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Der erste aufrecht gehende Vorfahre des Menschen lebte im Allgäu

Künstlerische Darstellung des Hominiden Danuvius guggenmosi
So könnte Danuvius guggenmosi ausgesehen haben. Bild: Christoph Jäckle/Universität Tübingen

Der erste aufrecht gehende Vorfahre des Menschen lebte vor 12 Millionen Jahren im Allgäu

07.11.2019, 14:0507.11.2019, 14:31
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Forscher haben in Süddeutschland einen neuen Vorfahren des Menschen entdeckt. Der aufrechte Gang und die gemeinsamen Vorfahren des Menschen sowie des Menschenaffen entwickelten sich möglicherweise in Europa, wie aus einer Studie eines internationalen Forschungsteams unter der Leitung einer Tübinger Paläontologin hervorgeht, die am Mittwoch im wissenschaftlichen Fachmagazin «Nature» veröffentlicht wurde.

Die Forscherin Madelaine Böhme entdeckte in der Tongrube «Hammerschmiede» im Landkreis Ostallgäu in Bayern Fossilien einer bislang unbekannten Primatenart, die dort vor fast zwölf Millionen Jahren lebte. Die versteinerten Überreste des Danuvius guggenmosi lassen demnach den Schluss zu, dass er sich auf zwei Beinen und kletternd fortbewegen konnte. Die Fähigkeit, aufrecht gehen zu können, gilt als zentrales Merkmal des Menschen.

A man holds bones of the previously unknown primate species Danuvius guggenmosi in his hand in Tuebingen, Oct.17, 2019. Palaeontologists have discovered fossils in southern Germany that shed new light ...
Knochen eines Danuvius guggenmosi. Bild: AP

Die Forscher kommen zum Schluss, dass Menschenaffen bereits vor zwölf Millionen Jahren aufrecht gehen konnten. Bislang galten sechs Millionen Jahre alte Funde auf Kreta und in Kenia als älteste Belege für den aufrechten Gang.

«Die Funde aus Süddeutschland sind ein Meilenstein der Paläoanthropologie, denn sie stellen unsere bisherige Sichtweise auf die Evolution der grossen Menschenaffen und des Menschen grundlegend in Frage», erklärte Böhme.

Bis heute ist unklar, wie sich die Fähigkeit der Fortbewegung auf zwei Beinen entwickelte. Theorien sprechen dafür, dass sie sich aus einer vierbeinigen Fortbewegung wie bei Meerkatzen oder hangelnd wie bei Orang-Utans entwickelt haben könnte. Möglich ist aber auch, dass sie sich durch den Knöchelgang entwickelte – ähnlich wie bei Schimpansen oder Gorillas. Für die zahlreichen Hypothesen der vergangenen 150 Jahre fehlten oft fossile Beweise.

Karte des Fundorts von Danuvius guggenmosi.
Der Fundort der Fossilien liegt im Ostallgäu. Karte: Nature.com

Ähnlichkeiten mit Bonobos

Die Fossilien des Danuvius guggenmosi entdeckten die Forscher zwischen 2015 und 2018. Die Funde konnten mindestens vier Individuen zugeordnet werden. Das am besten erhaltene Skelett eines männlichen Danuvius guggenmosi ähnelt einem Bonobo. «Zum ersten Mal konnten wir mehrere funktionell wichtige Gelenke – darunter Ellbogen, Hüfte, Knie und Sprunggelenk – in einem einzigen fossilen Skelett dieses Alters untersuchen», erklärte Böhme.

Da die Arm- und Beinknochen vollständig erhalten waren, konnten die Forscher die Fortbewegung rekonstruieren. Demnach konnte der Danuvius guggenmosi auf zwei Beinen gehen und klettern wie ein Menschenaffe. Körperbau, Körperhaltung und Fortbewegungsweise seien für einen Primaten einzigartig.

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Durch eine abgespreizte Zehe habe er grosse und kleine Äste sicher greifen können. Diese Ergebnisse liessen den Schluss zu, dass sich der aufrechte Gang des Menschen vor zwölf Millionen Jahren in Bäumen entwickelte. Der Danuvius guggenmosi war etwa einen Meter gross. Weibchen dürften etwa 18 Kilogramm gewogen haben, Männchen 31 Kilogramm. (sda/afp)

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35 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Glenn Quagmire
07.11.2019 16:11registriert Juli 2015
Danach ging der Danuvius guggenmosi nach Thüringen und entwickelte sich nicht weiter.
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Kloddz
07.11.2019 14:21registriert September 2015
Jetzt habe ich doch tatsächlich zuerst "Aargau" gelesen...
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Erlins Bach
07.11.2019 17:38registriert Mai 2019
Das sind eigentlich bad news, denn der aufrechte Gang ermöglichte die Entwicklung des Gehirns, folglich begann diese auch schon vor 12 Mio. Jahren. Unsere Dummheit ist also auf einen Schlag doppelt so alt geworden und kann nicht länger als "Kinderkrankheit" entschuldigt werden.
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