Chaos in Washington: Was wusste Trump vom Ukraine-Friedensplan?
Der amerikanische Präsident hat sich am Montag zuversichtlich über ein mögliches Ende des Krieges in der Ukraine geäussert. Zwar sei es noch zu früh, um von einem Durchbruch in den Friedensgesprächen zwischen Russland und der Ukraine zu sprechen, schrieb Donald Trump sinngemäss auf dem Internet-Dienst Truth Social, «aber vielleicht geschieht ja gerade etwas Gutes.»
Wahr an dieser Aussage ist: Der amerikanische Aussenminister Marco Rubio scheint im direkten Gespräch mit hochrangigen ukrainischen Regierungsvertretern in Genf grosse Fortschritte gemacht zu haben. Die Rede ist von «konstruktiven, fokussierten und respektvollen» Verhandlungen.
Wer wusste über Witkoffs Mission Bescheid?
Wahr ist auch: Das Resultat dieser Verhandlungen hat wohl mit dem 28-Punkte-Friedensplan, den Trumps Unterhändler Steve Witkoff im Oktober mit seinem russischen Gegenüber ausgehandelt hatte, nicht mehr viel gemeinsam. Obwohl dieser Vorschlag zuvor als nicht verhandelbar bezeichnet worden war. Die Anpassungen werden den Kreml nicht freuen.
Und sie werfen ein schiefes Licht auf die chaotische Verhandlungsstrategie der amerikanischen Regierung. Zwar betonte das Weisse Haus am Wochenende erneut, dass Witkoffs Friedensinitiative mit der gesamten Regierung abgesprochen gewesen sei. Beobachter in Washington schenken diesen Beteuerungen aber wenig Glauben.
Weil Trump den Krieg in der Ukraine aber satthat und unbedingt ein baldiges Ende des Konfliktes verkünden will, versuchen nun zwei potenzielle Nachfolger des Präsidenten zu retten, was zu retten ist.
Da ist zum einen Vizepräsident JD Vance, ein Isolationist und Kritiker des ukrainischen Präsidenten. Vance schickte vorige Woche den alten Studienfreund Dan Driscoll nach Kiew, um Wolodimir Selenski von den Vorzügen des Friedensplans zu überzeugen. Dass der Yale-Kommilitone Driscoll mit den Besonderheiten der Ukraine nicht vertraut war, und angeblich vor seiner Reise nach Osteuropa einen Intensivkurs in ukrainischer Geschichte absolvieren musste, war Vance egal. Im direkten Gespräch mit Selenski unterbreitete Driscoll angeblich ein Ultimatum von Trump, wonach die Ukraine bis am Donnerstag entscheiden müsse, ob sie mit dem Friedensplan einverstanden sei.
Rubio bringt die Verhandlungen wieder auf Kurs
Dieses forsche Vorgehen alarmierte wiederum Aussenminister Marco Rubio. Politischen Verbündeten erklärte der ehemalige republikanische Senator, der sich im Kongress als Russland-Falke profiliert hatte, dass der Witkoff-Plan nicht mit Trump abgesprochen sei. Und dass es sich dabei vor allem um eine Kreml-Idee handle. Öffentlich dementierte Rubio diese Aussagen zwar am Wochenende.
Aber die Tatsache, dass er in Genf Nachbesserungen am Friedensplan zuliess, deutet darauf hin, dass der Aussenminister sich tatsächlich als Gegengewicht zu Vance sieht. Dazu passt, dass am Sonntag auch Witkoff und Trump-Schwiegersohn Jared Kushner am Verhandlungstisch sassen, und sie diese Änderungen unterstützten.
Wer dieses Gerangel um Einfluss im Weissen Haus letztlich gewinnen wird, ist offen. Alles hängt von den nächsten Entscheidungen Trumps ab. Im Moment aber scheint Rubio Oberwasser zu haben – und das ist, vielleicht, eine gute Nachricht für die Ukraine. (aargauerzeitung.ch)
