Manchmal erinnere sie sich an die dramatischen Tage von Mitte März, «wie hier in diesen Räumen Tag und Nacht gearbeitet wurde». Unter Hochdruck galt es, für die strauchelnde Credit Suisse eine Lösung zu finden. Es muss für sie sein wie ein ferner Traum, ein Albtraum. Doch jetzt ist er vorüber: Kurzfristig hat Bundesrätin Karin Keller-Sutter am Freitagmorgen die Medien in den Prunksaal des Bernerhofs eingeladen, an den Sitz des Finanzdepartements.
Am Vorabend hatte der Verwaltungsrat der UBS entschieden, auf sämtliche Garantien des Bundes über 109 Milliarden Franken zu verzichten.
Es ist ein überraschend schnelles Ende einer unfreiwilligen Liaison zwischen UBS, Bund und Nationalbank. Eine Liaison, die im Frühling verordnet wurde, als die Kunden der CS weltweit täglich Dutzende Milliarden abzogen und die Bank ungebremst dem Kollaps entgegen schlitterte. Es ist auch ein Ende, das für Keller-Sutter und ihre Partei, die FDP, gerade im richtigen Moment kommt: zum Ende der Sommerpause und punktgenau zum Auftakt der heissen Phase des Wahlkampfs.
Noch vor kurzem hat eine Umfrage gezeigt, dass der Niedergang der CS und deren staatlich orchestrierte Rettung in der Bevölkerung als das grösste Ärgernis gelten, grösser noch als etwa die Klimakleber. Ein Teil dieses Ärgers dürfte sich auch gegen die FDP gerichtet haben, die von vielen als Partei der Banken und Konzerne wahrgenommen wird. Ihre Umfragewerte zeigen jedenfalls seit März nach unten.
Nun aber steht ihre Bundesrätin als erfolgreiche Krisenmanagerin da, die im März bereit war, Risiken einzugehen: «Wir wussten nicht zu 100 Prozent, ob das funktioniert», räumte sie am Freitag ein. Um sogleich festzustellen: «Jede andere Lösung (...) hätte höhere Risiken für den Bund und die Steuerzahlenden mit sich gebracht.» Aber selbstverständlich habe sie in den vergangenen Monaten mit der UBS die Frage der Beendigung der Garantien stets thematisiert, «so charmant wie möglich». Mit andern Worten: Der Druck, die Liaison aufzulösen, ging auch vom Bernerhof aus.
Wohl dank einer diskreten Vorabinformation hat die FDP am Freitagmorgen bemerkenswert schnell ein Communiqué verschickt. Darin wird die «umsichtige Führung» der Finanzministerin gelobt. Und es werden die 200 Millionen Franken hervorgestrichen, die der Garantiedeal dem Bund in die Kassen gespült hat. «Ja», räumt FDP-Präsident Thierry Burkart im Gespräch ein, es sei ein Erfolg: «Weil sich jetzt zeigt, dass sich verantwortungsvolles Politisieren bewährt.»
In der Bemerkung versteckt sich ein Seitenhieb auf SP, Grüne und SVP. Diese haben im Parlament die Kredite für die Garantien abgelehnt. Es war ein symbolisches Nein, das an den Notrechtsbeschlüssen nichts änderte. Für Burkart und die FDP war das «verantwortungsloses Politiktheater», mit dem Ziel, «aus dem Niedergang der CS politisch Profit zu schlagen».
Eine Einschätzung, die GLP-Präsident Jürg Grossen teilt: «Die Empörungspolitik von links und rechts um die Kredite war überzogen und kurzsichtig. Die neue UBS ist stabilisiert, die Steuerzahlenden werden nicht belastet», schrieb er auf Twitter.
Die Polparteien halten freilich an ihrer Kritik fest. Selbstverständlich sei es zu begrüssen, dass die Garantieverpflichtungen nun hinfällig seien, sagen unabhängig voneinander SP-Präsident Cédric Wermuth und SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi. Doch sowohl bei der SP als auch der SVP hat sich an der kritischen Einschätzung nichts geändert. Beide bekräftigen, sie würden die Kredite auch heute noch ablehnen.
«Man darf sich vom Ende des Garantiedeals nicht hinters Licht führen lassen», sagt Wermuth. Der Entscheid der UBS von Donnerstag sei offensichtlich auch «ein taktisches Manöver», um politische Bestrebungen nach einer strengeren Finanzmarktregulierung den Wind aus den Segeln zu nehmen. So wäre die vom Bundesrat vorgeschlagene Vorlage für eine staatliche Liquiditätssicherung (Public Liquidity Backstop) zugunsten angeschlagener Banken «ohne weitergehende Regulierungen im Parlament oder spätestens in einer Abstimmung stark absturzgefährdet, wenn die 109-Milliarden-Garantie für die UBS noch aktiv wäre».
Wermuth fürchtet, dass die UBS ihre wiedererlangte Unabhängigkeit vom Staat ausserdem dafür nutzen könnte, im Zuge der Integration der Credit Suisse bald massenhaft Personal zu entlassen. «Auch das könnte sich die Grossbank unter dem Garantieschirm des Bundes kaum leisten.» Im Übrigen ändere sich nichts daran, dass mit der Zwangsfusion die UBS zu einer Megabank geworden sei, einem Klumpenrisiko für die Schweiz.
SVP-Fraktionschef Aeschi schliesst aus der raschen Beendigung der Garantien, dass «die finanzielle Lage der CS offensichtlich im März 2023 weit besser war, als sie dargestellt wurde». Das schrieb er auf Twitter. «Es ist sehr bedauerlich, dass eine überforderte Finma und ein mutloser Bundesrat nicht sicherstellten, dass der Schweiz zwei Grossbanken erhalten bleiben.»
Wie vermutet war die finanzielle Lage der #CreditSuisse offensichtlich im März 2023 weit besser, als sie dargestellt wurde. Es ist sehr bedauerlich, dass eine überforderte #FINMA und ein mutloser Bundesrat nicht sicherstellten, dass der Schweiz zwei Grossbanken erhalten bleiben. pic.twitter.com/skzwW9g0c7
— Thomas Aeschi (@thomas_aeschi) August 11, 2023
Er ist mit diesen Zweifeln nicht allein. So sagt Nationalrat Felix Wettstein von den Grünen, es frage sich, «ob das durch die Behörden gewählte Rettungsszenario tatsächlich so alternativlos war».
Der Chef der Mitte-Fraktion, Nationalrat Philipp Matthias Bregy, richtet seinen Blick diesbezüglich auf die verbleibende Grossbank. Er sei zwar froh, dass die Garantien so schnell obsolet geworden seien. Doch mache ihn das Tempo auch misstrauisch: «Wenn die UBS so rasch auf die Garantien verzichten kann, fragt sich, was sie bei der Übernahme der CS alles wusste?», sagt er. «Die aktuelle Situation darf nicht dazu führen, dass die Angelegenheit nicht aufgearbeitet wird.»
Bregy bringt die Parlamentarische Untersuchungskommission ins Spiel, die den Fall Credit Suisse politisch aufarbeiten soll: «Die PUK muss auch untersuchen, auf welchen Grundlagen die UBS der Übernahme zustimmte.» Ohnehin ist man sich unter den Parteien einig, dass die PUK ihre Arbeiten fortführen soll, obwohl der Bund seine Risiken nun los ist.
Allerdings sind ihre Schwerpunkte unterschiedlich. SP-Präsident Wermuth möchte unter anderem wissen, ob nicht auch eine vorübergehende Verstaatlichung der CS eine Option gewesen wäre, die Keller-Sutter «aus ideologischen Gründen vorschnell verwarf». Aeschi interessiert sich derweil stark für die Rolle der Finanzmarktaufsicht, der er vorwirft, bei der Aufsicht über die CS in den letzten Jahren versagt zu haben.
Nur in einem Punkt ist man sich über alle Parteigrenzen hinweg einig: Die «Too big to fail»-Regulierung muss verschärft, die Lehren aus dem Fall Credit Suisse gezogen werden. Oder wie es Aeschi sagt: «Es darf künftig in der Schweiz keine Bank mehr geben, die so gross ist, dass sie nicht Konkurs gehen kann.»
Bei der Frage, wie das genau ausgestaltet werden soll, dürften die Meinungen dann wieder auseinandergehen.
Filz ist ja auch der Einzige Grund wieso diese Partei noch existiert.
Hoffen wir für die Schweiz dass die Mitte im Herbst die FDP überholt und die Filz-Partei endlich ihren zweiten Bundesratssitz verliert.