Die Tatsache, dass eine junge Frau mit der Aussage, man solle doch beim Oralsex mit einem Mann auf dessen Glied spucken, berühmt werden kann, ist bereits eine Eigenheit unseres von Social Media geprägten Zeitalters.
Dass dieselbe Frau einige Monate später eine Kryptowährung auf den Markt bringen kann, die vermeintlich gut anläuft und dann böse abstürzt, ist das neueste Kapitel einer kuriosen Biografie. Doch der Reihe nach.
Diesen Sommer wurde Haliey Welch, eine 22-jährige Frau aus dem US-Bundesstaat Tennessee, im Rahmen einer Strassenumfrage befragt. Der interviewende YouTuber wollte von ihr unter anderem wissen, was denn eine Aktion im Bett sei, die einen Mann jedes Mal verrückt werden lasse.
Welch antwortete sympathisch-lachend und in breitestem Südstaaten-Dialekt, dass man auf den Penis des Mannes spucken müsse. Die Szene ging viral, wurde auf Instagram und TikTok als Meme millionenfach geteilt. Es entstanden Abwandlungen und Neu-Kreationen, Welch mutierte über Nacht zur Internet-Berühmtheit, weit über die USA hinaus.
Grund dafür war das Geräusch, das Welch äusserte, um zu demonstrieren, dass man eben spucken müsse: «Hawk Tuah». Also die Spucke hochwürgen («Hawk») und dann herausspucken («Tuah»). Das «Hawk-Tuah-Girl» war geboren.
Haliey Welch, zuvor in der Tieflohnbranche tätig, eröffnete einen Instagram-Account, der heute 2,6 Millionen Follower hat. Sie war Gast in Radio- und TV-Shows, trat an Konzerten auf, gründete ein eigenes Unternehmen und eine KI-gestützte Dating-App, verkaufte Merchandise-Artikel mit der Aufschrift Hawk Tuah und lancierte einen eigenen Podcast (Talk Tuah).
Diese Woche folgte nun der Gang in die Krypto-Welt. Am Mittwochabend lancierte Welch auf der Solana-Blockchain den «Hawk Tuah Coin».
Gemäss «Forbes» nicht mehr als ein sogenannter volatiler Memecoin. Eine Form der Kryptowährung also, die nur zwecks Unterhaltung existiert, oft in Zusammenhang mit einem Internet-Meme steht und von einer hysterisch-begeisterten Online-Community unterstützt wird. Also genau die Ingredienzen, aus denen auch der «Hawk Tuah Coin» besteht.
Kaum in Gang erreichte die Kryptowährung von Haliey Welch eine Marktkapitalisierung von 500 Millionen US-Dollar. Am Donnerstag folgte aber der grosse Fall: Der «Hawk Tuah Coin» rasselte um 95 Prozent runter auf 25 Millionen Dollar.
Der Ärger folgte prompt. «Forbes» zitiert «Coffeezilla», einen Krypto-YouTuber mit über 3 Millionen Abonnenten. Er beschuldigt Welch und ihr Team des Insiderhandels und bezeichnet die Einführung des «Hawk Tuah Coin» als «eine der miserabelsten, schrecklichsten Einführungen, die ich je gesehen habe».
Geht es nach «Cointelegraph», seien bis 90 Prozent der «Hawk Tuah Coins» in die Hände von Insidern und sogenannte Snipern gelangt, die neu gelistete oder unterbewertete Kryptowährungen, auch mithilfe von Bots, erwerben, bevor andere die Chance dazu haben. Welch und ihr Management bestreiten diese Vorwürfe weitgehend.
Die Frage ist nun, ob Welchs Aktion Folgen haben wird. Aus dem Schneider ist die 22-Jährige sicher nicht. Eine auf Kryptowährungen spezialisierte Kanzlei forderte Menschen, die mit dem «Hawk Tuah Coin» Geld verloren hatten, auf, sich über ihre Rechte zu informieren. Noch gebe es gemäss «Forbes» allerdings keine eindeutigen Beweise für mögliches Fehlverhalten seitens der Betreiber.
Die ganze Geschichte zeigt auch schön auf wie verkommen unsere social Media Gesellschaft bereits ist. Am besten folgen wir Australiens Vorbild und führen eine Altersgrenze ein.