Es ist das stärkste Indiz für die Existenz von ausserirdischem Leben, das bisher gefunden wurde: Astronomen haben auf einem «nur» 124 Lichtjahre entfernten Exoplaneten zwei chemische Verbindungen nachgewiesen, die auf der Erde einzig von Organismen produziert werden.
Der Exoplanet K2-18b – auch bekannt unter der Bezeichnung «EPIC 201912552 b» – wurde vor zehn Jahren vom Weltraumteleskop Kepler im Sternbild Löwe entdeckt und ist eine potenziell lebensfreundliche Wasserwelt, die zur Klasse der Sub-Neptune gehört. Das sind Planeten, die kleiner als der Neptun, aber grösser als die Erde sind. K2-18b hat die 8,6-fache Erdmasse und den 2,7-fachen Radius der Erde.
Der Exoplanet umkreist in nur 33 Tagen einen leuchtschwachen roten Zwergstern – und zwar in dessen habitabler Zone. Dies ist der Bereich, in dem es für das Vorkommen von flüssigem Wasser weder zu heiss noch zu kalt ist, was als wichtigste Voraussetzung für die Möglichkeit von Leben gilt. In der Tat gibt es auf K2-18b Wasserdampf, wie das Weltraumteleskop Hubble 2019 nachweisen konnte.
Bei den chemischen Verbindungen, die jetzt mithilfe des James-Webb-Teleskops entdeckt wurden, handelt es sich um Dimethylsulfid und Dimethyldisulfid, also um Schwefelverbindungen. Sie seien die vielversprechendsten «Hinweise», dass es tatsächlich Leben auf K2-18b gebe, schreiben die Wissenschaftler – ein britisch-amerikanisches Forschungsteam – in ihrer Studie, die in «The Astrophysical Journal Letters» veröffentlicht wurde.
Bereits im vergangenen Jahr waren mithilfe von Daten des James-Webb-Teleskops Methan und Kohlendioxid in der Atmosphäre von K2-18b nachgewiesen worden. Es war das erste Mal, dass Moleküle auf Kohlenstoffbasis in der Atmosphäre eines Exoplaneten in der bewohnbaren Zone entdeckt wurden. Eine schwache Signatur wies darauf hin, dass in der Atmosphäre von K2-18b auch Dimethylsulfid vorkommt – eine Verbindung, die es auch in der irdischen Atmosphäre gibt, und zwar in grossen Mengen. Auf der Erde sind es Meereslebewesen, meist Phytoplankton, die jährlich Millionen von Tonnen der Schwefelverbindung erzeugen.
Das Vorhandensein von Dimethylsulfid in der Atmosphäre eines Exoplaneten wie K2-18b, auf dem es einen Ozean aus flüssigem Wasser und eine Wasserstoffatmosphäre gibt, gilt als mögliche Biosignatur, die auf Leben hindeutet. Allerdings war das Signal zu schwach, um die Entdeckung von ausserirdischem Leben zu verkünden. Zudem hätte es sich bei den spärlichen Daten um einen statistischen Ausreisser handeln können.
Die aktuelle Studie bestätigt nun aber die Signatur – es handelt sich mitnichten um einen statistischen Ausreisser. Zudem wurde auch Dimethyldisulfid gefunden. Diese Schwefelverbindung kommt auf der Erde etwa in Stinkmorcheln vor und gilt ebenfalls als Biomarker. «Das ist der stärkste Hinweis auf biologische Aktivität abseits unseres Sonnensystems bis jetzt», erklärt der Astrophysiker Nikku Madhusudhan von der Universität Cambridge in einer Mitteilung seiner Forschungsgruppe.
Die Verlässlichkeit des Resultats ist hoch – die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei dieser Spektralsignatur dieser Schwefelverbindungen nur um einen Zufall oder Messfehler handelt, liegt bei lediglich rund 0,3 Prozent. «Das Signal war stark und klar», betont Madhusudhan. «Damit haben wir jetzt einen unabhängigen Beweis, mit einem anderen Messinstrument als zuvor und in einem anderen Wellenbereich des Lichts.»
Die Konzentration der beiden Schwefelverbindungen auf K2-18b ist überdies mit mehr als zehn Teilen pro Million tausendmal höher als auf der Erde, schätzen die Astronomen. «Diese Mengen deuten auf eine sehr starke biologische Aktivität auf dem Planeten hin», stellt Madhusudhan fest. «Angesichts dessen, was wir bisher über diesen Planeten wissen, könnte der Ozean dieser Wasserwelt vor Leben nur so wimmeln.»
Noch handelt es sich allerdings nicht um einen endgültigen Nachweis ausserirdischen Lebens: Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch andere Mechanismen dazu führen könnten, dass Dimethylsulfid und Dimethyldisulfid in die Atmosphäre gelangen – beispielsweise geologische Vorgänge. «Vielleicht gibt es Prozesse, von denen wir nichts wissen, die diese Moleküle produzieren», räumt Madhusudhan ein. «Aber ich glaube nicht, dass es einen bekannten Prozess gibt, der dies ohne Biologie erklären kann.»
«Ausserordentliche Behauptungen erfordern ausserordentliche Beweise», hat der Astrophysiker Carl Sagan einst gesagt. Die Astronomen betonen denn auch, es seien noch weitere Schritte nötig, um den Nachweis ausserirdischen Lebens zu bestätigen. So darf die Wahrscheinlichkeit, dass die Messungen lediglich Zufall waren, nur 0,00006 Prozent betragen. Allerdings könnte schon die Beobachtung von wenigen weiteren Transits von K2-18b vor seinem Stern ausreichen, um diesen Wert zu erreichen.
Madhusudhan glaubt dennoch, dass mit der aktuellen Entdeckung eine kritische Schwelle überschritten sein könnte. Er sagt: «Jahrzehnte später werden wir vielleicht auf diesen Zeitpunkt zurückblicken und erkennen, dass damals das belebte Universum in greifbare Nähe rückte.»
Bei 8.7 facher Erdmasse, ist auch die Schwerkraft dementsprechend höher. Leben an Land hätte es buchstäblich sehr schwer.
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