An unserem Nachthimmel leuchten nicht nur die Sterne, sondern auch der Mond und andere Planeten. Im Unterschied zu den Sonnen strahlen sie nicht selber, sondern reflektieren das Licht unseres Zentralgestirns. Dies ist auch bei der Erde der Fall – sie wirft einen Teil des kurzwelligen Sonnenlichts zurück ins All. Im Mittel sind es rund 30 Prozent der einfallenden Sonnenstrahlung. Das Mass für diese Rückstrahlung ist die sogenannte planetarische Albedo, die den entsprechenden Wert mit einer Zahl zwischen 0 und 1 angibt (bei der Erde also mit 0,3).
Wie viel Licht reflektiert wird, hängt davon ab, auf welche Oberfläche die Lichtstrahlen treffen. Besonders Schnee und Eis können Licht stark reflektieren – bis zu 90 Prozent. Auch Wolken reflektieren Licht, allerdings mit 50 bis 80 Prozent in etwas geringerem Mass als Schnee oder Eis. Dunklere Oberflächen wie Wasser und Boden absorbieren hingegen 80 bis 90 Prozent des Lichts und erwärmen sich dadurch. Entsprechend ändert sich die Albedo, je nachdem, wie viel Eis, Schnee und Wolken auf der Erde vorhanden sind. Im Nordwinter ist sie beispielsweise höher, da auf der nördlichen Hemisphäre mehr Land liegt und hier diese Faktoren jahreszeitlich stärker schwanken.
Da der Anteil des Lichts, der ins All zurückgeworfen wird, einen Einfluss auf die Temperatur auf der Erde hat, besteht auch ein Zusammenhang zwischen Albedo und Klimaerwärmung – und zwar in beiden Richtungen: Je weniger Licht reflektiert wird, desto mehr erwärmt sich die Erde; je wärmer die Erde ist, desto weniger Eis und Schnee sind vorhanden. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte positive Rückkopplung.
Genau dies scheint derzeit der Fall zu sein, wie eine neue Studie des New Jersey Institute of Technology zeigt, die im Fachmagazin «Geophysical Research Letters» erschienen ist. Die Forscher um Phil Goode analysierten Daten des Big Bear Solar Observatory in Südkalifornien aus dem Zeitraum von 1998 bis 2017 zum Erdschein, der vom Mond zurückgeworfen wird. Zusätzlich werteten sie Daten des CERES-Instruments der Aqua- und Terra-Erdbeobachtungssatelliten aus. Daneben wurden noch Daten zur Sonnenaktivität in der Studie berücksichtigt.
Sie ermittelten dabei, dass die Erde gemäss den Erdschein-Messungen aktuell rund ein halbes Watt weniger Energie pro Quadratmeter reflektiert als 1998, also dunkler geworden ist. Die stärkste Abnahme erfolgte in den letzten drei Jahren. Die Satellitendaten, deren Tendenz mit jener der Erdscheindaten übereinstimmt, zeigen sogar eine noch stärkere Abnahme.
Die Veränderungen der Albedo korrelierten nicht mit der periodischen Sonnenaktivität, wie die Forscher schreiben. Die Abnahme der Helligkeit müsse daher mit Faktoren auf der Erde selber zu tun haben. Auf der Suche nach möglichen Ursachen griffen Goode und sein Team auf Satellitenmessungen im Rahmen des NASA-Projekts Clouds and the Earth’s Radiant Energy System (CERES) zurück, die in den letzten Jahren einen Rückgang der hellen, reflektierenden tiefliegenden Wolken über dem östlichen Pazifischen Ozean westlich der Küste des amerikanischen Kontinents feststellten. Genau dort konnten auch deutliche Temperaturanstiege der Meeresoberfläche festgestellt werden.
Die Forscher vermuten, dass die Erwärmung der Ozeane dafür verantwortlich ist, dass es weniger dieser subtropischen Meereswolken gibt, die bis zu 60 Prozent der Sonneneinstrahlung reflektieren und damit eine wichtige Rolle für die Stärke der irdischen Albedo und die Klimaregulierung spielen. Unklarheit herrscht allerdings drüber, ob es natürliche Klimaschwankungen oder anthropogene, also von Menschen verursachte Veränderungen sind, die zur Erwärmung der Region geführt haben.
Die Albedo der Erde wird in hohem Mass durch die Bewölkung bestimmt. Der Astrobiologe Edward Schwieterman von der University of California at Riverside (UCR), der nicht an der Studie beteiligt war, hält den Rückgang der subtropischen Wolken über dem Ostpazifik für bedenklich. Viele Wissenschaftler hätten für eine Weile gehofft, so Schwieterman, dass eine wärmere Erde zu einer stärkeren Bewölkung führen könnte und so zu einer höheren Albedo, was die Klimaerwärmung gebremst und das Klimasystem stabilisiert hätte. Der Befund der Studie zeige jedoch, dass das Gegenteil der Fall sei. (dhr)