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>>> Hier geht es zum Bericht über den Boden-Final.
Es gibt eine rein sachlich-sportliche und eine andere Wahrheit. Die ungnädige sportliche Wahrheit, sie sich nur an Zahlen und Fakten orientiert, ist eine bittere. Miserabel. Missglückte Vorstellung. Eine schmähliche Note, die mehr an ein lokales Turnfest und weniger einen olympischen Auftritt mahnt. Herzlos und nüchtern betrachtet sind dies die passenden Worte zu Giulia Steingrubers Auftritt im Bodenturnen.
Aber wird diese Beurteilung ihrer Leistung gerecht? Nein. Ganz und gar nicht. In keiner Art und Weise.
Gewiss, die Hoffnung auf eine zweite Medaille war turntechnisch berechtigt. Aber im Wissen um die ganz besondere Belastung auf der olympischen Bühne nicht realistisch. Diese Enttäuschung war programmiert. Es ist selbst einer aussergewöhnlichen Athletin nicht mehr möglich, nicht einmal 50 Stunden nach ihrem grössten Triumph, nach dem absoluten Höhepunkt ihrer Karriere, nach einem sporthistorischen Medaillengewinn, noch einmal die Spannung und die Konzentration aufzubauen, die auf diesem Niveau unerlässlich sind.
Und da ist noch etwas, das bei einer Beurteilung viel mehr Gewicht hat als Rang und Note. Giulia Steingruber hat zwar den Wettkampf verloren und ist nur auf dem 8. letzten Platz gelandet. Sie ist im Urteil der Preisrichterinnen eine Versagerin. Aber sie hat die Herzen der Menschen gewonnen.
Nach ihrem Sturz rauscht tröstender Applaus von den Rängen und begleitet, trägt sie bis zum Schluss ihrer Übung. Giulia Steingruber ist eine charismatische Turnerin, die auch in der Niederlage ihre Ausstrahlung nicht verliert. Ihre Konkurrentinnen mögen mit Perfektion den turnerischen Verstand beeindrucken und begeistern. Aber Giulia Steingruber berührt mit ihrer Natürlichkeit die Herzen. Sie wird gerade im Augenblick einer grossen Enttäuschung zu einer olympischen Königin der Herzen.
Eine Viertelstunde nach dem Wettkampf sucht sie nicht nach Ausreden. Mit einer entwaffnenden Natürlichkeit erklärt sie ihre Enttäuschung. Sie akzeptiert, dass Niederlagen zum Sport gehören. Ich habe selten eine sympathischere, ehrlichere Verlierern gesehen.
Die wahre Grösse erkennen wir oft erst in den Augenblicken nach einer Niederlage. Giulia Steingruber ist nicht nur die Gewinnerin der historischen Bronze-Medaille im Sprung. Sie ist zwei Tage später auch in der Niederlage eine grosse, eine charismatische Siegerin und hat uns ein berührendes olympisches Erlebnis beschert.