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Kinder mit Sadomaso-Teddys: Das Balenciaga-Drama in 4 Punkten

Video: watson/Fabian Welsch

Kinder mit Sadomaso-Teddys: Das Balenciaga-Drama in 4 Punkten

Das Modelabel verklagt die Produktionsfirma um 25 Millionen Dollar. Ist das nun das Ende des Riesenhypes um das Label? Und warum hat jetzt auch Kim Kardashian Ärger am Hals? – Ein Drama in vier Punkten.
29.11.2022, 12:1930.11.2022, 11:24
Rahel Empl / ch media
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Eine der fragwürdigen Inszenierungen aus der Kampagne Gift Shop. Balenciaga hat sie mittlerweile vom Netz genommen.
Eine der fragwürdigen Inszenierungen aus der Kampagne Gift Shop. Balenciaga hat sie mittlerweile vom Netz genommen.Bil: zvg

Das spanische High-Fashion Label Balenciaga ist bekannt dafür, mit kontroversen Kollektionen an den Grenzen des guten Geschmacks zu kratzen. Provokation wird hier gross geschrieben. Den Leuten gefällt's – aktuell rangiert Balenciaga unter den begehrtesten Luxusmarken der Welt. Nun aber sind ihre Macher mit einer Werbekampagne deutlich übers Ziel hinaus geschossen. Sie wollen sich aus der Verantwortung stehlen.

Erster Punkt: Die Kampagne

Bild
Bild: Instagramm

Am 16. November gehen die Kampagnenbilder der Frühjahrskollektion 2023 unter dem Namen «Gift Shop» online. Jene für Kinder zeigt Mädchen im Spielgruppenalter, die teils unnatürlich breitbeinig mit BDSM-inspirierten Rucksäcken im Teddybär-Look posieren. Unter BDSM (Bondage, Dominanz, Sadismus, Masochismus) fallen sexuelle Sadomaso-Praktiken.

«Bye Balenciaga, bye!» – ehemalige Fans der Marke zerstören Kleider aus Protest

Video: watson/Fabian Welsch

Auf einem der Bilder ist ein Auszug aus einem Gerichtsurteil über Kinderpornografie zu sehen, auf einem anderen einer weiteren Kampagne, bei der Schauspielerin Nicole Kidman mitwirkte, ein Buch des Malers Michael Borremans. Dessen liebstes Motiv sind blutüberströmte, von Gewalt gezeichnete Kinder.

Zweiter Punkt: der Shitstorm

Wenige Stunden nach Veröffentlichung fordern die ersten prominenten und weitere Social-Media-Nutzer dazu auf, das Label zu boykottieren, da es Kindesmissbrauch verherrliche. Zahlreiche Stars und Influencer posten im Laufe der folgenden Woche Videos auf TikTok und Instagram, die sie beim Entsorgen von Balenciaga-Schuhen und Kleidungsstücken zeigen.

Erst vor fünf Tagen nimmt Balenciaga die Werbeaktion vom Netz. Eine Entschuldigung bleibt aus. Inzwischen fluten zahlreiche Kollagen das Netz. Unter anderem wird das Konterfei des verstorbenen Sexualstraftäters Jeffrey Epstein vor dem abgeänderten Markennamen Baalenciaga gezeigt. Baal bedeutet Dämon im historischen Christentum.

Dritter Punkt: Kim Kardashian in Erklärungsnot

epa10289504 US media personality Kim Kardashian attends the LACMA Art + Film Gala at Los Angeles County Museum of Art in Los Angeles, California, USA, 05 November 2022. EPA/CAROLINE BREHMAN
Kim KardashianBild: keystone

Nach vielen Tagen des Schweigens und hunderten entsprechenden Aufrufen ihrer Fans und Follower lässt sich am Sonntag das Aushängeschild des Labels, die amerikanische Unternehmerin und vierfache Mutter Kim Kardashian, zu einem Statement bewegen. Sie sei von der Kampagne angewidert und erwäge eine Beendigung der Zusammenarbeit. Sie sei bloss so lange still gewesen, um Zeit für eine Rücksprache mit den Verantwortlichen zu haben.

Bei den Fans kommt ihr Zuwarten nicht gut an: In den Kommentarspalten zu Kardashians Posts auf Instagram kündigen zahlreiche an, sie zu entfolgen; sie sei eine Heuchlerin. Gerüchten zufolge hat Kardashian von der Kampagne vor deren Veröffentlichung gewusst.

Vierter Punkt: Entschuldigung und Gerichtsverfahren

Am Montagabend äussern sich die Verantwortlichen bei Balenciaga zum ersten Mal. In einem Statement auf Instagram werden Fehler zugegeben und Entschuldigungen ausgesprochen – jedoch wird die Schuld auf andere geschoben, unter anderem die Produktionsfirma am Set sowie den involvierten Fotografen. Dem Vernehmen nach wird Balenciaga die Produktionsfirma auf 25 Millionen Dollar verklagen.

Marketingexperten sprechen indes von einer bewussten Provokation vonseiten des Unternehmens. Es gilt zudem als erwiesen, dass Vertreter von Balenciaga am Set zugegen gewesen seien. Die «New York Times» geht davon aus, dass der Imageschaden erschütternde Dimensionen für Balenciaga annehmen dürfte. Bereits wurde Kreativdirektor Demna eine Auszeichnung der Organisation Business of Fashion abgesprochen.

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68 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ubu
29.11.2022 12:48registriert Juli 2016
Baal ist kein Dämon sondern eine Gottheit, die quer durch den Mittelmeerraum vor allem bei den Phöniziern/Puniern immer wieder auftaucht und ihre Spuren sprachlich unter anderem bei Hannibal oder Balsebub hinterlassen hat. Da Baal auch von Nachbarn der Israeliten verehrt wurde, kommt er auch wiederholt in der Bibel vor. Wobei das Wort Baal Gott bedeutet, also kein Name ist, aber das ist Gott ja auch nicht.

Herrbaal nochmal, das kommt davon, wenn man zuwenige Religionshistoriker auf der Redaktion beschäftigt!
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felixJongleur
29.11.2022 12:49registriert Dezember 2014
Einfach nur kaputt die ganze Szene, vom Label bis zu involvierten Marketingleuten und allen Nutzniessern. Gruusig.
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Mangosorbet
29.11.2022 13:13registriert Juli 2020
Bei der Produktion einer globalen Kampagne mit hohen Budgets sind IMMER Vertreter der Marke am Set. Immer....
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