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Ukraine

Die Sprache verrät, wer beim ersten US-Friedensplan federführend war

«Es wird erwartet»: Die Sprache verrät, wer beim ersten US-Friedensplan federführend war

In der ersten und mittlerweile bereits wieder überholten Version des US-Friedensplans für die Ukraine standen Sätze, die Wladimir Putin diktiert haben dürfte. Das ist laut der Analyse eines Sprachwissenschaftlers klar.
25.11.2025, 04:4925.11.2025, 06:24
Julian Schütt / ch media

Der erste Friedensplan der US-Regierung zur Beendigung des Krieges, der ursprünglich 28 Punkte beinhaltete und zwischenzeitlich im Sinne Europas und der Ukraine bereits deutlich angepasst wurde, trug die Handschrift des Kremls. Das ist wortwörtlich zu nehmen: Übers Wochenende hat die britische Zeitung «Guardian» entlarvt, dass manche Sätze des 28-Punkte-Papiers verdächtig nach Putin klingen. Sie scheinen ursprünglich in russischer Sprache entstanden zu sein.

Allerdings nicht in der geschmeidigen, melodischen Sprache Dostojewskis, Tolstois und Tschechows. Eher im von Passivkonstruktionen beherrschten, plumpen Sound der Apparatschiks der alten Sowjetunion und der aktuellen russischen Despoten. Als Beispiel nennt der «Guardian» die Formulierung «It is expected», die im Englischen wegen ihrer Schwerfälligkeit kaum im Gebrauch ist und wohl so viel wie «Es wird erwartet» meint.

epa12036860 Russian Direct Investment Fund (RDIF) CEO Kirill Dmitriev attends a signing documents ceremony during Russian President Vladimir Putin and Qatar's Emir Sheikh Tamim bin Hamad al-Thani ...
Kirill Dmitrijew liess Wladimir Putins Rhetorik in den Friedensplan einfliessen.Bild: keystone

Verräterische Passivform im Friedensplan

Die Passivkonstruktion ist die bevorzugte Ausdrucksweise der Politiker und Bürokraten von Unrechtsregimen, die Gewalt- und Leidverhältnisse kaschieren. Wer sich passiv äussert, drückt damit aus, dass es keinen greifbaren Akteur gibt. Es wird etwas von oben beschlossen, ohne dass jemand für das Beschlossene geradestehen muss. Wie schon der Soziologe Dolf Sternberger im berühmten «Wörterbuch des Unmenschen» festgestellt hat, leiden wir auch nicht in Passivform. Es ist die Form der Abstumpfung, nicht des aktiven Widerstands.

Der originale Friedensplan ist das Gemeinschaftswerk von Putin und Trump, ohne dass sie ihn entsprechend deklarieren. «It is expected»: Das anonyme «Es» erwartet, dass die Ukraine den Maximalforderungen Putins zustimmt. So soll sie grosse Gebiete ihres Territoriums definitiv an Russland abtreten und das Militär radikal dezimieren. Und sie darf weder der Nato beitreten noch Waffen bekommen, die eine Bedrohung für Russland darstellen könnten.

Zudem ergab die Sprachanalyse des «Guardian», dass im amerikanischen Friedensplan unverkennbar russische Ausdrücke und Wendungen vorkommen, wie sie Amerikaner in politischen Kontexten kaum verwenden würden. Das Papier heckten Kirill Dmitrijew, der Sondergesandte Putins, und Steve Witkoff, der Sondergesandte Trumps, gemeinsam während eines Treffens in Miami aus.

White House Special Envoy to the Middle East Steve Witkoff listens as President Donald Trump speaks before a lunch with Ukraine's President Volodymyr Zelenskyy in the Cabinet Room of the White Ho ...
Steve Witkoff liess den Russen viel Spielraum bei der Erstellung des Friedensplans.Bild: keystone

Schon lange weibelt Dmitrijew in den USA und versucht Trump im Falle von vertieften russisch-amerikanischen Beziehungen die verlockenden wirtschaftlichen Perspektiven für beide Seiten schmackhaft zu machen. Offenbar mit Erfolg: Trump setzte Selenskyj das Messer an den Hals und verlangte zunächst ultimativ bis Donnerstag eine Unterschrift unter das Friedensabkommen. Inzwischen haben die Genfer Gespräche unter der Führung von US-Aussenminister Marco Rubio eine deutlich vorteilhaftere Lösung für die Ukraine hervorgebracht. Dass diese aber in Russland ebenfalls auf Zuspruch stösst, ist mehr als fraglich.

Und es ändert nichts an der Ungeheuerlichkeit, dass Trump einen Friedensplan vorlegt, der von Putin diktiert scheint und nur notdürftig ins Amerikanische übersetzt wurde. Gut möglich, dass eine KI den Übersetzerjob erledigte. Und ohne Weiteres winkte Trump das Papier durch.

Das verweist auf ein grösseres Problem mit Übersetzungen, vor allem jene, die mit KI zustande kommen. Gewiss ist es ein Segen, dass sich so Texte aus allen möglichen Sprachen im Nu übersetzen lassen. Aber beim Friedensplan demaskiert die Übersetzung Trump. Sie verrät, dass sein sogenannter US-Friedensplan wenigstens zum Teil aus dem Kreml stammte. (bzbasel.ch/con)

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88 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Callao
25.11.2025 05:40registriert April 2020
Kann mir einer sagen was er will, aber Putin hat DT mit irgend was an der Angel. Anders kann ich mir die Kuscherei DT's nicht erklären.
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Wolfgang Bumbuy
25.11.2025 06:06registriert November 2024
Das ungeheuerliche an der ganzen Aktion ist, das die USA die Sichtweise der Russen übernommen haben ohne deren Tragweite für die Ukraine, Europa aber auch die eigene Machtstruktur der USA zu überdenken.
Und dann die Vehemenz mit der Trump versuchte das durchzudrücken in ultra kurzer Zeit.
Die Europäer, die aus dem Spiel sind wie mache meinen, haben das ganze in Genf aber drehen können.
Dabei spielen einzelne Punkte gar keine grosse Rolle, wichtig ist in erster Linie was anderes.
Man hat sich kompromissbereit gezeigt, aber Putin sagt nein ich will alles.
Die USA sind dennoch Teil des Problems.
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spalen
25.11.2025 06:14registriert November 2025
dass trump den autoritären stil putins bewundert, ist schon lange bekannt. dass er dem verbrecher putin aber direkt aus der hand frisst, ist eine unangenehme erkenntnis. ich weiss nicht, ob putin trump mit irgendwas erpresst - ich glaube, dass dies bei trumps charakter gar nicht nötig ist.
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