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Feuz über Kitzbühel-Abfahrt: «Klassiker sollte man lassen, wie sie sind»

IMAGO / Eibner Europa

20.01.2022, Streif, Kitzbühel, AUT, FIS Weltcup Ski Alpin, Abfahrt, Herren, 2. Training, im Bild Beat Feuz (SUI) // Beat Feuz of Switzerland in action during his 2nd training ru ...
Beat Feuz im Abschlusstraining am Donnerstag.Bild: IMAGO / Eibner Europa

Feuz ärgert Strecken-Änderung in Kitzbühel: «Klassiker sollte man lassen, wie sie sind»

Eine entschärfte Schlüsselstelle soll den Abfahrts-Klassiker im österreichischen Kitzbühel sicherer machen. Doch die Ski-Stars sind von der Änderung nicht begeistert. Wurde umsonst in den Mythos Streif eingegriffen?
21.01.2022, 07:29
Martin Probst / CH media
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Die Menschentraube wird immer grösser. Wenn Beat Feuz in Kitzbühel spricht, ist das Interesse gross. Wenn er etwas kritisiert, wird es richtig eng. Also hören wir zu.

Feuz, der Doppelsieger aus dem Vorjahr, der in der Abfahrt auch schon viermal Zweiter war und damit so etwas wie der Prinz der Streif ist nach König Didier Cuche, sagt: «Ich bin nicht so Fan davon, dass man Klassiker verändert. Die sollte man lassen, wie sie sind.»

Heute geht es los auf der Streif
Auch in diesem Jahr finden in Kitzbühel zwei Abfahrten statt. Die erste ist heute Freitag, sie beginnt um 11.30 Uhr. Der Österreicher Max Franz eröffnet das Rennen, die besten Schweizer haben die Startnummern 9 Beat Feuz, 13 Marco Odermatt und 19 Niels Hintermann. (ram)

Von hinten drängen weitere Zuhörer dazu. Hat er gerade die Streckenführung kritisiert, die doch verändert wurde, um die Abfahrt nach dem schlimmen Sturz von Urs Kyenbühl im Vorjahr sicherer zu machen?

IMAGO / Eibner Europa

20.01.2022, Streif, Kitzbühel, AUT, FIS Weltcup Ski Alpin, Abfahrt, Herren, 2. Training, im Bild v.l.Dominik Paris (ITA), Beat Feuz (SUI) // v.l.Dominik Paris (ITA), Beat Feuz ( ...
Paris (links) und Feuz diskutieren nach dem Training im Ziel.Bild: IMAGO / Eibner Europa

Ja, hat er. Und nicht nur er. Dominik Paris, dreifacher Abfahrtssieger auf der Streif, fand nicht «viel Schlaues» beim neuen Kurs. Feuz sagt: «Bis letztes Jahr ist es dort darum gegangen, ob man gewinnt oder nicht.» Und jetzt?

Wird die Schlüsselstelle jetzt gewöhnlich?

Gemeint ist die Passage nach der Hausbergkante, kurz vor der Traverse in Richtung Ziel. In der sogenannten Kompression, in der es die Fahrer nach der Landung oft nach unten drückte, stürzten 2016 die Favoriten Aksel Lund Svindal und Hannes Reichelt schwer. Wer auf der Streif gewinnen wollte, musste dort bereit sein, alles zu riskieren, so lautete ein ungeschriebenes ­Gesetz.

Feuz erklärte ein Jahr später: «Meine Linie nach dem Hausberg und bei der Einfahrt in die Traverse war die Sieger­linie. Aber es kann auch die Abschusslinie sein.» Er flog mit deutlicher Bestzeit ab und in das Sicherheitsnetz.

Neu wird die blaue Linie gefahren statt der schwarzen.
Neu wird die blaue Linie gefahren statt der schwarzen.grafik: hahnenkammrennen

Eine Verlangsamung – zumindest in der Theorie

Und jetzt soll das anders sein? Eine Analyse der Organisatoren nach dem Sturz von Kryenbühl ergab, dass die Geschwindigkeit beim Zielsprung zu hoch war. Und sie fragten sich, wie sie das ändern können.

Die Lösung fanden sie in der Kompression. Im Sommer veränderten Bagger das Terrain. Dadurch ist nun mehr Platz vorhanden, was eine rundere Kurve möglich macht und damit – zumindest in der Theorie – für ein tieferes Tempo sorgt.

epa08957467 Urs Kryenbuehl of Switzerland in action during the men's Downhill race of the FIS Alpine Skiing World Cup event in Kitzbuehel, Austria, 22 January 2021. EPA/CHRISTIAN BRUNA
Im Vorjahr stürzte Urs Kryenbühl beim Zielsprung schwer.Bild: keystone

Im ersten Training, das am Mittwoch noch bei prächtigen Bedingungen stattfand, zeigte sich, dass die erhoffte Reduktion tiefer ausfiel. Die gemessenen Spitzengeschwindigkeiten waren über 140 km/h und damit nur um etwa 5 bis 10 km/h tiefer als im Vorjahr. Marco Odermatt meinte: «Wenn wir schon jetzt im Training so schnell sind, wird das Tempo im Rennen wieder gleich hoch sein.»

Feuz befürchtet trotzdem Stürze

Die neue Kurve vor der Traverse erinnert viele Athleten an einen Super-G – und verärgert damit die besten Abfahrer. Feuz sagt: «Es ist immer noch schwierig zu fahren. Aber es ist alles runder. Ich bin mir nicht sicher, ob es etwas nützt. Man wird weiterhin riskieren müssen – und man wird sehen, was dann passiert.»

Der 34-Jährige, der am Sonntag zum zweiten Mal Vater einer Tochter wurde, befürchtet, dass es auch weiterhin zu Stürzen kommen könnte. Und damit umsonst in die Strecke und in den Mythos der Streif eingegriffen wurde.

FIS bietet Hand zu Korrekturen

Diese Kritik wird vom Internationalen Skiverband ernstgenommen. So erklärt FIS-Renn­direktor Markus Waldner: «Die neue Streckenführung ist ja nicht definitiv. Vielleicht können wir nächstes Jahr noch ein paar Anpassungen vornehmen, vielleicht war es ein bisschen zu viel.»

Den Organisatoren in Kitzbühel wird oft vorgeworfen, dass sie Stürze vermarkten und der FIS, dass sie dies dulde. Nun ­haben beide reagiert und ernten erneut Kritik. Niels Hintermann sagt: «Man darf sie dafür auch mal loben.»

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Alle Schweizer Sieger am Hahnenkamm in Kitzbühel
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Alle Schweizer Sieger am Hahnenkamm in Kitzbühel
2022: Feuz holt seinen dritten Sieg in Kitzbühel – vor Teamkollege Odermatt. Es ist der vierte Schweizer Doppelsieg auf der Streif.
quelle: keystone / christian bruna
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6 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ehringer
21.01.2022 09:06registriert Februar 2015
Ich versteh nicht, wieso man nicht einfach den Zielsprung (noch mehr) abträgt, bis es kein Sprung mehr ist. Mehrwert hat er in meinen Augen eigentlich eh keinen, die Strecke würde nicht wirklich verändert und das Risiko dennoch deutlich verringert (wohl mehr, als es jetzt der Fall ist).

Ansonsten sehe ichs wie Hintermann: Wird Nichts verändert, gibts Kritik. Wird was verändert, gibts Kritik. Ich finds wichtig, zeigen FIS und OK Bereitschaft, für die Sicherheit der Fahrer*innen zu sorgen.
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Tobes
21.01.2022 08:30registriert Oktober 2017
Die Diskussion gab es doch auch in Wengen schon einmal mit dem Zielsprung. Da wurde dieser entschärft was Hermann Maier zur Aussage "Dann sollns halt bremsen" verleitet hat. Die Typen Maier, Feuz oder Cuche brauchten diese Stellen halt auch um einen Unterschied zu machen. Von ihnen muss man keine Freudensprünge bei solchen Änderungen erwarten ;-).
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uhl
21.01.2022 09:03registriert Februar 2019
Die meisten waren sich glaub einig, dass man etwas ändern musste. Über das wie lässt sich dann immer streiten.
Ich persönlich finde, dass das Problem der Zielsprung ist, also hätte man auch da ansetzen müssen und nicht in der Traverse. Der Zielsprung bietet auch Spektakel klar. Aber das Tempo war ja nicht das Hauptproblem, sondern der hohe Luftstand. Also Kante entschärfen, flacher springen. Einfach gesagt, schwer umgesetzt, auch das ist mir klar.
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Das Titlis-Skigebiet verleiht einer Piste den Namen des Ski-Superstars. Es ist nicht irgendeine Abfahrt.

Zusammen mit Vater Walti fährt Marco Odermatt am Freitag die Rotegg-Piste am Titlis hinunter. Er kennt diese Abfahrt beinahe wie seine Hosentasche. Was er zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht weiss: Die schwarze Piste beim Rotstöckli, dem höchsten Punkt des Kantons Nidwalden, trägt ab sofort seinen Namen.

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