Man könnte es als Aromat der Medizin bezeichnen: Denn wie das Streugewürz in den meisten Schweizer Küchenregalen stehen dürfte, so beliebt ist das Pulver hierzulande bei vielen Personen im Kampf gegen Grippesymptome.
Doch vor rund einem Jahr geriet die britische Herstellerfirma Haleon in die Kritik. Grund war ein neuer Neocitran-Werbespot, der ein stereotypes Frauenbild bediente. Denn gezeigt wurde eine Mutter, die sich um die ganze Familie kümmert. Als sie krank wird, hört man die kleine Tochter sagen: «Ich würde mir wünschen, dass sich Mama auch mal zu sich selber schaut.» Die Lösung ist nicht ein umsorgender Partner oder eine Partnerin, kein entspannendes Bad in Ruhe, sondern natürlich Neocitran. Das helfe, so die Werbestimme, «damit es dir wieder besser geht und du dich auch um andere kümmern kannst».
Valérie Vuille, Expertin für Gleichberechtigungsfragen, bezeichnete den Spot als problematisch und sexistisch. Die Grundbotschaft des Clips an Mütter laute: «Ihr habt kein Recht, krank zu sein, im Bett zu liegen und um euch selber zu kümmern. Ihr müsst immer eine rasche Lösung finden, um euch wieder um andere zu kümmern.»
Eine Haleon-Sprecherin sagte darauf, dass der Firma die Kritik leidtue. Man wolle auf keinen Fall ein ungleiches Geschlechterrollenbild sich zunutzemachen oder gar propagieren. Ob Haleon aber auch der eigentliche Spot leidtat, liess die Firma offen.
Derzeit läuft die neue Werbekampagne von Neocitran. Und siehe da: Die PR-Filme wurden angepasst. Die Mutter muss sich – wie in der ersten Version – nicht auch noch um die Grossmutter sorgen. Und der Werbespruch zum Schluss wurde geändert. Neu heisst es nur noch: «Damit es dir wieder besser geht.» Die Fürsorgepflicht wurde somit gestrichen. Ausserdem gibt es neu auch ein Werbevideo mit einem männlichen Fussballtrainer in der Hauptrolle als Grippepatient. Der ursprüngliche Clip ist derweil online nicht mehr verfügbar.
Haleon nimmt auf Anfrage zu den getätigten Anpassungen keine Stellung und will auch nicht sagen, welche Lehren man aus der Kritik gezogen habe. Ein Sprecher sagt bloss: «Wir möchten an dieser Stelle nochmals darauf hinweisen, dass uns Diversität, Gleichheit und Inklusion sehr am Herzen liegen.» Die Firma unterstütze die Bekämpfung von Stigmatisierung und Diskriminierung und unternehme viel, um die Interessen von Frauen bei Haleon zu unterstützen. (aargauerzeitung.ch)
Gender-Expertin Valérie Vuille, Direktorin der Genfer Organisation Décadrée, hat natürlich recht. Man kann den Spot so auslegen, wie sie sagt. Nur, mir Dummbolzen wäre das gar nie aufgefallen. Ich fand den Spot eigentlich unproblematisch.
Sie hat recht, aber das wir das wieder national diskutieren müssen, ist doch reichlich übertrieben.
Ich hätte jetzt lieber ein veganes, schwules Pärchen, das konsequent ÖV fährt, keine Ölheizung hat, sich im WWF engagiert und täglich Sport treibt, im Spot sehen wollen.