Wildtierkameras sind eine tolle Sache. Sie zeichnen, ohne dabei invasiv zu sein, die Wunder der Natur auf: Marder beim Liebesspiel oder einen Igel, der hinter dem Komposteimer Leckereien sucht. Natürlich zeichnen Wildtierkameras auch die weniger wundrigen Dinge der Natur auf. Und das sind Hauskatzen, die auf die Wiese kacken.
Immerhin: Wir haben nun den Bildbeweis, welcher Stubentiger uns fast täglich ein Präsent vor dem Trampolin hinterlässt. Überrascht waren wir nicht: Es war der von uns verdächtigte und so süsse wie durchtriebene Jungkater Jürgen*.
*Name von der Redaktion geändert.
Etwas überraschter waren wir allerdings bei der Betrachtung der Videos vom Morgen danach. Eine diebische Elster (Pica pica) macht sich über den Haufen her, schnappt sich mit dem Schnabel ein stolzes Stück und macht sich davon. Was die Elster mit dem Stückchen Jürgen-Kot anstellt, entzieht sich der Brennweite unserer Kamera – und damit auch unserer Kenntnis. Wir sind baff. Schliesslich dachten wir, dass sich Elstern vor allem um die schönen und funkelnden Dinge im Leben kümmern. Was hat es mit diesem Verhalten auf sich?
Martina Schybli, Pressesprecherin der Schweizerischen Vogelwarte, hat zum Verhalten unserer Elster zwei Thesen. Die erste, ich hoffe, du bist nicht gerade beim Zmittag: «Die Elster wollte den Kot möglicherweise fressen. Dies wurde zumindest im Falle von Hundekot schon beobachtet». Die zweite These: «Als Mitglied der Familie der Rabenvögel verfügt die Elster über einen gewissen Sammeltrieb. Dieser ist zwar längst nicht so ausgeprägt wie beispielsweise beim Eichelhäher, aber es kann schon vorkommen, dass die Elster Nahrung oder andere Objekte sammelt. Dass auch Ausscheidungen dazu gehören, wurde wenigstens mit Hundeexkrementen bereits beobachtet. Es besteht also die Möglichkeit, dass diese Elster den Kot an einem anderen Ort wieder versteckt».
Schyblis Thesen werden durch Martin Rümmler, Referent für Vogelschutz des deutschen Naturschutzbundes, auf Anfrage gestützt: «Meine Vermutung geht dahin, dass sie den Kot als Nahrungsquelle sieht. In der Tierwelt ist das Phänomen der Koprophagie, also des Kotverzehrs, nicht unüblich. Oft sind Nahrungsbestandteile im Kot ungenügend aufgeschlossen oder die Ausscheidungen sind mit wertvollen Darmbakterien und deren Metaboliten angereichert. Dass Krähenvögel gezielt Kot als Nahrungsquelle nutzen, habe ich persönlich noch nicht gehört. Denkbar wäre es aber. Gerade die Rabenvögel, zu denen die Elster gehört, sind sehr neugierig und erfinderisch. Vielleicht ist es ein Tier, das die Vorzüge von Katzenkot für sich entdeckt hat. Es wäre auch denkbar, dass sie einfach nur damit ‹spielt›».
Wofür die Elster den Kothaufen indes mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht benutzt: für den Nestbau. «Dafür ist nicht die richtige Jahreszeit», erklärt Martina Schybli. «Die Nester werden im März und April gebaut.»