Wir Menschen haben in der Regel keine grosse Mühe, einen Hund als Hund zu erkennen. Dabei ist das keine Selbstverständlichkeit: Keine andere Tierart weist auch nur annähernd einen solchen Variantenreichtum auf. Von der riesigen Deutschen Dogge über den schlappohrigen Beagle bis zum winzigen Chihuahua gibt es eine schier unübersichtliche Vielzahl von kaninen Erscheinungsformen. Sie alle gehören zur Wolf-Unterart Canis lupus familiaris.
Diese Explosion der Formen ist das Ergebnis menschlichen Gestaltungswillens. Vor mindestens 20'000 Jahren – vielleicht sogar vor 100'000 Jahren – hat der Mensch den Hund domestiziert und seither für verschiedene Aufgaben gezüchtet.
Die extremen Unterschiede in Form und Grösse hindern unsere vierbeinigen Freunde aber nicht daran, sich jederzeit als Angehörige derselben Art zu erkennen. Die Hunde benutzen dafür ihren hervorragenden Geruchssinn: Sie identifizieren einander in erster Linie über den typischen Duft als Hunde, unabhängig vom Äusseren.
Doch sind Hunde auch ohne die Hilfe ihres superben Riechorgans in der Lage, einander als Artgenossen zu erkennen? Sieht ein Bernhardiner in einem Mops den Hund – reicht der Anblick eines anderen Hundes, um ihn als Verwandten zu identifizieren?
Französische Wissenschaftler führten dazu ein Experiment durch: Sie brachten zuerst neun Hunden bei, anzuzeigen, wenn sie einen Artgenossen erkannten. Danach zeigten sie diesen Hunden jeweils zwei Bilder. Auf einem davon waren Hunde abgebildet, auf dem andern dagegen waren andere Tierarten oder auch Menschen zu sehen.
Die neun Hunde lösten die Aufgabe mit Bravour: Sie alle konnten ihre Artgenossen einzig anhand ihres Aussehens zweifelsfrei als Artgenossen erkennen, und zwar auch dann, wenn es sich um ziemlich ausgefallene Züchtungen handelte.
Offenbar besitzen die Vierbeiner eine Art Sinn dafür, was vom Aussehen her in die Kategorie «Hund» fällt. An welchen spezifischen Merkmalen sie ihre Artgenossen identifizieren, konnten die Forscher jedoch nicht herausfinden. Dies soll das Ziel eines nächsten Experiments sein.
(dhr)