Mit ihrer Tätigkeit wird die Serafe AG nie einen Beliebtheitspreis gewinnen: Das Unternehmen erhebt die Radio- und TV-Gebühr, die seit Anfang 2019 jeder Haushalt entrichten muss egal, ob darin ein Radio, ein Fernseher oder ein anderes Empfangsgerät steht.
Die Serafe zieht den Unmut vieler Gebührenzahler aber auch aus einem anderen Grund auf sich: Nach wie vor verschickt die Billag-Nachfolgerin scharenweise fehlerhafte Rechnungen. Manchmal figurieren darauf zum Beispiel Personen, die zwar im gleichen Haus, aber nicht im gleichen Haushalt wohnen.
Pro Monat landen deshalb 5000 Beanstandungen auf dem Tisch der Firma, wie der Bundesrat in der Antwort auf eine Interpellation von Nationalrat Gregor Rutz schreibt. Immerhin: Tendenziell sinkt die Zahl der fehlerhaften Rechnungen und beträgt weniger als 1.5 Prozent pro Monat.
Der Bundesrat stärkt der Serafe AG nun den Rücken und macht die Einwohnerdienste für die Turbulenzen um die Rechnungen verantwortlich. Die richtige Adressierung hänge von der richtigen Datenlieferung der Gemeinden ab, hält er fest.
Und: «Die Serafe ist darauf angewiesen, dass sie jeden Monat korrekte, aktuelle Daten von den Gemeinden bekommt, da sie nur mit diesen Daten arbeiten darf.» Serafe-Sprecher Erich Heynen argumentiert ähnlich: «Die Rechnungen können maximal so gut sein wie die gelieferte Datenqualität», sagt Sprecher Erich Heynen.
Am Ursprung der falschen Rechnungen liegt ein Systemwechsel. Bei der Billag mussten sich die Haushalte selber anmelden. Ergo stimmten die Personenangaben. Seit dem Systemwechsel versendet die Serafe die Rechnungen aufgrund der Haushaltsdaten, die sie von den Einwohnerdiensten erhält. Der Bundesrat ortet nun das Hauptproblem bei fehlerhaften Gebäude- und Wohnungsidentifikationen. Die Serafe habe dieses Problem aber genauestens analysiert, um den Einwohnerdiensten eine möglichst präzise Rückmeldung geben zu können.
Die Serafe ihrerseits lobt in ihrem Jahresbericht die Gemeinden für stetige Verbesserungen. Viele seien stolz, dass sie sich dank fehlerfreien Daten wichtigeren Bürgeranliegen zuwenden dürften anstatt der Korrektur von Haushaltsdaten. Dennoch schiebt die Serafe einen derzeit einen Berg von rund 73'000 hängigen Anfragen zur Haushaltsbildung, zum Inkasso-Rhythmus und anderen Themen vor sich her.
Zudem beklagen sich Kunden über lange Wartezeiten, wie das SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» berichtete. Sprecher Heynen entgegnet, ausserhalb der erste drei Tage unmittelbar nach den monatlichen Rechnungszustellungen seien in den Call Center praktisch keine Wartezeiten mehr zu verzeichnen.
Carmela Schürmann ist stellvertretende Leiterin des Personemeldeamts der Stadt Zürich und Präsidentin des Verbandes der Schweizerischen Einwohnerdienste. Die Gemeinden erhielten noch immer häufig Anfragen wegen Serafe-Rechnungen. Sie sagt aber: «Wir führen die Einwohnerregister korrekt.»
Es stört sie deshalb, wenn die Gemeinden als Problemquelle ausgemacht werden. Schürmann weist darauf hin, dass allein in der Stadt Zürich jeden Monat über 10'000 neue Zu-, Um- und Wegzüger zählt. Es komme also zu Überschneidungen zwischen neuen und alten Mietern, die überdies zwei Wochen Zeit hätten, sich bei der Gemeinde neu anzumelden. Zudem würden die zuständigen Behörden auch die Gebäude und Wohnungsregister nicht immer in Echtzeit aktualisieren.
Kurzum: Für Schürmann ist klar, dass das Phänomen der fehlerhaften Rechnungen mit der gewählten Erhebungsmethode nie ganz verschwinden wird und den Gemeinden ein Mehraufwand bleiben wird. Auch sie stellt aber Verbesserungen fest.
Mit dem Wechsel auf die flächendeckende Radio- und TV-Gebühr entfällt für die Serafe die Aufgabe, Schwarzseher und -hörer zu ertappen. Ganz von der Bildfläche sind diese aber nicht verschwunden. Der Grund: In den ersten fünf Jahren nach Inkrafttreten des Systemwechsel können totale Radio- und TV-Abstinenzler ein Gesuch stellen, um von der Abgabe von derzeit 365 Franken befreit zu werden.
Bis Ende März dieses Jahres profitierten 5151 Haushalte von dieser Option. In Stichproben prüft das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) aber, ob diese wirklich rein sind von allen technischen Errungenschaften, die daheim oder unterwegs Medienkonsum erlauben. Bis jetzt ertappte das Bakom 36 Schwarzseher und -hörer.
Die höchstmögliche Busse beträgt 5000 Franken. Zum schärfsten Mittel, zu Hausdurchsuchungen, musste der Bund nicht greifen, wie Sprecherin Silvia Canova mitteilt. Zum Vergleich: Noch im letzten Jahr unter dem Billagregime enttarnten deren Kontrolleure knapp 1000 fehlbare Haushalte.
- Gemeinden können nix dafür
- Serafe kann nix dafür
Also muss es der böse Konsument sein. An ungepflegten Datenbanken in verstaubten Büros kann es nicht liegen. Natürlich! Wie konnte ich nur sowas denken...
Spitze Zungen würden dieses 'Geschäftsmodell' auch geschäftsmässigen Betrug nennen.