Muss sich die SRG erneut gegen einen «existenziellen Angriff» wappnen? Wie schon bei der No-Billag-Initiative, die 2018 nach einem spektakulären Abstimmungskampf deutlich abgelehnt wurde?
Dies wurde SRG-Generaldirektor Gilles Marchand für eine interne Botschaft gefragt. Sie wurde am 15. Februar an alle SRG-Mitarbeiter versandt. «Man muss zuerst die genauen Absichten der SVP abwarten, bevor man die Herausforderungen und Konsequenzen abschätzen kann», antwortete Marchand. «Aber eines ist sicher: Wenn wir den audiovisuellen Service public der Schweiz wieder verteidigen müssen, dann werden wir dies mit aller Entschlossenheit tun.»
Dass die SRG tatsächlich voll gefordert wird, steht jetzt definitiv fest. Recherchen zeigen: Am Dienstag, 1. März, präsentiert ein neues Komitee an einer Medienkonferenz seine Pläne für die SRG-Halbierungsinitiative. Der Initiativtext liegt seit längerem vor. Die Initianten verlangen eine Reduktion der SRG-Gebühren von 335 auf 200 Franken. Explizit ausgenommen von einer Reduktion sind die privaten Radio- und Fernsehsender.
Dem Initiativkomitee gehören rund zwanzig Vertreter an aus SVP, FDP und Mitte. Mit an Bord sind auch Vertreter von Wirtschaftsverbänden, allen voran der Schweizerische Gewerbeverband (SGV).
Der engste Kreis des Komitees umfasst die SVP-Nationalräte Thomas Matter und Gregor Rutz sowie Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Gewerbeverbandes.
Von der FDP sind die Nationalräte Marcel Dobler und Peter Schilliger an Bord. Ebenfalls mit von der Partie sind die Präsidenten der beiden Jungparteien: David Trachsel (JSVP) und Matthias Müller (Jungfreisinn).
Und alt Nationalrat Ruedi Lustenberger, der Nationalratspräsident von 2014, vertritt die Mitte. Das ist brisant, weil mit Jean-Michel Cina auch ein Mitte-Politiker SRG-Verwaltungsratspräsident ist.
«Keinen Kommentar» zu den Recherchen abgeben will SVP-Nationalrat Matter. FDP-Nationalrat Schilliger hingegen bestätigt seine «mündliche Zusage» für das Komitee. Auch sein Parteikollege Dobler sagt: «Ich unterstütze die Initiative und bin im Komitee.» Genauso wie alt Nationalrat Lustenberger: «Ja, ich bin dabei.»
Lustenberger sieht die Situation um die SRG ähnlich wie SVP-Präsident Marco Chiesa. Dieser hatte vor zweieinhalb Wochen bei CH Media gesagt, die SVP kritisiere, dass die SRG «als mächtigstes Medium der Schweiz die Welt mehrheitlich aus einer linken Optik beschreibt». Das sei «inakzeptabel».
«Die SRG ist halb-links», sagt Lustenberger. Damit geht er ein bisschen weniger weit als Chiesa. Seine Folgerung ist aber ähnlich: «Das geht nicht für ein staatlich zwangsfinanziertes Medium. Sie muss in die Mitte rücken. Dann kann man mit mir schon wieder reden.»
Marcel Dobler wiederum betont, er habe die No-Billag-Initiative nicht unterstützt. «Mit dem Wegfall sämtlicher Gebührengelder hätte die Medienlandschaft in der italienischen und französischen Schweiz nicht aufrechterhalten werden können.»
Es brauche nun aber «externen Druck», sagt Dobler, «um die immensen Kosten und den Leistungsauftrag der SRG zu überdenken». Als Unternehmer habe er kein Verständnis für zweckfremde Zwangsabgaben für KMUs wie die Kirchensteuer oder die Serafe-Gebühren. Man bezahle sie ja schon mit der hohen Kopfsteuer.
Dass sich die Wirtschaft stark engagiert bei der SRG-Halbierungsinitiative hat damit zu tun, dass auch Unternehmen eine Abgabe für Radio und Fernsehen zu entrichten haben. Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 500'000 Franken sind zwar von der Abgabe ausgenommen.
Wer mehr als 500'000 Franken Umsatz macht, zahlt aber je nach Umsatz. Wer sich in der tiefsten Umsatzkategorie (bis 749'999 Franken) befindet, zahlt 160 Franken. In der höchsten Kategorie (ab einer Milliarde) beläuft sich der Betrag auf 49'925 Franken.
Es ist vor allem der Gewerbeverband, der dagegen Sturm läuft. Mitte-Nationalrat und SGV-Präsident Fabio Regazzi hat 2019 dazu eine parlamentarische Initiative eingereicht. Darin fordert er: Firmen mit weniger als 250 Mitarbeitenden sollen von der Abgabe befreit werden.
Die parlamentarische Initiative dürfte in der Frühlingssession in den Nationalrat kommen. Die Medienkommission des Nationalrats nahm sie an, die Kommission des Ständerats verwarf sie.
Für den Gewerbeverband sei nun entscheidend, was mit seiner parlamentarischen Initiative geschehe, sagt SGV-Präsident Regazzi. Das wisse auch die SRG. «Lehnt das Parlament sie ab, ist der SGV dazu gezwungen, die SRG-Halbierungsinitiative zu unterstützen. Wir haben das intern bereits diskutiert.»
Die parlamentarische Initiative ist auch der Hauptgrund, weshalb FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen nicht im Komitee der SRG-Halbierungsinitiative sitzt. «Für mich ist der wichtigste Punkt, dass KMU bis 250 Mitarbeitende von der Serafe-Gebühr befreit werden», sagt er. «Die entsprechende parlamentarische Initiative muss vom Ständerat unterstützt werden. Sollte dies nicht der Fall sein, liegt meine Unterstützung der Initiative nahe.»
Wasserfallen betont aber auch, die SRG müsse sich im Online-Textteil deutlich stärker zurückhalten. «Heute bietet sie dort eine 24-Stunden-Komplett-Versorgung», sagt er. «Damit konkurrenziert sie unnötig die privaten Medienverlage direkt, die Paywalls hochziehen.»
Bei der SRG wappnet man sich auf einen Urnengang. Gilles Marchand geht davon aus, dass eine Volksabstimmung zwischen 2025 und 2027 stattfinden würde.
In seiner internen Botschaft an alle SRG-Mitarbeiter wird er am Ende sehr deutlich. «Bis dahin müssen wir weiterhin eine professionelle und gute Arbeit machen und die Qualität unserer Angebote hochhalten», schreibt Marchand. Er sei überzeugt, dass dies den Unterschied machen werde. «Wir sind voll und ganz entschlossen», betont der Generaldirektor, «die Bedeutung der SRG für das ganze Land aufzuzeigen und zu verteidigen.»
das übliche neoliberale rübe-ab-kopf-ab-alles-ab gruselkabinett also, mir graut's.