Wer Ausschnitte eines Skirennens aus dem letzten Jahrtausend sieht, dem fällt rasch auf: Das sah anders aus. Nicht nur wegen der Anzüge und Helme der Fahrerinnen und Fahrer oder wegen Werbung für Firmen, die es heute gar nicht mehr gibt:
Anders sah früher auch die Piste aus. Wird heute die Ideallinie mit blauer Farbe markiert, um den Athleten bei hohem Tempo und flacher Sicht die Orientierung zu erleichtern, so wurden früher einzig ein paar Zweiglein in den Schnee gesteckt, um eine grobe «Bahn» zu kennzeichnen. Bis der Hauptsponsor von Swiss-Ski einen cleveren Einfall hatte, wie er uns und der versammelten Ski-Prominenz von Abfahrts-Weltmeisterin Corinne Suter über Kult-Trainer Karl Frehsner bis hin zur Radio-Legende Berni Schär in dieser kurzen Mockumentary weismachen will:
In Tat und Wahrheit war es natürlich nicht die «Swisscom», welche für die Einführung der blauen Pistenmarkierung verantwortlich war. Im Weltcup wurde erstmals im Advent 2001 die Ideallinie auf der Herren-Abfahrt in Val Gardena mit blauer Farbe markiert. Treibende Kraft waren laut dem «Standard» die Österreicher, die dies bereits einige Jahre im Training praktiziert hatten. Auch andernorts, etwa in St.Moritz, war schon mit Farbe auf der Piste experimentiert worden.
Es waren Sicherheitsüberlegungen, die zur Neuerung führten. Erst wenige Tage waren seit dem fatalen Unfall des Bündners Silvano Beltrametti in Val d'Isère vergangen, der deswegen für den Rest des Lebens auf den Rollstuhl angewiesen ist. Das grosse Talent hatte im Schatten eine Unebenheit übersehen und war, nachdem es die Fangnetzte durchschlagen hatte, in einen Pfosten geprallt.
«Picassos» oder «Alpenmaler» nennen sie in der Szene diejenigen, die mit der Farbe die Ränder und Wellen markieren. Auf die Piste kommt gemäss der «Kleinen Zeitung» biologisch abbaubare, hochkonzentrierte Lebensmittelfarbe. Je nach Temperatur kommt ein Frostschutzmittel hinzu, dank dem die Farbe sich im Schnee festsetzen soll. Am Lauberhorn werden für eine Rennwoche rund 3000 Liter der Mischung aus Wasser, Lebensmittelfarbe und Brennsprit benötigt.
Bruno Böhlen, die Hauptfigur in der Mockumentary, ist übrigens tatsächlich ein «Alpenmaler». Bei der Lauberhorn-Abfahrt ist er zuständig für die Pistenmarkierungen.
Glaubt man seinen Worten, die er 2020 in der «Jungfrauzeitung» äusserte, gibt es im Leben allerdings schönere Beschäftigungen. «Es ist ein Scheiss-Job», sagte Böhlen. Es sei sehr anstrengend, im Stemmbogen die Abfahrt herunterzufahren und dabei präzise Linien zu ziehen. «Mit so viel Gewicht am Rücken, da brennen die Beine». Ausserdem habe man am Ende überall blaue Farbe.