Jahrhundertelang dominierte die Zivilisation der Maya bedeutende Teile Mittelamerikas. Nachdem die klassische Periode im 10. Jahrhundert mit dem Kollaps der grossen Städte im südlichen Tiefland – grösstenteils im heutigen Guatemala gelegen – endete, bildeten sich im Norden der Halbinsel Yucatán im heutigen Mexiko und im Hochland neue Maya-Zentren. Von diesen stieg Mayapán ab etwa 1100 zur mächtigsten Stadt des nördlichen Siedlungsbereichs auf. Monumentale Tempel und Pyramiden erhoben sich in ihrem Zentrum; eine rund neun Kilometer lange Mauer schützte die zwischen 15'000 und 20'000 Einwohner.
Doch um die Mitte des 15. Jahrhunderts wurde Mayapán verlassen. Die einst so mächtige Stadt, politisches und kulturelles Zentrum Yucatáns, wurde während bürgerkriegsähnlichen Wirren zerstört, die zwischen 1441 und 1461 ihren Höhepunkt erreichten. Die Institutionen brachen völlig zusammen, die überlebenden Bewohner gaben die Stadt auf.
Ein internationales Forscherteam um den Archäologen Douglas Kennett von der University of California hat nun die Ursachen für den Niedergang der Stadt untersucht. Seine Studie, die im Wissenschaftsmagazin «Nature Communications» erschienen ist, gibt deutliche Hinweise darauf, dass eine langanhaltende Dürre für den Untergang Mayapáns verantwortlich war. Dieser Befund zeigt, wie fundamental der Einfluss des Klimas auf die Stabilität einer Gesellschaft sein kann.
«Indem wir Klimadaten mit historischen Quellen und archäologischen Funden zusammenlegen, ergibt sich ein erstaunlich detailreiches Bild der Maya-Gesellschaft vor 800 Jahren in Mittelamerika. Und das zeigt: Schon damals beeinflusste sich wandelndes Klima die menschliche Zivilisation ganz erheblich», erklärt Norbert Marwan vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), der an der Studie beteiligt war.
Die grosse Dürre zwischen 1400 und 1450, die Mayapán heimsuchte, ist kein isoliertes Ereignis. Im 14. und 15. Jahrhundert verschlechterte sich auch in Europa und im Nahen Osten das Klima im Zuge der beginnenden sogenannten Kleinen Eiszeit. Epidemien und Missernten führten zu Bevölkerungsrückgang und gesellschaftlichen Krisen. So starben etwa auch die Grænlendingar, die europäischen Siedler auf Grönland, um 1500 aus, weil sie sich nicht an die verschlechterten klimatischen Bedingungen anpassen konnten. In Mittelamerika kam es zeitgleich zur Dürre in Mayapan auch zu einer extremen Trockenheit in Zentralmexiko, die eine schwere Hungersnot im Aztekenreich verursachte.
Das Forschungsteam sammelte Klimadaten, die 1000 Jahre zurückreichen, unter anderem durch Analysen von Höhlenmineralen, beispielsweise in Stalagmiten. Diese Paläoklima-Daten glichen die Wissenschaftler mit schriftlichen Aufzeichnungen – etwa über Gewalttaten – in historischen Dokumenten ab. Überdies untersuchten sie ausgegrabene menschliche Überreste auf Spuren von Gewalt.
Die Auswertung der Daten ergab, dass vermehrte Niederschläge mit einer Bevölkerungszunahme in Mayapán korrelierten. So wuchs die Stadt ab etwa 1100, wobei um 1200 und 1350 jeweils ein Höhepunkt in der Bevölkerungsdichte erreicht wurde. Im Gegenzug gingen spätere Rückgänge der Niederschläge mit einer Abnahme der Bevölkerung einher; um 1450 gab es in Mayapán nur noch wenige Einwohner.
Zugleich kam es zu vermehrten Konflikten, unter anderem auch in der gesellschaftlichen Elite der Stadt. Dies zeigt die Untersuchung von Massengräbern aus unterschiedlichen Zeiten. Zwei dieser Gräber aus dem späten 14. Jahrhundert enthielten zahlreiche Skelette von Menschen, die eines gewaltsamen Todes gestorben waren; ihre Knochen waren zum Teil zerhackt und verbrannt worden. Auch in einem Grab, das nach 1400 angelegt wurde, fanden sich solche Überreste.
Die Wissenschaftler sehen diese Funde als Beleg dafür, dass es zu gewalttätigen Konflikten zwischen verschiedenen Gruppierungen kam. Die Phase der Dürre dürfte dazu geführt haben, dass bereits bestehende gesellschaftliche Spannungen in Mayapán sich verschärften und in gewalttätige Auseinandersetzungen mündeten, sodass die politische Ordnung destabilisiert und die Stadt schliesslich aufgegeben wurde.
Anfällig war die Landwirtschaft in Mayapán aufgrund der starken Abhängigkeit des Maisanbaus von ausreichenden Niederschlägen. Möglichkeiten zur Bewässerung existierten kaum, und auch grössere Speicher für das Getreide gab es nicht. Die Probleme wurden obendrein durch Machtkämpfe zwischen den politisch führenden Familien verschärft.
Gleichwohl führte der Untergang von Mayapán nicht zum völligen Niedergang der Maya-Zivilisation. Die überlebenden Einwohner der Stadt seien nach deren Zusammenbruch in kleinere Städte abgewandert, vermuten die Wissenschaftler. Diese kleineren Zentren hätten sich besser an die schlechteren klimatischen Bedingungen anpassen können und damit für eine regionale Widerstandsfähigkeit gesorgt, die es ermöglichten, dass die politischen und wirtschaftlichen Strukturen der Maya-Gesellschaft noch bis ins 16. Jahrhundert erhalten blieben. Erst die spanische Eroberung ab 1517, die erst um 1697 wirklich abgeschlossen war, erschütterte die Maya-Kultur tief und veränderte sie grundlegend.
Die Studienautoren stellen in ihrem Papier einen Bezug zur Gegenwart her: Im Hinblick auf die gegenwärtige Klimaerwärmung weisen sie darauf hin, dass mangelnde Nahrungssicherheit, soziale Unruhen und durch Dürreperioden verursachte Migration in bestimmten Gebieten von Zentralamerika schon heute ein Problem darstellten. Das Verständnis der komplexen Beziehungen zwischen natürlichen und sozialen Systemen sei wichtig, zumal bei der Rolle, die der Klimawandel in Dürregebieten bei der Verschärfung von innenpolitischen Spannungen und Fraktionsdenken spiele, warnen die Forscher. (dhr)
Ich hab schon viel gelesen über diese Hochkulturen.