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Potz Hopfen und Malz! Das Reinheitsgebot wird 500. Zeit, das bayrische Biergesetz zu würdigen ...

Hopfen ist eng mit Cannabis verwandt, enthält aber kein THC (Tetrahydrocannabinol).
Hopfen ist eng mit Cannabis verwandt, enthält aber kein THC (Tetrahydrocannabinol).Bild: profifoto.ch/Michael Kessler

Potz Hopfen und Malz! Das Reinheitsgebot wird 500. Zeit, das bayrische Biergesetz zu würdigen ...

Den Bayern verdanken wir das älteste Lebensmittel- und Konsumentenschutz-Gesetz der Welt: das Reinheitsgebot. Dieses Wochenende wird in Deutschland das 500-Jahr-Jubiläum gefeiert, am nächsten Freitag ist Tag des Schweizer Bieres.
23.04.2016, 13:0023.04.2016, 14:30
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Die deutsche Braubranche sticht an diesem Wochenende ein Fass an: Am Samstag feiert das bayerische Reinheitsgebot seinen 500. Geburtstag. Aber auch auf die Schweiz hat das älteste Konsumentenschutz-Gesetz der Welt, das noch in Kraft ist, seine Auswirkungen gehabt. Dazu gleich mehr.

Das Reinheitsgebot hatte in Deutschland zweierlei Zwecke zu erfüllen:

  • Einerseits diente es der Abwehr von Hungersnöten. Mit der Verfügung, für das Bierbrauen Gerste zu verwenden, wollte man den Weizen den Bäckern fürs Brotbacken reservieren.
  • Andererseits diente das Gebot dem Konsumentenschutz. Denn den vorher gebrauten so genannten Grutbieren waren Lorbeer, Ingwer, Anis, Wacholderbeeren, Eschenblätter, Fichtensprossen oder auch Bilsenkraut beigefügt worden, um den Geschmack zu würzen. Das war manchmal nicht ungefährlich, wie Franz Meussdoerffer und Martin Zarnkow in ihrem Buch «Das Bier» schreiben.

Das bayerische Reinheitsgebot strahlte auch auf andere deutsche Länder wie Baden oder Württemberg aus. Auch die Schweizer Braubranche blickte nach Norden.

Das Sudhaus ist der Teil einer Bierbrauerei, in dem die Würze produziert wird.
Das Sudhaus ist der Teil einer Bierbrauerei, in dem die Würze produziert wird.bild: schweizer brauerei-verband

Nicht wenige Brauereien hierzulande wurden im 19. Jahrhundert mit oder durch deutsche Brauer gegründet. Deutsches Bier genoss seit jeher einen hervorragenden Ruf und gerade um 1900 versuchten die Schweizer Brauer, die deutschen Bierstile zu imitieren, wie der Direktor des Schweizer Brauerei-Verbands (SBV), Marcel Kreber, gegenüber der Nachrichtenagentur SDA festhält.

So gab es in Oberdorf BL ein Bayerisches Brauhaus und in Winterthur wurde von der Brauerei Haldengut ein «Wiener Märzen & Bayrisch-Bier» hergestellt, wie der Zürcher Wirtschaftshistoriker Matthias Wiesmann in seinem Buch «Bier und wir» schreibt. Andere Schweizer Brauer produzierten «Münchner Bier» oder «Pilsener Bier».

«Das Reinheitsgebot prägte auch die Schweizer Bierlandschaft massgeblich, ohne dass dieses je Gesetzescharakter entwickelte»
Marcel Kreber, Brauerei-Verband
«Tag des Schweizer Bieres» am 29. April
Am kommenden Freitag, 29. April, findet der Tag des Schweizer Bieres statt. An dem Aktionstag mit vielen Veranstaltungen wird jedes Jahr der Gerstensaft zelebriert sowie die «Bierkultur und Brauereitradition» erlebbar gemacht. Die Brauereien des Schweizer Brauerei-Verbandes warten mit verschiedenen Aktivitäten auf und bringen das jahrtausendealte Handwerk der Braukunst und das Bier mit seiner ganzen Vielfalt als Kulturgut der Bevölkerung näher. Am Abend wird im festlichen Rahmen der Bierorden «ad gloriam cerevisiae» einer bekannten Persönlichkeit verliehen. Eine Liste der diesjährigen Aktivitäten ist auf dieser Webseite zu finden.

Massnahme gegen Panscher

Die Schweizer Brauereien machten sich um 1900 für die Aufnahme eines Surrogatverbots in den Beratungen über ein neues Lebensmittelgesetz stark. Als Surrogate bezeichnete man vor allem Ersatzstoffe für Gerstenmalz, etwa ungemälzte Gerste, Mais, Reis, Sirup oder Zucker.

Die Schweizer Bierbranche hatte erkannt, dass die deutschen Brauereien mit dem Reinheitsgebot gut gefahren waren. Gleichzeitig hatte der hiesige Wein unter der Weinpanscherei stark in der Gunst der Konsumenten gelitten. Dieses Leid wollten die Brauer unbedingt vom Bier fernhalten, wie Wiesmann schreibt.

Gegenwärtig zählt die Schweiz 667 Brauereien, die biersteuerpflichtig (ab 400 Liter Ausstoss) sind.

Der Bundesrat lehnte aber die Aufnahme des Surrogatverbots ins Lebensmittelgesetz mit dem Hinweis auf die Handels- und Gewerbefreiheit ab. Da griff die Braubranche zur Selbsthilfe und schrieb 1900 die einzig erlaubten Zutaten für Bier – Gerstenmalz, Hopfen, Hefe und Wasser – kurzerhand in die Statuten des Schweizerischen Bierbrauervereins (SBV, heute Schweizer Brauerei-Verband). Fehlbare Brauereien sollten aus dem Verband ausgeschlossen werden.

Ueli Maurer mit der aktuellen Trägerin des Bierordens, der Schweizer Schauspielerin Kiki Maeder.
Ueli Maurer mit der aktuellen Trägerin des Bierordens, der Schweizer Schauspielerin Kiki Maeder.

Gründung des Bierkartells

Ein zweiter Anlauf für ein Surrogatverbot gelang mit der Gründung des Schweizer Bierkartells 1935. Die Biervielfalt war zu Kartellzeiten nicht gross. «In der Schweiz hat man im Prinzip nur die Sorten Bier gebraut, die das Kartell festgelegt hat», sagt Wiesmann. Schlagwörter wie «Kartellbier» und «Einheitspfütze» waren bei den Konsumenten weit verbreitet. Ausländisches Importbier gewann Marktanteile.

Allerdings wurde mit dem Ende des Bierkartells nicht alles schlagartig anders. Zwar entstanden in der Folge viele neue Brauereien in der Schweiz. «Aber auch die neuen Brauereien stellten zunächst vor allem die bekannten Sorten wie Lagerbier her», sagt Wiesmann.

Erst in den letzten Jahren fassten von den USA her die so genannten Craft Beers, also handwerklich hergestellte Biere wie beispielsweise das Indian Pale Ale auch in der Schweiz immer mehr Fuss.

Untergärig und obergärig:

Wer mehr über die Inhaltsstoffe erfahren möchte, wird hier fündig.
Wer mehr über die Inhaltsstoffe erfahren möchte, wird hier fündig.screenshot: bier.ch

Gegenwärtig zählt die Schweiz 667 Brauereien, die biersteuerpflichtig (ab 400 Liter Ausstoss) sind, wie die Eidg. Zollverwaltung (EZV) auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda bekannt gibt.

Diese Zahl beinhaltet bereits die Brauereien, die im zweiten und dritten Quartal (April respektive Juli 2016) mit dem Brauen beginnen werden. Allerdings ändere sich die Zahl infolge Neuanmeldungen und Brauaufgaben nahezu täglich, heisst es.

In diesen fünf Städten zahlst du für dein Bier am meisten

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In diesen fünf Städten zahlst du für dein Bier am meisten
9.62 Euro musst du in Genf an der Bar durchschnittlich für ein Bier berappen, ein bisschen günstiger kommst du im Laden weg: Da kostet eine 33-cl-Flasche im Schnitt 1.67 Euro.
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(dsc/sda)

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