«Es wird erwartet»: Die Sprache verrät, wer beim ersten US-Friedensplan federführend war
Der erste Friedensplan der US-Regierung zur Beendigung des Krieges, der ursprünglich 28 Punkte beinhaltete und zwischenzeitlich im Sinne Europas und der Ukraine bereits deutlich angepasst wurde, trug die Handschrift des Kremls. Das ist wortwörtlich zu nehmen: Übers Wochenende hat die britische Zeitung «Guardian» entlarvt, dass manche Sätze des 28-Punkte-Papiers verdächtig nach Putin klingen. Sie scheinen ursprünglich in russischer Sprache entstanden zu sein.
Allerdings nicht in der geschmeidigen, melodischen Sprache Dostojewskis, Tolstois und Tschechows. Eher im von Passivkonstruktionen beherrschten, plumpen Sound der Apparatschiks der alten Sowjetunion und der aktuellen russischen Despoten. Als Beispiel nennt der «Guardian» die Formulierung «It is expected», die im Englischen wegen ihrer Schwerfälligkeit kaum im Gebrauch ist und wohl so viel wie «Es wird erwartet» meint.
Verräterische Passivform im Friedensplan
Die Passivkonstruktion ist die bevorzugte Ausdrucksweise der Politiker und Bürokraten von Unrechtsregimen, die Gewalt- und Leidverhältnisse kaschieren. Wer sich passiv äussert, drückt damit aus, dass es keinen greifbaren Akteur gibt. Es wird etwas von oben beschlossen, ohne dass jemand für das Beschlossene geradestehen muss. Wie schon der Soziologe Dolf Sternberger im berühmten «Wörterbuch des Unmenschen» festgestellt hat, leiden wir auch nicht in Passivform. Es ist die Form der Abstumpfung, nicht des aktiven Widerstands.
Der originale Friedensplan ist das Gemeinschaftswerk von Putin und Trump, ohne dass sie ihn entsprechend deklarieren. «It is expected»: Das anonyme «Es» erwartet, dass die Ukraine den Maximalforderungen Putins zustimmt. So soll sie grosse Gebiete ihres Territoriums definitiv an Russland abtreten und das Militär radikal dezimieren. Und sie darf weder der Nato beitreten noch Waffen bekommen, die eine Bedrohung für Russland darstellen könnten.
Zudem ergab die Sprachanalyse des «Guardian», dass im amerikanischen Friedensplan unverkennbar russische Ausdrücke und Wendungen vorkommen, wie sie Amerikaner in politischen Kontexten kaum verwenden würden. Das Papier heckten Kirill Dmitrijew, der Sondergesandte Putins, und Steve Witkoff, der Sondergesandte Trumps, gemeinsam während eines Treffens in Miami aus.
Schon lange weibelt Dmitrijew in den USA und versucht Trump im Falle von vertieften russisch-amerikanischen Beziehungen die verlockenden wirtschaftlichen Perspektiven für beide Seiten schmackhaft zu machen. Offenbar mit Erfolg: Trump setzte Selenskyj das Messer an den Hals und verlangte zunächst ultimativ bis Donnerstag eine Unterschrift unter das Friedensabkommen. Inzwischen haben die Genfer Gespräche unter der Führung von US-Aussenminister Marco Rubio eine deutlich vorteilhaftere Lösung für die Ukraine hervorgebracht. Dass diese aber in Russland ebenfalls auf Zuspruch stösst, ist mehr als fraglich.
Und es ändert nichts an der Ungeheuerlichkeit, dass Trump einen Friedensplan vorlegt, der von Putin diktiert scheint und nur notdürftig ins Amerikanische übersetzt wurde. Gut möglich, dass eine KI den Übersetzerjob erledigte. Und ohne Weiteres winkte Trump das Papier durch.
Das verweist auf ein grösseres Problem mit Übersetzungen, vor allem jene, die mit KI zustande kommen. Gewiss ist es ein Segen, dass sich so Texte aus allen möglichen Sprachen im Nu übersetzen lassen. Aber beim Friedensplan demaskiert die Übersetzung Trump. Sie verrät, dass sein sogenannter US-Friedensplan wenigstens zum Teil aus dem Kreml stammte. (bzbasel.ch/con)
