«Jurij, Jurij, ich würde Folgendes tun»: Gespräch von Trump-Berater mit Kreml enthüllt
Steve Witkoff ist die zentrale Figur in Donald Trumps Bestrebungen, Konflikte zu beenden. Der US-Präsident vertraut seinem langjährigen Freund aus der Immobilienbranche mehr als jedem Diplomaten. Obwohl dessen Umsetzung aktuell stockt und der mittelfristige Erfolg fraglich ist, konnte der 68-Jährige im Nahostkonflikt mit dem Friedensplan für Israel und die Hamas einen beachtlichen Erfolg erzielen. Etwas Ähnliches will Witkoff nun auch in den aktuellen Verhandlungen mit der Ukraine und Russland zustande bringen.
Doch ein Bericht von Bloomberg wirft nun ein schiefes Licht auf den US-Unterhändler und seine Rolle beim vor kurzem publik gewordenen 28-Punkte-Plan, der von der Ukraine massive Zugeständnisse forderte. Witkoff soll demnach den Russen viel Raum bei der Gestaltung des Plans gelassen haben und Wladimir Putins Verhandlungsführer gar gebrieft haben, wie sie den Plan am erfolgversprechendsten bei Donald Trump vorbringen. Sprachforscher sind überzeugt, dass die Russen Teile des Plans selbst formulieren konnten.
Zwar wurde der Plan zwischenzeitlich in den Genfer Verhandlungen massgeblich im Sinne der Ukraine und Europas verändert, doch die deutliche russische Schlagseite, die die Erstversion aufwies, stellte infrage, ob Teile der US-Regierung tatsächlich bereit sind für eine Lösung einzutreten, die die Interessen der Ukraine wahrt.
Gemäss dem Bloomberg-Bericht empfahl Witkoff Mitte Oktober Putins oberstem aussenpolitischen Berater Jurij Uschakow, dass Putin noch vor einem Treffen Trumps mit Wolodymyr Selenskyj im Weissen Haus Kontakt zum US-Präsident aufnehmen und diesem zum Gaza-Abkommen gratulieren soll.
Bloomberg liegt das Protokoll des Gesprächs vor. Darin heisst es:
Putin solle Trump sagen, dass «Steve und Jurij» an einem ähnlichen 20-Punkte-Plan für die Ukraine arbeiten, wie er zum Erfolg im Nahostkonflikt geführt hatte. «Das könnte die Situation ein wenig verändern», so Witkoff – im Wissen, dass der US-Präsident schnelle Erfolgsmeldungen gegenüber langfristig soliden Lösungen präferiert.
Witkoff: Ja, das denke ich.
Uschakow: Wirklich. Und wann wäre das möglich?
Witkoff: Ich denke, sobald du es vorschlägst, ist mein Mann bereit.
Uschakow: Okay, okay.
Witkoff: Jurij, Jurij, ich würde Folgendes tun. Mein Vorschlag.
Uschakow: Ja, bitte.
Witkoff: Ich würde anrufen und dem Präsidenten noch einmal gratulieren, sagen, dass ich ihn unterstützt habe, dass ich ihn respektiere, weil er ein Mann des Friedens ist, und dass ich mich sehr freue, dass es so gekommen ist. Das würde ich sagen. Ich denke, das wird ein sehr gutes Gespräch.
Denn – lass' mich dir sagen, was ich dem Präsidenten gesagt habe. Ich habe ihm gesagt, dass die Russische Föderation sich immer ein Friedensabkommen gewünscht hat. Davon bin ich überzeugt. Ich habe dem Präsidenten gesagt, dass ich daran glaube. Und ich glaube, die Frage ist – das Problem ist, dass wir zwei Nationen haben, die sich schwertun, einen Kompromiss zu finden. Und wenn wir es schaffen, werden wir ein Friedensabkommen haben.
Ich denke sogar darüber nach, einen 20-Punkte-Friedensvorschlag zu erarbeiten, genau wie in Gaza. Wir haben damals einen 20-Punkte-Plan von Trump für den Frieden entwickelt, und ich denke, wir könnten das Gleiche mit Ihnen tun. Mein Punkt ist folgender …
Uschakow: Okay, okay, mein Freund. Ich denke, genau diesen Punkt könnten unsere Staats- und Regierungschefs besprechen. Hey Steve, ich stimme dir zu, dass er gratulieren und sagen wird, dass Herr Trump ein echter Friedensstifter ist und so weiter. Das wird er sagen.
Witkoff: Aber ich glaube, das wäre fantastisch.
Uschakow: Okay, okay.
Witkoff: Was wäre, wenn … hör mir zu …
Uschakow: Ich bespreche das mit meinem Chef und melde mich dann wieder. Okay?
Witkoff: Ja, dann hör mir zu. Ich möchte dich bitten, Präsident Putin Folgendes auszurichten, denn du weisst ja, dass ich Präsident Putin sehr respektiere.
Uschakow: Ja, ja.
Witkoff: Vielleicht sagt er zu Präsident Trump: «Steve und Jurij haben einen sehr ähnlichen 20-Punkte-Plan für den Frieden besprochen, und das könnte etwas bewirken. Wir sind offen für solche Dinge – um zu erkunden, was nötig ist, um ein Friedensabkommen zu erzielen.»
Ich persönlich weiss, was nötig ist, um ein Friedensabkommen zu erzielen: Donezk und vielleicht ein Gebietsaustausch. Aber anstatt so zu reden, sollten wir lieber vernünftiger miteinander reden, denn ich glaube, wir werden hier eine Einigung erzielen. Und ich denke, Jurij, der Präsident, wird mir viel Freiraum und Entscheidungsfreiheit geben, um das Abkommen zu erreichen.
Uschakow: Verstehe.
Wenige Tage später telefonierte Putin tatsächlich mit Trump. Dieser verkündete daraufhin stolz, dass der russische Präsident ihm zum Gaza-Abkommen gratuliert habe und er sprach von einem «sehr produktiven» Austausch. Trump soll Selenskyj bei dem Treffen dann gedrängt haben, die russischen Bedingungen für ein Kriegsende zu akzeptieren.
Das Treffen hat damals mehrere Stunden gedauert, öffentlich bekannt wurde, dass Trump dabei mehrfach ausfällig geworden war und herumgeschrien haben soll. Zudem versagten die USA der Ukraine die Lieferung von Langstreckenraketen, etwas, was im Vorfeld als realistisch betrachtet wurde.
Um dieses Treffen geht es:
Ein weiteres Gesprächsprotokoll, das Bloomberg vorliegt, zeigt zudem den Austausch zwischen Uschakow und Kirill Dmitrijew, der zuletzt auf russischer Seite eine gewichtigere Rolle bei den Verhandlungen einnahm. In dem Gespräch ging es darum, wie fest die Russen auf ihren Maximalforderungen bei der Ausarbeitung eines Friedensplans beharren sollten. Dmitrijew erklärte, er sei zuversichtlich, dass die USA die russischen Forderungen, wenn nicht vollständig, dann zumindest annähernd vollständig übernehmen werden. Und Uschakow sprach sich für «das Maximum» aus – man könne das Papier später auch «mit Steve» besprechen.
Donald Trump scheint die Russlandfreundlichkeit von Witkoff indes nicht gross zu stören. Er hat ihn in der Nacht auf Mittwoch (Schweizer Zeit) in Schutz genommen, nachdem ihn eine Journalistin auf den Bericht angesprochen hatte.
Er gehe davon aus, dass Witkoff gegenüber der ukrainischen Seite ähnlich auftrete. Man müsse der Ukraine eben russische Positionen vermitteln und umgekehrt auch Moskau die Forderungen aus Kiew.
Doch längst nicht alle Republikaner sehen in Witkoff noch einen neutralen Diplomaten. Der Kongressabgeordnete Brian Fitzpatrick sprach auf X von «einem Riesenproblem». Er forderte ein Ende «geheimer Nebenkanäle» und dürfte damit unmissverständlich Witkoff gemeint haben.
Noch deutlicher wurde der Abgeordnete Don Bacon, ein ehemaliger US-Militär. Es sei «offensichtlich, dass Witkoff voll und ganz auf der Seite der Russen steht», so Bacon.
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