Die Schweiz, ein einig Volk von Investorinnen und Investoren? Nicht ganz, aber es geht gerade stark in diese Richtung. Im Auftrag des weltgrössten Vermögensverwalters BlackRock untersuchte das Forschungsinstitut YouGov das Investitionsverhalten in Europa. Die Studie zeigt: Der Zuwachs an Menschen, die ihr Geld investieren, war in den letzten Jahren enorm. Gleichzeitig geht die Studie davon aus, dass sich dieser Trend auch in Zukunft fortsetzen wird.
Europaweit können sich 2024 über 10 Prozent mehr Menschen «Investorin» oder «Investor» nennen als noch vor zwei Jahren. Während der Zuwachs in Grossbritannien am höchsten war, bewegt sich die Schweiz mit 11 Prozent im Durchschnitt – obwohl sie sich bereits auf einem sehr hohen Niveau befindet.
Die Schweiz ist nämlich eine der Anleger-Hochburgen in Europa: 45 Prozent der Befragten halten mindestens ein Anlageprodukt – der höchste Prozentsatz der Anleger nach den skandinavischen Märkten, wo es teils mehr als jede zweite Person ist. «In der Schweiz sowie in den skandinavischen Ländern ist die Anlegerbasis wesentlich sachkundiger als im übrigen Europa. Das hat die Studie gezeigt», erklärt Etienne Weber von BlackRock.
Woher kommt der starke Anstieg in den letzten Jahren?
«Demografisch gesehen sind die Generation Z, die Millennials und die Frauen die grossen Treiber hinter dieser Entwicklung», so Weber.
Konkret ist der Anteil der Schweizer Frauen, die ihr Geld investieren, im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Fünftel gestiegen (19 Prozent). Aber auch mehr junge Menschen werden zu Anlegern: Bei den 18- bis 24-Jährigen war der Zuwachs mehr als ein Drittel (36 Prozent), bei den 25- bis 34-Jährigen fast ein Fünftel (19 Prozent).
Dieser Anstieg unter Jungen und Frauen sei erfreulich, sagt Etienne Weber von BlackRock. «Frauen werden finanziell immer unabhängiger, und das äussert sich auch in dieser Studie.» Trotzdem dürfe man nicht vergessen: Beim Thema Investieren gebe es noch immer einen grossen «Gender Gap»: «Nur knapp jede dritte Frau in der Schweiz investiert ihr Geld, während es unter den Männern mehr als jeder zweite ist.»
YouGov wollte von den europäischen Investorinnen und Investoren auch wissen, wie sie ihr Geld investieren. In der Schweiz ergab sich folgendes Bild: Aktien und Wertpapiere sind für die meisten Anleger nach wie vor die erste Wahl. Allerdings ist dies auch die einzige Anlageform, die seit 2022 rückläufig ist (minus fünf Prozent).
Den grössten Sprung innerhalb der letzten zwei Jahre machten die Anleihen. Das dürfte an den veränderten Umständen liegen: Da ab dem Frühjahr 2022 die Zinsen wieder deutlich zu steigen begannen, wurden Anlageprodukte wie Staatsanleihen wieder deutlich attraktiver – in der Schweiz wuchsen sie um 77 Prozent seit 2022.
Einen grossen Zuwachs erlebten auch die Kryptowährungen. Gemäss BlackRock sind diese heute quasi Mainstream: Europaweit hält mehr als jede fünfte Person, die ihr Geld investiert, Kryptowährungen. In der Schweiz sogar noch mehr: 34 Prozent der Anleger besitzen Kryptowährungen gegenüber 22 Prozent in ganz Europa.
Was zudem auffällt, ist die wachsende Beliebtheit von ETFs – besonders unter Schweizerinnen und Schweizern. Die Schweiz hat den zweithöchsten Anteil an ETFs in Europa: 29 Prozent aller Personen, die ihr Geld investieren, halten ETFs, verglichen mit durchschnittlich 20 Prozent in ganz Europa.
Wie oben stehende Grafik zeigt, sind es vor allem die Frauen, welche die wachsende Beliebtheit von ETFs prägen.
Das Angebot von verschiedenen ETFs hat in den letzten Jahren zugenommen: Von Geldmarkt-ETFs über Aktien-ETFs, Rohstoff-ETFs, bis hin zu Bitcoin-ETFs und sogenannten Fixed-Income-ETFs (ein Portfolio von festverzinslichen Wertpapieren wie z.B. Staatsanleihen), ist die Auswahl heute enorm. Etienne Weber erklärt, weshalb die börsengehandelten Fonds sonst noch so beliebt sind:
Als Hauptgrund für den deutlichen Anstieg an Investorinnen und Investoren nennt die Studie das Aufkommen und die Verbreitung von Digitalplattformen und Online-Banken. «Heute sind die Kosten, die man aufwenden muss, um an den Finanzmärkten tätig zu sein, deutlich tiefer als noch vor ein paar Jahren», erklärt Weber. Online-Banken sorgen dabei für tiefere sogenannte Markteintrittsbarrieren: Tiefere Kosten und eine einfachere Handhabung sorgen für eine wachsende Partizipation an den Finanzmärkten.
Trotzdem gibt es noch immer viele Leute, die ihr Geld lieber nicht anlegen wollen. Laut Studie ist dies einerseits aufgrund fehlenden Wissens. Andererseits geben viele an, nicht über genügend Geld zu verfügen. Gemäss Weber von BlackRock sei das aber in den meisten Fällen ein Irrglaube: «Diese Sorge bestätigt eine gewisse Lücke im Finanzwissen auf, da viele Menschen nicht wissen, dass sie auch mit kleinen Beträgen investieren können.» Im Gegensatz zu früher könne man heute mit tiefen Beträgen wie 10, 50 oder 100 Franken pro Monat am Finanzmarkt teilnehmen.
Die wachsende Bedeutung von Online-Banken hat unter anderem zur Folge, dass sich auch die Beratung grundlegend verändert. «Wir sehen eine klare Entwicklung in Richtung selbständiges Anlegen über digitale Plattformen und weg von der persönlichen Beratung durch Bankangestellte oder Finanzberater», sagt Weber. «Dieser Trend dürfte auch in Zukunft noch weiter zunehmen.»
Eine wichtige Rolle spielen dabei die sogenannten Robo-Advisors. Diese sind eine Art digitaler, automatisierter Bankberater, erklärt Etienne Weber, die von den meisten Digitalbanken angeboten werden. Zunächst gibt man seine eigenen Daten an und beantwortet Fragen, wie zum Beispiel zu Alter und Beruf, wie viel Geld man bereit ist zu investieren und was man damit erreichen will, welche Pläne man im Leben verfolgt und ob man risikobereit oder eher risikoavers ist. «Danach stellt Ihnen der Robo-Advisor ein Portfolio zusammen, das so gut wie möglich zu Ihnen passt.»
Diese Variante ist zwar sehr zugänglich und wird in Zukunft laut Weber eine immer wichtigere Rolle spielen, ist aber möglicherweise nicht für jede Anlegerin geeignet. Aus diesem Grund dürften Anlageberater auch weiterhin von Bedeutung sein.
Ganz ehrlich, einfach ein World ETF macht schon 6%. Wünsche allen viel Erfolg!
Ein Absatz spricht explizit nur von Anleger und der letzte Absatz nur von Anlegerin und Bankberater. Diese Schreibweise kann doch nicht Euer ernst sein?! 🤷