Warum die Super League super ist
Tiefes Tempo, versprungene Bälle, keine Stars und international null Relevanz. Niemand bestreitet, dass die spielerische Qualität in der Super League nicht das Gelbe vom Ei ist. Die Bundesliga oder die Premier League sind nur auf der Fernbedienung nah – der Fluch des Schweizer Klubfussballs im Jahr 2025.
Dabei sollte man den ewigen Vergleich einfach lassen. Denn spielerische Qualität ist im Fussball längst nicht das Wichtigste. Die Klubs sind Teil der Unterhaltungsbranche – und unterhaltsam ist die Super League.
Ein Luxus, der verloren schien
Das sehen wir Runde für Runde. Da führt mit dem FC Thun ein Aufsteiger, dem im Sommer kaum jemand viel Kredit gegeben hat, in der Winterpause die Tabelle an. Da gehen die Young Boys, die wohl am besten dotierte Mannschaft, zuhause gegen den Vorletzten 2:6 unter und kassieren als Reaktion darauf eine weitere 0:3-Schlappe.
Jeder kann jeden schlagen – endlich! Das ist ein Luxus, der schon verloren schien. Wie lange haben wir uns über die erdrückende Dominanz eines Spitzenteams beklagt, erst war es der FC Basel, dann YB. Nun haben wir eine Unberechenbarkeit, die zu Ausgeglichenheit führt – das Gegenteil zur Bundesliga, wo Bayern München seinem nächsten Titel entgegenmarschiert.
Nähe schafft Verbundenheit
Schon Sepp Herberger, der legendäre deutsche Weltmeistertrainer, wusste, weshalb die Leute zum Fussball gehen: Weil sie nicht wissen, wie es ausgeht. Im Schnitt zieht es in dieser Saison rund 12'600 Zuschauer in ein Super-League-Stadion. Das sind nochmals etwa 300 mehr als in der letzten Saison, als ein neuer Rekord aufgestellt wurde.
Statt Stars erhalten vielerorts junge Spieler eine Chance. Das ist zwar auch der Wirtschaftlichkeit geschuldet. Aber wenn wie beim FC Luzern viele eigene Talente zum Einsatz gelangen, schafft dies eine Verbundenheit mit dem Publikum, die in schwächeren Phasen wertvoll ist.
Die Luzerner und GC sind die jüngsten Teams der Liga. Auch anderswo erhalten Teenager viel Auslauf – die Super League als Talentreservoir. In St.Gallen war der 18-jährige Cyrill May in der Abwehr lange gesetzt, beim FC Zürich ist Cheveyo Tsawa (18) Stammspieler im zentralen Mittelfeld, bei YB kam der 16-jährige Olivier Mambwa schon zu einigen Einsätzen.
Spannung schlägt Klasse
Diese Nachwuchs-Arbeit der Klubs ist für das Nationalteam Gold wert. In der Super League bekommen Schweizer Talente Spielpraxis gegen Erwachsene, die womöglich mehr bringt als Trainings und Spiele in der U19 bei einem ausländischen Klub. Für Schweizer Vereine ist es zum Geschäftsmodell geworden, Spieler auszubilden und mit Gewinn zu verkaufen. Die einen (etwa der FC Basel) holen dazu Talente aus dem Ausland, andere (etwa Luzern) bilden Spieler aus der Region aus.
Solange in der Super League jeder jeden schlagen kann, ist für Spannung gesorgt. Und Spannung ist im Fussball mehr wert als makellose Klasse.
