Der Zeitpunkt des ersten Nati-Spiels an der WM könnte ungewöhnlicher kaum sein. Anpfiff ist am nächsten Donnerstag um 11 Uhr. Spätherbst, Wochentag und am frühen Mittag. Zusätzlich gibt es hüben wie drüben Boykott-Aufrufe für die WM in Katar. Kauft unter diesen Umständen überhaupt irgendwer Fan-Artikel? Wir haben uns bei den Verkäufern umgehört und haben ziemlich überraschende Antworten bekommen.
Im Normalfall seien EM und WM wichtige Ereignisse für die Migros-Tochter SportXX, sagt Mediensprecher Marcel Schlatter. «Im sogenannten Non-Food-Bereich sind globale Sportanlässe, insbesondere die beiden grossen Fussballturniere, umsatztreibend.»
Deshalb bietet SportXX dieses Jahr eine breite Palette an Fan-Artikeln an. Etwa auch Kappen, um sich gegen die tiefen Temperaturen zu schützen. «Es gibt wohl keine Rekord-WM», sagt Schlatter, gibt aber zu bedenken, dass der «Hype meist erst mit dem Beginn eines Turniers» beginne. Es sei deshalb noch schwierig, eine Prognose zu erstellen.
Anruf bei Iten Sport in Wetzikon: «Es ist jetzt nicht so, dass sie uns die Bügel aus der Hand reissen», erzählt uns Markus Iten. Aber der Verkauf von Nati-Shirts laufe gar nicht so schlecht. «Da kommt täglich etwas weg.» Nachgefragt würden auch vermehrt Trainer oder Jacken, was sicher an der speziellen Jahreszeit liege. Den Umständen entsprechend ist Iten mit den Verkäufen zufrieden. «Aber es ist kein Vergleich mit einer Sommer-WM.»
Ähnlich klingt es beim Sportshop Timeout in Uster. «Dafür, dass überhaupt keine WM-Euphorie spürbar ist, läuft der Verkauf ganz okay», teilt der Laden mit. Die Ausgangslage sei eine komplett andere wie bei einer Sommer-WM. Denn nun setze das Geschäft stark auf den Wintersport. Fussball-Artikel können so weniger prominent ausgestellt werden wie in den Sommer-Monaten.
Ein Ladenhüter sind die Nati-Shirts jedenfalls nicht, wie es die vielen Boykott-Aufrufe vermuten lassen könnten. «Die Verkäufe von Fussball-Fan-Artikeln entsprechen unseren momentanen Erwartungen», heisst es seitens Decathlon.
Bei Taurus Sport in Kloten ist man sogar «überrascht», wie gut die Trikots weggehen. Bei den Sommer-Turnieren laufe der Verkauf zwar deutlich besser. Wenn man aber bedenke, dass im Moment gar keine Fussballstimmung auf den Strassen zu erkennen sei, laufe das Geschäft gar nicht so schlecht.
«Zufrieden» ist man auch bei Intersport Cordara in Solothurn. Die Nachfrage habe in den letzten Tagen deutlich angezogen. «Seit einer Woche verkaufen wir viele Nati-Shirts», teilt uns der Laden mit.
Ist bei den Fussball-Fans also doch eine gewisse Euphorie ausgebrochen? Die Antworten von Ochsner Sport, dem offiziellen Fan-Shop der Schweizer Nati, deuten in diese Richtung. Der Verkauf von Schweizer Trikots sei «vergleichbar mit den Zahlen, welche im Vorfeld der vergangenen grossen Turniere erzielt wurden», teilt Mediensprecherin Patrizia Fiechter mit.
Entscheidend für den Umsatz mit Fan-Artikeln wird aber vor allem sein, wie sich Xhaka, Akanji und Co. auf dem Feld präsentieren. «Der Löwenanteil der Fanartikel wird erst nach dem Start der WM abgesetzt», sagt Fiechter von Ochsner Sport. «Besonders die Performance der Schweiz spielt dabei eine signifikante Rolle, ob eine Euphorie auf die hiesigen Fussballfans entfacht wird.»
Das sieht auch Markus Iten so. «Wenn die Nati weiterkommt und Sommer wieder einen Penalty hält, dann reissen sie uns die Shirts wieder aus den Händen!»