2024 neigt sich dem Ende zu – Gott sei Dank, ist man versucht zu sagen – und eine mittlerweile etablierte Tradition verlangt, dass wir zum Ausklang des Jahres eine Sammlung von schönen Bildern aus dem All präsentieren. Die Auswahl ist wie immer willkürlich, und wer ein hübsches Weltraumbild gefunden hat, darf es gern in den Kommentaren posten.
Los geht's!
Diese neonblau-weiss-goldene Schönheit ist das Resultat der Supernova Cassiopeia A – ein expandierender Ball aus Materie und Energie, den ein explodierter Roter Überriese ausgestossen hat. Das Gebilde, das einen Durchmesser von etwa 10 Lichtjahren hat, umhüllt einen Ort relativer Ruhe im Zentrum des Supernova-Überrests. Durch das Loch in der Mitte erinnert es an einen gigantischen, knisternden, elektrisch blauen Donut.
Dieser junge Sternhaufen in der Kleinen Magellanschen Wolke, einer Satellitengalaxie der Milchstrasse, heisst prosaisch NGC 602. NASA-Poeten entdecken hier «Regenbögen und Einhörner», wie im Begleittext zum Bild steht. Hier hat das James-Webb-Weltraumteleskop erstmals Kandidaten für Braune Zwerge ausserhalb unserer eigenen Galaxie gefunden. Braune Zwerge sind ein Mittelding zwischen Planeten und Sternen: Sie haben in der Regel eine Masse von etwa 13 bis 75 Jupitern und sind damit zu klein, als dass in ihrem Inneren die Wasserstofffusion in Gang kommen könnte, aber schwer genug für den Beginn der Deuteriumfusion.
M104 ist eine Spiralgalaxie im Sternbild Jungfrau. Sie ist unter dem Namen «Sombrero-Galaxie» bekannt, wobei sie in dieser Aufnahme des James-Webb-Weltraumteleskops weniger hutförmig wirkt als in den Aufnahmen des Hubble-Teleskops im sichtbaren Licht.
Das aus Aufnahmen des Chandra-Röntgenobservatoriums, des Hubble- und des James-Webb-Weltraumteleskops zusammengesetzte Bild zeigt die Galaxie NGC 3627. Die Galaxie, die wir in einem leichten Winkel sehen, ist 36 Millionen Lichtjahre entfernt und gilt wegen der rechteckigen Form ihres Zentralbereichs als Balkenspiralgalaxie – wie auch unsere Milchstrasse. Vermutlich sind Balkenspiralen nur ein vorübergehendes Stadium in der Entwicklung von Galaxien; sie formen sich im Laufe der Zeit zu «regulären» Spiralgalaxien aus.
Das ist Westerlund 1, der massivste Sternhaufen, der bisher in unserer Galaxie entdeckt wurde. Er enthält ungefähr das 50'000- bis 100'000-fache der Sonnenmasse in einer vergleichsweise kleinen Region, deren Durchmesser weniger als sechs Lichtjahre misst. Westerlund 1 enthält so viele massereiche Sterne, dass sich in diesem Sternhaufen in einem Zeitraum von weniger als 40 Millionen Jahren mehr als 1500 Supernovae ereignen werden. Wäre unser Sonnensystem Teil von Westerlund 1, würde der Nachthimmel von hunderten Sternen erhellt, die alle so hell leuchten wie der Vollmond.
Hier sehen wir WR 124, einen seltenen Typ eines Wolf-Rayet-Sterns. Er befindet sich im Zentrum einer aufgewühlten Windwolke in Rot und Violett; die sechs symmetrischen und zwei waagrechten Strahlen, die von ihm ausgehen, sind sogenannte Beugungsspitzen. Mit ihrer staubigen rosa Färbung und dem hellen, schimmernden Stern in ihrem Kern ähnelt die Windwolke dem Inneren einer zarten Blume mit sich öffnenden Blütenblättern.
Dieser Wolkenkomplex namens Rho Ophiuchi befindet sich in einer Entfernung von etwa 390 Lichtjahren von der Erde. Diese Sternentstehungsregion ist mit Gas und Staub gefüllt sowie mit Sternen unterschiedlicher Grösse und unterschiedlichen Alters. Die trübe grün-goldene Wolke erinnert an einen geisterhaften Kopf im Profil, der von links oben herabhängt und Haarsträhnen hinter sich herzieht.
Mehr als 320 Millionen Lichtjahre von uns entfernt bewacht ein kosmischer Pinguin sein Ei. Der Pinguin ist die Spiralgalaxie NGC 2936, das Ei die elliptische Galaxie NGC 2937. Die beiden Galaxien befinden sich in einer kosmischen Umarmung – sie verschmelzen seit dutzenden Millionen Jahren und werden dereinst eine einzige Galaxie bilden. Der Pinguin und sein Ei sind «nur» noch etwa 100'000 Lichtjahre voneinander entfernt. Zum Vergleich: Unsere Milchstrasse trennen rund 2,5 Millionen Lichtjahre von der Nachbargalaxie Andromeda, mit der sie in ferner Zukunft ebenfalls verschmelzen wird.
Das Webb-Teleskop gestattet uns einen Blick auf den äusseren Rand der Milchstrasse: Digel Cloud 2S ist 58'000 Lichtjahre vom Zentrum der Galaxis entfernt (zum Vergleich: Unser Sonnensystem ist 26'000 Lichtjahre vom Zentrum entfernt). Die Astronomen nennen diese Region die «Extreme Outer Galaxy». In den roten Molekülwolken leuchtet in der Bildmitte ein Hauptsternhaufen, der neu entstandene Sterne enthält, rechts darüber befindet sich ein Sub-Sternhaufen.
Hier sehen wir eine gigantische gasförmige Höhle innerhalb der etwa 7600 Lichtjahre entfernten Sternentstehungsregion NGC 3324 im Carinanebel. Der höhlenartige Bereich ist das Resultat der intensiven ultravioletten Strahlung und der Sternwinde von extrem massereichen, heissen, jungen Sternen im Zentrum der Blase. Die energiereiche Strahlung trägt den goldgelben Nebel ab und formt so Hohlräume.
In der Reihe der schönsten Weltraumbilder darf er nicht fehlen: der Krebsnebel, der Überrest einer Supernova, die im Jahr 1054 auf der Erde beobachtet wurde. In dieser Aufnahme des Webb-Weltraumteleskops ist erstmals auch das Licht, das vom Staub in dem 6200 Lichtjahre entfernten Nebel ausgeht, in hoher Auflösung kartiert. Im Gegensatz zu anderen Supernova-Überresten, bei denen sich der Staub im Zentrum konzentriert, sammelt sich der Staub des Krebsnebels in den dichten Filamenten der äusseren Hülle.
Ein Paar feuriger Augen starrt uns hier an. In Wirklichkeit handelt es sich um die Kerne zweier Galaxien – die kleinere links ist IC 2163, die grössere ist NGC 2207. Die kleinere Spiralgalaxie ist dabei, hinter der grösseren vorbeizuziehen. Möglicherweise zieht dieses Galaxienpaar im Laufe von vielen Millionen Jahren immer wieder aneinander vorbei; irgendwann könnten sie schliesslich völlig miteinander verschmelzen. Dann hätten sie im Zentrum nur noch ein – dafür noch helleres – «Auge».
Diese Aufnahme des Webb-Teleskops zeigt einen Protostern – ein junger Stern, der sich noch in seiner Entstehungsphase befindet. Der erst rund 100'000 Jahre alte Protostern liegt in der weiss leuchtenden Mitte der Gas- und Staubwolke, die wie eine Sanduhr aussieht. Die Aufnahme des Mittelinfrarot-Instruments ist mit Farben des für uns sichtbaren Bereichs koloriert: Blau steht für kohlenstoffreiche Moleküle und Rot hebt den Protostern und die sich bildende Scheibe um ihn herum hervor. Die weissen Bereiche stellen eine Mischung aus Kohlenwasserstoffen, ionisiertem Neon und dickem Staub dar. Wenn der Protostern älter wird, verschluckt er einen Grossteil der Wolke und schiebt den Rest weiter weg. Dann wird er massereicher und viel leichter zu sehen sein.
Die Balken-Spiralgalaxie NGC 1566 befindet sich in knapp 60 Millionen Lichtjahren Entfernung im Sternbild Schwertfisch (Dorado). Sie ist am Südhimmel zu sehen und hat einen Durchmesser von etwa 170'000 Lichtjahren – deutlich mehr als die Milchstrasse, deren Durchmesser etwa 100'000 Lichtjahre beträgt. Es handelt sich um eine sogenannte Seyfert-Galaxie, in deren Zentrum sich ein enormes Schwarzes Loch befindet, das gigantische Mengen von Materie anzieht. Diese sammelt sich in einer Akkretionsscheibe, die sich auf extrem hohe Temperaturen aufheizt und starke elektromagnetische Strahlung aussendet – das helle Auge im Zentrum der Galaxie.
Das Fragezeichen, das wir hier erkennen können, ist die Folge eines kosmischen Lupeneffekts durch einen massiven Galaxienhaufen. Dessen enorme Schwerkraft lenkt das Licht von dahinter liegenden Objekten ab, sodass sie mehrfach erscheinen – es handelt sich um den sogenannten Gravitationslinseneffekt. Es sind drei Galaxien, die dieses kosmische Fragezeichen bilden: eine frontale Spirale und eine staubige rote Galaxie, die miteinander interagieren, sowie eine mit diesen beiden nicht verbundene Galaxie, die sich zufällig am richtigen Ort befindet, um von uns als Punkt des Fragezeichens gesehen zu werden. Während die Spirale bereits vom Hubble-Teleskop beobachtet wurde, hat erst das Webb-Teleskop die rote Staubgalaxie sichtbar gemacht.
Danke Dani und ein wundervolles, gesundes neues Jahr!