Stell dir vor, du stehst mit deinem Team im WM-Final, du hast bis dahin vier Tore und drei Assists verbucht und kommst aus einer Saison, in der du in der Serie A (als sie noch die beste Liga der Welt war) 25 Tore erzielt hast. Man könnte meinen, du gehörst zu den besten Spielern der Welt. Tust du wahrscheinlich auch. Doch noch bist du nicht endgültig der Beste.
Das bist du nämlich erst, wenn dir das Gleiche passiert wie dem Brasilianer Ronaldo vor dem WM-Final 1998. Und damit meine ich nicht die Geschichte, als er in der Nacht vor dem Spiel beinahe ums Leben kam. Nein.
Ich rede von folgender Szene, die sich im französischen Mannschaftstraining vor dem Final, das die Franzosen später mit 3:0 für sich entscheiden, ereignete. Dort sprachen die Verteidiger Frank Leboeuf, Marcel Desailly, Lilian Thuram, Bixente Lizarazu und Trainer Aimé Jacquet nämlich darüber, wie man Ronaldo im Final stoppen kann. Also eigentlich sprachen sie darüber, dass man Ronaldo gar nicht stoppen kann.
Da kannst du noch so Weltfussballer, Liga-Toptorschütze und der Mann mit den meisten Muskeln sein. Erst wenn sogar der Gegner so von dir redet, hast du es definitiv geschafft.
Das passiert heute wohl selten bis gar nie. Vor allem, wenn du gegen Spanien spielen wirst. Denn Sergio Ramos wird nie und nimmer von einem Spieler behaupten, er sei nicht zu stoppen. Da lässt er vorher seine Schweissperlen sprechen.
(qae)
Reto Steinmann ist in Zug eine Hockey-Stimme, die respektiert und gehört wird. Von 2004 bis 2016 war Hockey-Einzelrichter und er praktiziert heute als Anwalt und Notar in Zug. Seine Kolumne in der Lokalzeitung ist eine brisante Polemik sozusagen aus den eigenen Reihen. Als ehemaliger Hockey-Journalist für die NZZ vermag er seine Ausführungen sachlich zu formulieren. Was der Kritik noch mehr Gewicht gibt. Seine Kolumne liest sich, um in der Juristensprache zu bleiben, schon fast wie eine Anklageschrift.