66'400 Dollar Preisgeld – ein Betrag, von dem der picklige Roger Federer mit seinen süssen 18 Jahren noch nicht mal zu träumen gewagt hätte. So hoch aber ist der Finalsieg beim ATP-250-Turnier in Marseille dotiert.
Für Federer bleibt die Grenze zum «Halb-Millionär» vorerst unerreicht: Er unterliegt seinem Landsmann Rosset nach hartem Kampf mit 2:6, 6:3, 7:6. Der erste Satz ist dabei aus Sicht des damals 29-jährigen Routiniers ein Ausrutscher. Im zweiten Umgang dominiert Rosset und kommt problemlos zum Break.
Auch im dritten Satz läuft alles für den Genfer, schnell führt er mit Break. Beim Stand von 5:4 wankt Rosset kurz und vergibt drei Matchbälle bei eigenem Aufschlag, kann die Entscheidung dann aber im Tiebreak herbeiführen.
Ganz der Sportsmann gratuliert Federer nach dem Match seinem Vorbild zum Sieg und müht sich gar ein Lächeln ab. Doch in ihm drin brodelt es. An der Zeremonie kann er die Tränen nicht mehr zurückhalten.
Nach aussen zeigt sich der Baselbieter tapfer und meint im Platzinterview: «Ich habe mir das Ziel gesetzt, einen ATP-Titel zu gewinnen. Früher oder später wird mir das gelingen.»
Jahre später verrät Rosset dem «Blick», wie verzweifelt Federer ihm gegenüber gewesen sei: «Während der Zeremonie weinte Roger unaufhörlich. Ich sagte ihm, er solle aufhören zu weinen, da er ja noch jung sei. Darauf meinte Roger, er werde es nach dieser Niederlage vielleicht nie wieder in einen Final schaffen.»
Wie wir heute wissen, hat Federer mit dieser Einschätzung völlig daneben gelegen. Der 20-fache Grand-Slam-Sieger hat inzwischen 145 Finalspiele auf dem Buckel, sagenhafte 96 davon hat er gewonnen.
Rosset prophezeit damals in weiser Voraussicht: «Ich nehme dieses Match, aber du wirst alle anderen gewinnen.» Dennoch zeigt er sich auch kämpferisch: «Roger ist die Zukunft des Schweizer Tennis, keine Frage. Aber ich bin immer noch da!»
Tatsächlich wird Rosset zwei Wochen später noch ein ATP-500-Turnier in London gewinnen, es ist sein letzter Turniersieg. Gegen Federer gelingt ihm ebenfalls noch ein Sieg, ehe er in den letzten beiden Duellen sang- und klanglos untergeht.
In diesem Jahr nun hat der damals am Boden zerstörte Federer beim Australian Open seinen 20. Grand-Slam-Titel geholt. Das hätte er nach seiner Niederlage gegen Rosset wohl auch nicht gedacht.