Die Schweizer Händler erhöhen den Druck auf die chinesische Billig-Plattform Temu. Nachdem verschiedene Verbände bereits diesen Sommer wegen unlauterem Wettbewerb beim Bund interveniert hatten, doppelt eine neu formierte Allianz nach.
Sie umfasst 12 Organisationen – vom Spielwarenverband über die Swiss Retail Federation bis zu Konsumentenschutzorganisationen – und fordert in einem Brief an den Bundesrat ein «unmissverständliches Zeichen für den Konsumentenschutz und faire Wettbewerbsregeln». Der Zeitpunkt der Aktion ist kein Zufall. Die Schweizer Händler sehen das Weihnachtsgeschäft in Gefahr. Dieses sorgt je nach Branche für 20 bis 60 Prozent des Jahresumsatzes.
«Mit unserer Beschwerde im Mai hatten wir uns erhofft, dass bis zur Vorweihnachtszeit Massnahmen ergriffen und kommuniziert werden, um zumindest in lauterkeitsrechtlicher Hinsicht endlich gleich lange Spiesse der Wettbewerber herzustellen», sagt Dagmar Jenni von der Swiss Retail Federation. Sie spricht damit die Beschwerde ihres Verbands vom Mai dieses Jahres an. Darin kritisierte die Lobby-Organisation nicht nur, dass viele Temu-Produkte die hiesigen Sicherheitsvorschriften nicht erfüllten. Auch verscherble die Plattform ihre Ware unter dem Einkaufspreis und werbe mit Fake-Rabatten. Das verstosse gegen die Wettbewerbsregeln sowie gegen die Preisbekanntgabeverordnung.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hat sich der Beschwerde angenommen. Kürzlich hat sie gar Temu-Vertreter aus Irland nach Bern bestellt – eine Premiere.
Doch den Schweizer Händlern dauert das zu lange. Man beobachte «die zögerliche Kommunikation angesichts des öffentlichen Interesses» zunehmend mit Sorge, sagt Jenni. «Wie soll ich unseren Mitgliedern erklären, dass sie sich an die Regelungen halten müssen, wenn Billig-Plattformen unbehelligt gelassen und nicht mal offiziell abgemahnt werden?», fragt sie rhetorisch.
Im Brief an den Bundesrat betont der Schweizer Handel erneut, wie Temu ihre Geschäfte bedroht. Täglich verschickten asiatische Plattformen bis zu 500'000 Pakete in die Schweiz. Da diese Sendungen für den Heimgebrauch bestimmt sind, kann sie der Bund nicht kontrollieren. Ganz im Gegenteil zu den Schweizer Händlern, die unzählige Vorgaben erfüllen müssen.
Die Folge: Die Ware aus Asien entspricht häufig nicht den Standards. Der Schweizer Spielwarenverband stellte beispielsweise fest, dass 15 von 18 Spielsachen von Temu und Shein in der Schweiz nicht verkauft werden dürften. Sie enthielten beispielsweise verschluckbare Teile oder waren mit Schwermetallen belastet.
Die zwölf Organisationen fordern die Regierung deshalb dazu auf, «dass alle in der Schweiz verkauften und importierten Waren den hiesigen Produktsicherheitsstandards entsprechen sollen». Ebenso sollen Schlupflöcher bei der Mehrwertsteuer geschlossen und die Kontrollen an der Grenze verstärkt werden, «um den Verkauf unsicherer oder gefälschter Produkte zu verhindern». Schliesslich sollen grosse Online-Händler verpflichtet werden, eine Rechtsvertretung in der Schweiz einzurichten. Die Temu-Muttergesellschaft PDD Holdings hat ihren Sitz in Irland. In der Schweiz gibt es keinen direkten Ansprechpartner für die Behörden.
Ein Vorbild sieht die Schweizer Allianz in der Europäischen Union. Diese hat Temu nicht nur ihren Regeln für grosse Tech-Firmen unterstellt. Im Oktober eröffnete die EU eine Untersuchung unf forderte von der Plattform Antworten darauf, wie die Plattform gegen den Verkauf illegaler Produkte vorgehe. «Dieses Signal aus Brüssel bestätigt die Dringlichkeit des Anliegens», schreibt die Schweizer Allianz gegen Temu. «Eine offizielle Abmahnung durch den Bundesrat würde die Schweizer Bevölkerung insbesondere vor dem Weihnachtsgeschäft auf die Gefahren solcher Online-Plattformen aufmerksam machen und verdeutlichen, dass der Konsumentenschutz ein zentrales Anliegen des Schweizer Marktes ist», heisst es in einer Mitteilung.
Für die neue Allianz ist das Billig-Geschäftsmodell von Temu, das sich bisher hauptsächlich auf Textilien, Elektronik oder Spielzeug konzentriert, erst der Anfang. Deshalb sei es so wichtig, ein klares Signal zu senden. «Aus unserer Sicht ist es nur eine Frage der Zeit, bis diese Billig-Plattformen Wärmepumpen, Solarzellen, technische Geräte und vieles mehr anbieten und so auch andere Branchen treffen.»
Zum aktuellen Stand der Beschwerde gegen Temu war beim Seco bis am Freitagmittag keine Auskunft zu erhalten. (aargauerzeitung.ch)
Ich persönlich halte mich von Temu usw. fern. Aber ich verurteile keinen Menschen dafür. Es wird in Europa viel zu viel Made in China überteuert verkauft.