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Deutsche Krebsstudie: Sozialer Status entscheidend bei Krebsrisiko

Die Probandin Nancy Nedess liegt am Freitag (08.10.10) in Dresden in der Onkologie des Krankenhauses Dresden-Friedrichstadt zu Demonstrationszwecken fuer eine Strahlenbehandlung zur Tumorbekaempfung m ...
Eine Frau unterzieht sich einer neuartigen Strahlenbehandlung.Bild: AP dapd

Deutsche Studie: Sozialer Status entscheidet offenbar über Krebsrisiko

07.08.2023, 19:0407.08.2023, 20:49
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Der sozioökonomische Status beeinflusst das Krebsrisiko – zu diesem Schluss kommt zumindest ein deutsches Forschungsteam. In einer Studie wurden Bezirke in acht Bundesländern auf deren sozioökonomischen Status geprüft und mit der Anzahl an Krebs-Neuerkrankungen verglichen.

Die Bezirke wurden dabei je nach sozioökonomischem Status in fünf Quintile – also fünf Kategorien mit je der gleichen Anzahl an Einheiten – eingeteilt. Für die Berechnung dieses Status sind Faktoren wie Einkommen, Beschäftigungsquote, Ausbildung, Umwelt und Sicherheit entscheidend. Die höchste Kategorie ist dabei vor allem in Bayern präsent, während das schlechteste Quintil (Q5) im Saarland und im restlichen südlichen Westen Deutschlands prävalent ist. Die neuen Bundesländer (ehemals DDR) sowie Baden-Württemberg und Hessen waren mangels kompletter Datenlage nicht Teil der Untersuchung.

Sozioökonomische Deprivation Deutschland.
Die einzelnen in der Studie verwendeten Bezirke und deren Klassifizierung in die verschiedenen Quintile.Bild: international Journal of cancer

Die Krebs-Neuerkrankungen der Bezirke wurden anschliessend auf die passenden Quintile verteilt und miteinander verglichen.

Die Ergebnisse

Die gute Nachricht zuerst: In allen Quintilen nahm die Anzahl an Krebs-Neuerkrankungen ab. Allerdings ist der Rückgang nicht in allen gleich gross: Das bestgestellte Quintil hat die geringste Anzahl Krebserkrankungen. Diese Zahl nimmt dann mit jeder sozioökonomischen Kategorie ab – und das mit der Zeit immer stärker: Zwar beobachtete man die Entwicklung bereits 2007, aber 2018 haben sich die Unterschiede zwischen den sozioökonomischen Klassen sogar nochmals verstärkt.

2007 lag der Unterschied zwischen dem bestgestellten und dem tiefsten Quintil bei der totalen Anzahl an Krebs-Neuerkrankungen noch bei 6 Prozent, 2018 lag der Unterschied dann schon bei 22 Prozent.

Am extremsten sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen sozioökonomischen Klassen beim Lungenkrebs: Bereits 2007 gab es in den sozial schwächeren Regionen im Schnitt 44 Prozent mehr Fälle von Lungenkrebs. Diese Zahl hat sich bis 2018 aber fast verdoppelt und lag da bei 84 Prozent.

Die Gründe

Anders als man vermuten würde, so die Autoren der Studie, liege der Grund für die Unterschiede nicht an einer medizinischen Unterversorgung. So seien in den sozial schwächeren Regionen gleich viele Ärztinnen und Ärzte sowie medizinische Einrichtungen vorhanden wie in den bessergestellten Regionen. Viel entscheidender sind laut der Studie andere Faktoren, wie mangelnde Bewegung, schlechte Essgewohnheiten und die stärkere Tendenz der sozial schlechter gestellten Bevölkerung zu rauchen.

Das Problem sei deshalb die mangelnde Bildung und Sensibilisierung rund um das Thema Krebs. Aus diesem Grund plädieren die Studienautoren für Interventionen, die einen gesünderen Lebensstil propagieren. Allgemein fordern sie zudem eine bessere Umsetzung von regelmässigen Screenings für alle Bevölkerungsgruppen.

(ear)

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70 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Yolanda Hecht
07.08.2023 19:32registriert Juni 2022
Dass die Armen in Gegenden mit mehr Verkehr, dreckigerer Luft, grösserem Lärm, schlechteren, kleineren Wohnungen leben, ungesündere Arbeiten machen, sich weniger leisten können, .... spielt natürlich keine Rolle.
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Phrosch
07.08.2023 19:34registriert Dezember 2015
Zu den schlechten Essgewohnheiten trägt wohl auch bei, dass qualitativ gute Lebensmittel teurer und nicht überall gleich gut verfügbar sind.
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baumgrt
07.08.2023 19:54registriert März 2014
Interessant wäre, ob lokale Risikofaktoren herausgerechnet wurden. Gerade bei Krebs gibt es oft regionale Häufungen bestimmter Typen, z. B. weil es in der Nähe eine Emissionsquelle wie eine Verbrennungsanlage, ein Tagebau usw. gibt/gab, welche die lokale Bevölkerung überproportional belastet, oder ein grosser industrieller Arbeitgeber. Gerade solche industriellen Gebiete (auch ehemalige) zeichnen sich oft auch durch niedrigeren sozioökonomischen Status der Bevölkerung aus. Wenn die Studie ordentlich gemacht wurde, sollte das berücksichtigt sein, andernfalls führt das zu falschen Schlüssen.
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