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Die Rückseite des Mondes ist kälter als die Vorderseite

Vorderseite (l.) und Rückseite des Mondes.
Die Vorderseite (l.) und die Rückseite des Mondes unterscheiden sich auch optisch deutlich voneinander.Bild: NASA

Rätsel gelöst: Warum die Rückseite des Mondes kälter ist als die Vorderseite

Wir wissen nur wenig über die mysteriöse Rückseite des Mondes. Astronomen haben nun etwas Licht ins Dunkel gebracht: Sie ist kälter als die Vorderseite – und zwar nicht nur an der Oberfläche.
03.10.2025, 06:0903.10.2025, 13:03

Der Mond hat zwei Gesichter: Das eine, uns vertraute, wendet er stets der Erde zu; das andere, unbekannte, bildet die stets von der Erde abgewandte Rückseite. Dies ist so, weil die Umlaufzeit unseres Trabanten und seine eigene Rotationszeit aufgrund der sogenannten gebundenen Rotation exakt gleich sind. Erst 1959 konnte die Menschheit einen Blick auf die verborgene Rückseite werfen – die sowjetische Mondsonde Luna 3 sendete Funkbilder von 70 Prozent der rückwärtigen Oberfläche.

Erstes Foto der erd­ab­ge­wand­ten Seite des Mondes durch Luna 3 vom 7. Okto­ber 1959.
https://de.wikipedia.org/wiki/Luna_3#/media/Datei:Luna_3_moon.jpg
Das erste Foto der erd­ab­ge­wand­ten Seite des Mondes durch Luna 3 vom 7. Okto­ber 1959.Bild: Wikimedia

Mittlerweile wissen wir mehr über die «Dark Side of the Moon» – eine Bezeichnung, die übrigens irreführend ist, denn die Rückseite ist aufgrund eines höheren Rückstrahlvermögens (Albedo) bei Neumond heller als die Vorderseite bei Vollmond. Neue Erkenntnisse hat etwa ein Forschungsteam des University College London (UCL) und der Universität Peking aus Bodenproben gewonnen, die im vergangenen Jahr von der chinesischen Raumsonde Chang'e 6 aus einem riesigen Krater auf der Rückseite entnommen wurden. Es handelt sich um die ersten Bodenproben von der Rückseite. Die Studie des Teams ist in Nature Geoscience veröffentlicht worden.

Chang'e 6 mockup exhibited at the 2024 International Astronautical Congress celebrated in Milan, Italy.
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=154076969
Modell der Chang'e-6-Raumsonde. Bild: Wikimedia/BugWarp

Sie bestätigt frühere Erkenntnisse, wonach das Gestein etwa 2,8 Milliarden Jahre alt ist. Das Forschungsteam untersuchte 300 Gramm Mondboden, der hauptsächlich aus Basaltkörnern besteht. Mit Hilfe einer Ionensonde massen die Wissenschaftler kleine Schwankungen in Blei-Isotopen und konnten so das Alter des Gesteins bestimmen (eine Technik, die auf der Tatsache beruht, dass Uran mit konstanter Geschwindigkeit zu Blei zerfällt).

Die Analyse der chemischen Zusammensetzung der Mineralien ergab, dass das Gestein wahrscheinlich aus glühend heissem Magma tief im Inneren des Mondes entstanden ist. Das Magma war zum Zeitpunkt, als sich das Gestein bildete, etwa 1100 Grad Celsius heiss – das ist rund 100 Grad kühler als das Magma auf der Vorderseite des Mondes, wie vergleichbare Proben von dort zeigten. Die Wissenschaftler folgten mehreren verschiedenen Untersuchungsmethoden, kamen aber immer auf einen Temperaturunterschied von etwa 100 Grad.

Unterschiede auch tief im Inneren

«Die Vorder- und Rückseite des Mondes unterscheiden sich stark in ihrer Oberfläche und möglicherweise auch in ihrem Inneren. Wie das genau funktioniert, ist noch ein grosses Rätsel. Wir sprechen auch von einem zweigesichtigen Mond», erklärt Professor Yang Li in einer Mitteilung des UCL. «Wir vermuteten schon seit Längerem, dass es einen grossen Temperaturunterschied zwischen dem Mantel auf der Vorder- und Rückseite gibt, aber unsere Studie liefert den ersten Beweis mit echten Proben.» Die Entdeckung zeigt, dass die Unterschiede zwischen Vorder- und Rückseite nicht nur an der Oberfläche bestehen, sondern auch tief im Inneren.

An der Oberfläche sind die Unterschiede zwischen der Vorder- und Rückseite des Mondes deutlich zu erkennen: Die Rückseite hat eine dickere Kruste, ist bergiger und stärker mit Kratern übersät. Ausserdem scheint sie weniger vulkanisch gewesen zu sein, mit weniger dunklen Basaltflächen, die aus alter Lava entstanden sind. Dass der Kern auf der Rückseite kälter ist, könnte daran liegen, dass dort weniger Elemente vorhanden sind, die durch radioaktiven Zerfall Wärme abgeben, wie Uran, Thorium und Kalium.

Verschiedene Erklärungsansätze

Für die ungleiche Verteilung dieser Elemente gibt es verschiedene Erklärungsansätze. So könnte ein riesiger Asteroid oder ein planetenähnliches Objekt die Rückseite getroffen haben, wodurch das Innere des Mondes durcheinandergebracht wurde und dichtere Materialien mit mehr wärmeerzeugenden Elementen auf die Vorderseite verschoben wurden. Eine andere Theorie besagt, dass der Mond in seiner frühen Geschichte mit einem zweiten, kleineren Mond kollidiert sein könnte. Die Proben von der Vorder- und Rückseite würden dann von zwei thermisch unterschiedlichen Monden stammen. Möglicherweise könnte aber auch die Schwerkraft der Erde die Vorderseite erwärmt haben.

Der Temperaturunterschied zwischen den beiden Seiten des Mondes wird wahrscheinlich noch sehr lange bestehen bleiben, da sich der Mond seit seiner Entstehung – laut der gängigen Theorie bildete er sich aus den Trümmern, die bei der Kollision zwischen der Erde und einem marsgrossen Protoplaneten freigesetzt wurden – nur sehr langsam abkühlt. (dhr)

So schön sieht ein «Blut-Blau-Super-Mond» aus

Video: srf/Roberto Krone
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40 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ABWESEND
03.10.2025 08:04registriert September 2024
der Titel sagt: Rätsel gelöst!

der letzte Absatz sagt: Verschiedene Erklärungsansätze...

wenn man verschiedene Theorien hat, dann ist doch das Rätsel noch nicht gelöst?
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El_Chorche
03.10.2025 08:31registriert März 2021
Weil diese Seite des Mondes zur Erde zeigt und ich trotz maximaler Heizung das Fenster offen lasse.
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40
Rätsel gelöst: Warum die Rückseite des Mondes kälter ist als die Vorderseite
Wir wissen nur wenig über die mysteriöse Rückseite des Mondes. Astronomen haben nun etwas Licht ins Dunkel gebracht: Sie ist kälter als die Vorderseite – und zwar nicht nur an der Oberfläche.
Der Mond hat zwei Gesichter: Das eine, uns vertraute, wendet er stets der Erde zu; das andere, unbekannte, bildet die stets von der Erde abgewandte Rückseite. Dies ist so, weil die Umlaufzeit unseres Trabanten und seine eigene Rotationszeit aufgrund der sogenannten gebundenen Rotation exakt gleich sind. Erst 1959 konnte die Menschheit einen Blick auf die verborgene Rückseite werfen – die sowjetische Mondsonde Luna 3 sendete Funkbilder von 70 Prozent der rückwärtigen Oberfläche.
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