Ein neues Handy für die Tochter, Geld für Grossvater, damit er sein Auto nicht «vertschutten» muss. Beides Gründe, sich bei der russischen Armee einzuschreiben. Zumindest gemäss neuen, bizarren Propaganda-Videos, die gerade im Netz kursieren.
Desinformation ist seit jeher ein Mittel der Kriegsführung. Auch im aktuellen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine kommt sie oft zum Einsatz – nicht ausschliesslich, aber besonders von Russland.
Solche Propaganda richtet sich aber nicht nur an und gegen den Feind. Mittels Propaganda können auch der eigenen Bevölkerung militärische Erfolge vorgegaukelt werden, sodass bei ihr keine Zweifel am alles andere als reibungslos verlaufenden Angriffskrieg gegen die Ukraine aufkommen.
Eine Reihe neuer Videos propagiert nun den Eintritt in die Armee. In einem davon sieht man einen alten Mann, der seinen Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten kann. Er bittet seinen Enkel, ihm dabei zu helfen, sein geliebtes Auto zu verkaufen. Kurz bevor er es dann zu einem Spottpreis verkauft, taucht der Enkel im militärischen Tarnanzug auf – als Retter in der Not. Er hat sich bei der Armee eingeschrieben und kann den Grossvater fortan unterstützen. Das Auto muss er nicht verkaufen.
In einem anderen Video ist ein abgebrannter Vater zu sehen, der seine Tochter um Geld bitten muss. Diese hatte eigentlich auf ein neues Handy gespart, aber gibt es ihm. Er schreibt sich dann bei der Armee ein und kehrt als strahlender Held mit einem neuen Handy für die Tochter heim.
Besonders interessant ist auch ein drittes Video. Darin sind mehrere Männer im mittleren Alter zu sehen, die ihr Leid klagen. Sie haben ihre Jobs verloren oder können mit ihren mickrigen Löhnen die Familie nicht ernähren. Das Video gesteht also quasi einen Missstand ein, der im Land zu herrschen scheint. Die Männer schwelgen dann in Erinnerungen an ihre Zeit beim Militär – und entschliessen sich, sich wieder einzuschreiben.
Nicht alle Russen scheinen auf die Propaganda hereinzufallen. Die Videos wurden unter anderem im russischen Internetforum «Dvach» geteilt – mit der Unterschrift: «Dorthin sind also die Schauspieler aus den Low-Budget-Serien gegangen.» (lzo)
Vielleicht sollte man eher hinterfragen, warum jemand in Russland trotz Arbeit so arm ist, dass er sich von der Teenie-Tochter Geld borgen muss. Während der Präsident und seine Kumpels in grossen Villen leben und am Wochenende ein bisschen auf der Yacht entspannen.