Die Credit-Suisse-Aktien haben sich am Montag mit einem weiten Sprung von fast sechs Prozent über die viel- beachtete Kursmarke von 10 Franken hinweggesetzt. Für Aufsehen sorgte eine kurzfristige Einladung zum diesjährigen Investorentag, der bereits am kommenden Donnerstag in London stattfinden soll. Die Bank überraschte damit nicht nur die eingeladenen Finanzanalysten, sondern vor allem auch die Anleger. Diese warten zunehmend ungeduldig auf gute Neuigkeiten und von dem anstehenden Anlass scheinen sie sich nun einiges zu versprechen.
«Die Erwartungen sind offensichtlich riesig», meint ein hochrangiger Schweizer Grossbankenmanager im Gespräch mit CH Media. Von einer Abspaltung der Investment Bank ist allenthalben die Rede. Auch über die Auswechslung des derzeitigen Konzernchefs Thomas Gottstein wird hier und dort gemunkelt.
Beides wären Paukenschläge, mit denen sich der erst Ende April zum neuen Verwaltungsratspräsident gewählte António Horta-Osório nach innen wie nach aussen als starken Mann in der angeschlagenen Grossbank profilieren könnte. Nach der zehnjährigen Ära Urs Rohner wünschen sich Aktionäre, Mitarbeitende und nicht zuletzt auch die Aufsichtsbehörden endlich einen mutigen, zupackenden und vor allem sachkundigen Präsidenten.
Der 56-jährige Portugiese, der vor seiner Ankunft in Zürich die in der Finanzkrise entgleiste britische Lloyds Bank wieder in die Spur zurückbrachte, gibt für alle, die das Trauerspiel der traditionsreichen Schweizer Grossbank nicht länger mit ansehen möchten, eine dankbare Projektionsfläche ab.
Doch profunde Kenner der Alfred-Escher-Bank sind sich ziemlich sicher, dass AHO, wie der Präsident intern genannt wird, am Donnerstag keine dicken Stricke zerreissen und schon gar keine Wunder ankündigen wird. Daniele Brupbacher, Bankenanalyst bei der UBS, rechnet mit «verkraftbaren» statt mit «radikalen» Veränderungen. Der langjährige Branchenbeobachter verweist auf die in den nächsten Jahren weiter stark steigenden Kapitalanforderungen und gibt zu bedenken, dass das Schweizer Stammhaus für einen abermaligen, teuren Grossumbau des Konzerns zu knapp mit Eigenmitteln ausgestattet sein könnte.
Ein vormaliger Credit-Suisse-Topmanager sagt, die Einnahmen der Bank lägen schon jetzt deutlich unter dem Niveau, welches das Institut aufgrund seiner Ausdehnung und Struktur eigentlich erreichen müsste. Einen substanziellen Rückbau der Investment Bank erwartet er ebenso wenig wie ein Verkauf des Asset Managements, wo die Greensill-Pleite fast zeitlich mit dem Archegos-Debakel für potenzielle Milliarden-Verluste gesorgt hat.
Ein aktiver Top-Manager einer Schweizer Grossbank betont die «nach wie vor sehr grosse Bedeutung» der Investmentbank innerhalb des Credit-Suisse-Konzerns. Dieser sei mit Kundenvermögen von rund 1000 Milliarden Franken als Vermögensverwalterin zwar gut doppelt so gross wie der Lokalrivale Julius Bär aber doch mehr als dreimal kleiner als die UBS. Diese hat soeben vorgemacht, wie stark sich der vom Börsenboom getriebene Anstieg der Volumen in dem Skalengeschäft auf die Gewinne auswirken kann.
Die befragten Beobachter rechnen unisono nicht mit weiteren Einschnitten, sondern erwarten viel eher Massnahmen, die geeignet sind, das Wachstum der Bank zu fördern. Eine solche Ankündigung wäre aber kaum griffig genug, um die hochfliegenden Erwartungen der Anleger zu erfüllen. Aber vielleicht zaubert AHO ja doch noch eine dicke Überraschung aus dem Hut. Einen neuen CEO zum Beispiel. (bzbasel.ch)