine Startgelegenheit bei Olympia nicht wahrzunehmen? Das wäre ja verrückt›», sagt er sich – und nimmt an.
Craven tut es nicht nur für sich, sondern auch für sein Land. Namibia ist zwar 20 Mal grösser als die Schweiz, hat aber nur zwei Millionen Einwohner. Deshalb ist es einerseits eher unbekannt und hat andererseits auch nur höchst selten für Aufsehen auf der sportlichen Bühne gesorgt. Vier olympische Silbermedaillen sind die gesamte Ausbeute, errungen 1992 und 1996 vom legendären Sprinter Frankie Fredericks. Dieser sei für ihn als Jugendlichen damals sehr wichtig gewesen, betont Craven: «Seine Erfolge zeigten mir, dass man auch Erfolg haben kann, wenn man aus Namibia kommt.»
Yip. My Time Trial bike, helmet and kit is ready to go! #Rio2016 pic.twitter.com/MVn3OWN14k
— dan craven (@DanFromNam) 9. August 2016
Und weil Erfolg relativ ist, zählen nicht nur Siege. Sondern in diesem Fall auch, überhaupt bei Olympia dabei zu sein. Also steht Dan Craven beim Zeitfahren am Start: Mit seinem gewöhnlichen Strassenrand, ohne Triathlon-Lenker, ohne aerodynamischen Zeitfahranzug. Dafür mit der Einstellung, für den Nachwuchs in der Heimat vielleicht ein Vorbild zu sein. «Okay, wahrscheinlich werde ich Letzter. Aber man nimmt mich in Namibia wahr und wird sich sagen: ‹Hey, es ist möglich, auch wir können bei Olympischen Spielen dabei sein!›»
Mit seiner Prognose behält Craven recht: Er wird Letzter. 15 Minuten verliert er auf den überragenden Sieger Fabian Cancellara, bloss zehn Sekunden auf den Vorletzten Ahmet Orken aus der Türkei. Doch das spielt keine grosse Rolle: Dan Craven, das ist der Letzte, der sich mit einem beherzten Auftritt einen kleinen Eintrag im Geschichtsbuch der Olympischen Spiele 2016 gesichert hat. Nicht nur in Namibia.
So this happened. For real. Briefly, but real. #rio2016 #Namibia pic.twitter.com/hExkbu9GVm
— dan craven (@DanFromNam) 10. August 2016
I've been trying to get in to the race walking and/or weight lifting but the IOC isn't quite as keen as I am... https://t.co/wKZI7phv9u
— dan craven (@DanFromNam) 9. August 2016