Donald Trump könnte nächste Woche wieder zum Präsidenten der grössten Wirtschaftsmacht der Welt gewählt werden – und der Internationale Währungsfonds warnt in einem Bericht vor «negativen Schocks» als Folge «der ungewissen Politik neu gewählter Regierungen». Es könnte tatsächlich mehrere Trump-Schocks geben.
Die Ungewissheit über Trumps Politik ist ein Problem für sich, wie ein anderer schillernder amerikanischer Milliardär erklärt. Mark Cuban ist reich, weil er schon verkauft hatte, als sein Unternehmen nach einem Börsencrash unterging. Und er ist landesweit bekannt, weil er als Besitzer eines berühmten Basketballclubs ständig die Schiedsrichter anbrüllte. Heute wettert Cuban auf allen Kanälen gegen Trump.
«Wie soll sich ein Unternehmen darauf vorbereiten, was er im nächsten Moment sagen wird, wenn er es selbst nicht weiss?», fragt Cuban in einem Interview. Es sei entscheidend, in der Politik ein Mindestmass an Vernunft und Verlässlichkeit zu haben. «Aber bei ihm haben wir keine Ahnung, in welche Richtung er als Nächstes geht.»
Selbst für seine Milliardärskollegen sei Trump nicht kontrollierbar, auch wenn viele arrogant glaubten, ihm überlegen zu sein und ihn manipulieren zu können. So denke etwa Tesla-Chef Elon Musk: «Er ist schon der reichste Mann der Welt; jetzt will er die Macht über Trump haben, den vielleicht bald mächtigsten Mann der Welt».
Einen Fixpunkt scheint es bei Trump jedoch zu geben: Er will Zölle hochziehen, Zölle, Zölle, Zölle. Wie hoch sie sein sollen, scheint er nicht genau zu wissen, er hat schon viele Zahlen genannt, aber sicher sehr hoch: 10, 20 oder 50 Prozent auf alle ausländischen Waren, 60 Prozent nur auf chinesische.
Es wäre ein «historischer» Bruch mit dem heutigen Freihandelssystem, sagt ein auf US-Handelspolitik spezialisierter Wirtschaftsprofessor zur «Washington Post». Die USA würden damit von China und Europa abgeschnitten, die Handelsbeziehungen ins 19. Jahrhundert zurückgeworfen. Es wäre ein «unglaublich starker Schock, welcher die USA in einer Weise erschüttern wird, die schwer vorherzusagen ist».
Einige Schätzungen gibt es jedoch, wie die «New York Times» schreibt. Bei Zöllen von 20 Prozent würden die Lebenshaltungskosten stark steigen. Ein typischer Haushalt würde um 4 Prozent ärmer. Und nicht nur das: Die USA hätten wieder eine hohe Inflation, nachdem diese erst gerade besiegt schien und die US-Notenbank Fed erstmals ihre Leitzinsen gesenkt hat. Die Zinsen würden wieder steigen.
Auch damit wäre dieser Trump-Schock nicht ausgestanden. Die Europäische Union müsste mit Zöllen auf US-Waren kontern, auch wenn sie so die eigene Inflation befeuert und die Europäische Zentralbank zu höheren Leitzinsen zwingt. Gerade geflickte Lieferketten könnten wieder zerbrechen, noch mehr Länder eifern den USA nach und erhöhen ihre Zölle. «Die geopolitischen Folgen wären katastrophal», schreibt der Handelsökonom Paul Krugman. Auf jeden Fall wären sie tatsächlich schwer vorherzusagen.
Die Schweiz müsste wie andere kleine Länder schauen, dass sie dieses Chaos unbeschadet übersteht. Eines würde wohl auch in dieser Krise gelten: Wenn es mit der Weltwirtschaft abwärts geht, geht es mit dem Franken aufwärts. Bei der Schweizerischen Nationalbank müsste Martin Schlegel als neuer Chef die Leitzinsen kräftig senken – die Schweiz hätte wieder Negativzinsen wie vor der Coronakrise. Immobilien wären noch gefragter als heute schon.
Was die direkten Folgen der Trump-Zöllen für die Schweiz wären, also ohne das drohende globale Chaos, hat die KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich berechnet. Demnach würde das Bruttoinlandprodukt der Schweiz um 0,2 Prozent tiefer sein, solange die US-Zölle in Kraft sind. Es würde vor allem der Pharmaindustrie weh tun, aber auch Herstellern von Maschinen, Geräten, Präzisionsinstrumenten, Uhren und Lebensmitteln. Jeder einzelne in der Schweiz lebende Person hätte durch die Trump-Zölle jährlich 200 Franken weniger Einkommen.
All dieses Chaos stört Trump nicht. Er glaubt, es besser zu wissen und ausländische Unternehmen mit Zöllen zum Bau neuer Fabriken zwingen zu können. Dass er damit einen globalen Handelskrieg anfängt, ist ihm egal. Zölle sind sein «Lieblingswort», «das Beste, was je erfunden wurde», und, wie die «New York Times» schreibt, «für ihn die Lösung für fast jedes Problem».
Was die Europäer dazu sagen, ist Trump egal; er scheint ohnehin nicht viel von ihnen zu halten. Die Handelsdefizite mit ihnen seien «verrückt», sagte er in einem Interview und schob nach: «Unsere Verbündeten nutzen uns mehr aus als unsere Feinde.»
Doch das grösstes Wagnis unter Trumps Plänen wäre die Deportation der 11 Millionen Menschen, die heute ohne Aufenthaltspapiere in den USA leben und 3,3 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Trump habe, wie etwa Bloomberg berichtet, die «grösste inländische Massendeportation der amerikanischen Geschichte» angekündigt und mit explizit nationalsozialistischer Rhetorik begründet wie «Ungeziefer», welches «das Blut unseres Landes vergiftet».
So spricht Trump regelmässig, seine Verbündeten tun es ihm gleich, und seine Fans jubeln ihm mit Schildern zu, auf denen steht: «Massendeportation jetzt!». Ein Thinktank war darüber besorgt genug, um vor den Wahlen die wirtschaftlichen Kosten für die USA zu berechnen – sie wären absurd hoch.
Um alle 11 Millionen abzuschieben, müssten die USA über einen Zeitraum von elf Jahren total fast 1000 Milliarden Dollar ausgeben. Am teuersten wäre der Bau von Hunderten bis Tausenden von Haftanstalten, um die Einwanderer zu verhaften, festzuhalten und abzuschieben. Für dieses Geld könnten die USA über 40'000 Schulen oder 2,9 Millionen Häuser bauen.
Das wäre nicht alles. Die Deportierten fehlen als Kunden, Steuerzahler und Arbeitskräfte. Im Bau müssten 12 Prozent aller Stellen neu besetzt werden, in Berufen wie Maler, Stuckateur oder Dachdecker gar 30 Prozent. In Hotels oder Restaurants wären es 7 Prozent, in den Haushalten gut 25 Prozent aller Reinigungsjobs.
Alles in allem könnten die USA bis zu 6,8 Prozent ihrer gesamten Wirtschaftsleistung oder 1700 Milliarden Dollar verlieren. Das wäre für noch teurer als die grosse Finanzkrise von 2007 bis 2009, die damals die Schweiz zur Rettung der Grossbank UBS zwang. (aargauerzeitung.ch)
Und ja. Wer SVP wählt, wählt Trump. Und Putin. Und Orban. Oder wie diese Schlechtmenschen alle heissen.