Einst waren sie die unbestrittenen Herrscher der Lüfte: die Flugsaurier (Pterosauria). Mit ihrer enormen Flügelspannweite – sie konnte bis zu dreizehn Meter betragen – waren sie die grössten Tiere, die sich jemals in den Luftraum der Erde erhoben. Wie aber konnten diese gigantischen Tiere, von denen einige bis zu 200 Kilogramm wogen, eigentlich vom Boden abheben? Dieses Rätsel der Paläontologie könnte nun gelöst sein.
Ein Team von Wissenschaftlern der University of Bristol, der Liverpool John Moores University, der Universidade Federal do ABC und der University of Keele hat ein Computermodell entwickelt, um das Problem zu untersuchen, wie Flugsaurier abgehoben haben könnten. Die in PeerJ veröffentlichte Studie baut auf jahrelangen Analysen und Modellierungen der Art und Weise auf, wie Muskeln und Knochen zusammenarbeiten, um Bewegungen bei anderen Tierarten zu ermöglichen.
Die Forscher testeten drei verschiedene Methoden: einen vertikalen Sprung, bei dem nur die Beine zum Einsatz kommen, wie es bei vornehmlich am Boden lebenden Vögeln der Fall ist; einen weniger vertikalen Sprung, bei dem ebenfalls nur die Beine eingesetzt werden, ähnlich wie bei den Sprüngen von Vögeln, die oft fliegen; und einen vierfüssigen Sprung, bei dem auch die Flügel verwendet werden, ähnlich wie bei der Startbewegung einer Fledermaus. Durch die Nachahmung dieser Bewegungen wollten die Forscher verstehen, welche Starttechnik erforderlich ist, um die Tiere in die Luft zu bringen.
«Unsere Modelle zeigen, dass die Pterosaurier wahrscheinlich mehr auf alle vier Gliedmassen angewiesen waren, um abzuheben – im Gegensatz zu den Vögeln, die hauptsächlich ihre Hinterbeine benutzen», erklärt Forschungsleiter Ben Griffin in einer Mitteilung der University of Bristol. Das bedeutet, dass die fliegenden Reptilien wahrscheinlich sowohl die Beine als auch die Flügel benutzten, um sich in die Luft zu katapultieren. Sie wandten daher eine Starttechnik an, die jener ähnelt, mit der sich Fledermäuse vom Boden lösen.
«Für grössere Tiere ist das Fliegen eine viel grössere Herausforderung», sagt Griffin. «Das macht die Flugfähigkeit der riesigen Pterosaurier so besonders faszinierend.» Die Forscher hoffen, dass ihre Studie, die sich mit einer der schwierigsten Fragen zur Biomechanik der Flugsaurier befasst, nicht nur das Wissen über diese ausgestorbenen Tiere vertieft, sondern auch umfassende Einblicke die Art und Weise bietet, wie grosse Tiere flogen und wo ihre Grenzen lagen.
Die Studie zeige durch Vergleiche mit modernen Vögeln und Fledermäusen, welche beeindruckenden evolutionären Anpassungen zum Fliegen erforderlich waren, stellen die Wissenschaftler fest. Dies erweitere unser Verständnis der faszinierenden Anpassungen und Strategien dieser prähistorischen Flieger. (dhr)