Die Ansage von GM-Chefin Mary Barra glich einer Revolution. Ausgerechnet General Motors, Sinnbild der behäbigen US-Autobranche, preschte Anfang Jahr hervor und verkündete das Aus für den Verbrennungsmotor bis 2035.
Ford und Volvo stampfen Benzin- und Hybridfahrzeuge bis 2030 ein, BMWs Mini ist ab 2031 rein elektrisch unterwegs und Jaguar ab 2025. Den Smart gibt es schon jetzt ausschliesslich mit E-Antrieb und Audi und VW haben in den letzten Tagen angekündigt, keine neuen Verbrennungsmotoren zu entwickeln. Die Auto-Hersteller kommen so einem drohenden Verkaufsverbot zuvor.
Die Branche weiss, die Tage des Verbrennungsmotors sind gezählt. Denn mehr und mehr Staaten verschärfen im Zuge der Klimakrise ihre CO2-Grenzwerte. Die Hersteller ziehen dem Verbrennungsmotor nun notgedrungen langsam den Stecker.
Die von der EU geplante Euro-7-Abgasnorm könnte ab 2025 der endgültige Todesstoss für Benzin- und Dieselmotoren sein, da sich selbst mit grösstem technischen Aufwand die strengeren Grenzwerte bei Stickoxid und Kohlenmonoxid kaum mehr einhalten lassen. In der EU sollen Neuwagen zudem im Jahr 2030 im Schnitt 50 Prozent weniger CO2 ausstossen und nicht wie bisher geplant 37,5 Prozent.
Die Losung für die Hersteller ist somit klar: Raus aus dem Verbrenner, denn schon mit den aktuellen CO2-Grenzwerten drohen jährlich milliardenschwere Strafzahlungen, da sich der Grenzwert mit Benzin- und Dieselautos unmöglich einhalten lässt. Anders gesagt: Verbrenner werden zunehmend unwirtschaftlich.
Nach den jüngsten Ankündigungen der Hersteller könnte die Transformation deutlich schneller ablaufen, als es diese Grafik von 2020 noch prognostizierte.
Einige Länder haben bereits ein Verbot für Benzin- und Dieselautos beschlossen, weitere werden folgen. Den Anfang machte wenig überraschend das Elektroauto-Vorzeigeland Norwegen. Dort sollen ab 2025 keine neuen Autos mit Verbrennungsmotoren auf die Strassen kommen. Umgesetzt wird dies nicht mit einem strikten Verbot, sondern mit einer massiven staatlichen Förderung der E-Mobilität. Bislang geht der Plan auf: Norwegen war 2020 das weltweit erste Land mit einer Elektroauto-Quote von über 50 Prozent. Dieses Jahr sollen Elektroautos einen Marktanteil von 65 Prozent erreichen.
Neben Grossbritannien haben auch Dänemark, Irland, die Niederlande und Slowenien ein Verbrenner-Aus für 2030 angekündigt. In Kalifornien sind neue Benzin- und Dieselautos ab 2035 unerwünscht. Erst ab 2040 haben Frankreich und Spanien ein Zulassungsverbot für neue Verbrenner fixiert.
In der Schweiz fordert der Elektromobilitätsverband Swiss eMobility ab 2035 ein Verkaufsverbot von Verbrennungsmotoren.
General Motors, nach Toyota und Volkswagen der weltweit drittgrösste Autobauer, verabschiedet sich bis 2035 vom Verbrennungsmotor, bis 2040 soll der Konzern CO2-neutral werden.
Die im Januar 2021 gemachte Ankündigung von Firmenchefin Mary Barra hat Signalwirkung für die gesamte Branche. Wenn ein Titan wie GM aus dem Verbrennungsmotor aussteigt, ist dies ein Zeichen dafür, dass auch synthetische Kraftstoffe, von gewissen Märkten und Nischen abgesehen, keine rosige Zukunft haben. Einige Hersteller hofften bis zuletzt, dass synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) den Verbrennungsmotor dereinst retten. Das wird immer unwahrscheinlicher.
Barra macht klare Ansagen: Bis 2025 soll die Modellpalette in den USA zu 40 Prozent aus Autos mit Batterieantrieb bestehen. Die Ankündigung ist nicht ohne Hintergedanke: Mit dem Bekenntnis zur E-Mobilität gibt sie der gegenüber Elektroautos ohnehin aufgeschlossenen Biden-Regierung allen Grund, in die Ladeinfrastruktur und das teils veraltete Stromnetz in den USA zu investieren.
Eine Hintertüre lässt sich Barra aber offen: Schwere Fahrzeuge seien vom Vorhaben ausgenommen, kritisieren Fachleute.
Auch Ford stampft alle Benziner und Diesel ein. Der zweitgrösste US-Autobauer ist ein weiterer Volumenhersteller, der den Ausstieg aus der Benziner- und Diesel-Technologie konkret terminiert: Der ewige GM-Rivale will seine Pkw-Flotte in Europa bis 2026 auf Elektroautos und Plug-in-Hybride umstellen. Bis zum Ende des Jahrzehnts soll das Fahrzeugangebot komplett elektrisch sein.
Im Februar gab Ford zudem bekannt, dass man eine Milliarde Dollar in den Umbau seines Werks im deutschen Köln investiert, um dort ab 2023 ein Elektroauto für den europäischen Markt zu bauen.
Mit Volvo kündigte Anfang März der nächste grosse Autohersteller den kompletten Abschied vom Verbrennungsmotor an. Ab 2030 wollen die zum chinesischen Geely-Konzern gehörenden Schweden nur noch reine Elektroautos bauen und verkaufen. Diese sollen künftig ausschliesslich online verkauft werden. Volvo will bis 2025 die Hälfte des Umsatzes mit Elektroautos und die andere Hälfte mit Hybrid-Modellen machen.
Den Abschied vom Dieselmotor hatte Volvo als einer der ersten traditionellen Autohersteller bereits 2017 eingeleitet.
Jaguar wird 2025 zur reinen Elektroauto-Marke. Dies teilte der britisch-indische Automobilhersteller Jaguar Land Rover Mitte Februar mit. Die seit Jahren schrumpfende Marke Jaguar sieht ihr Heil in der Neupositionierung als E-Auto-Marke. Mit einer kleinen Modellpalette im Premium-Segment ist diese Umstellung viel einfacher zu bewerkstelligen als für grosse Volumenhersteller wie Toyota oder Volkswagen. Diese verkaufen zahlreiche Fahrzeuge in Schwellenregionen wie Südamerika, wo fossile Autos wohl noch Jahrzehnte fahren werden, da es auf absehbare Zeit keine genügende Infrastruktur für Elektroautos geben wird.
Auch Jaguars Konzernschwester Land Rover will in den kommenden fünf Jahren sechs rein elektrisch angetriebene Modelle auf den Markt bringen, allerdings auch weiter Verbrenner verkaufen.
Ganz so weit wie GM, Ford, Volvo oder Jaguar geht Audi noch nicht, aber Mitte März hat die Volkswagen-Tochter einen Entwicklungsstopp für neue Verbrennungsmotoren verkündet. «Wir werden keinen neuen Verbrennungsmotor mehr entwickeln, sondern unsere bestehenden Verbrennungsmotoren an neue Emissionsrichtlinien anpassen», sagte Audi-Chef Markus Duesmann der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Mittelfristig scheint der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor somit auch bei Audi besiegelt.
Mercedes wollte sich bis 2039 Zeit geben, um vollständig aus dem Verbrenner auszusteigen. Anfang März deutete CEO Ola Källenius aber an, dass der Ausstieg um fünf bis acht Jahre vorgezogen werden könnte – angesichts der von der EU geplanten weiteren Verschärfung der CO2-Grenzwerte eine logische Konsequenz.
Die Daimler-Marke Smart ist seit 2020 rein elektrisch unterwegs. Die letzten Kleinstwagen mit Verbrennungsmotor wurden 2019 verkauft.
Bislang galten Verbrenner, Hybride und Elektroautos bei BMW als gleichberechtigt, während Rivale VW dem Umbau zum E-Auto-Konzern längst in Angriff genommen hat und eine «electric first»-Strategie fährt.
Doch nun hat auch BMW die Strategie umgekrempelt. Die Deutschen verbannen den Verbrennungsmotor aus dem Stammwerk in München. Bis 2023 will man dreizehn reine Elektromodelle im Angebot haben. Ab 2025 haben Elektroautos in der Modellpalette Priorität. 2030 soll jeder zweite BMW elektrisch ausgeliefert werden.
BMW nennt noch kein Enddatum für Benzin- und Dieselautos. Kurzfristig wird die Premium-Marke jedenfalls nicht aus dem Verbrenner aussteigen. Die Deutschen verkaufen derzeit in China so viele grosse und teure Autos wie nie zuvor und der China-Boom mit Verbrennern finanziert die Entwicklung der künftigen Elektro-Flotte.
Mini soll ab 2031 die erste rein elektrische Marke des BMW-Konzerns werden. Das letzte neue Modell mit Benzinmotor soll 2025 auf den Markt kommen und bis 2031 angeboten werden – danach werde es ausschliesslich vollelektrische Minis geben, keine Verbrenner und keine Hybride mehr. Bislang hat BMW nur den im englischen Oxford produzierten Mini Cooper SE als vollelektrisches Modell im Angebot, alle anderen Modelle sind Verbrenner oder Plug-in-Hybride.
2020 waren sechs Prozent der verkauften Minis elektrisch, 2027 soll die Hälfte elektrisch fahren.
Auch Porsche schickt den Verbrennungsmotor bis 2030 in den Ruhestand, allerdings mit einer prominenten Ausnahme. Stand heute soll der legendäre Porsche 911 dereinst mit E-Fuels fahren, während die anderen Modelle elektrifiziert sind. Konkret will Porsche bis 2030 80 Prozent seiner Fahrzeuge als Stromer oder Hybrid verkaufen.
Für die Premium-Marke im Volkswagen-Konzern zahlt sich der Umstieg auf die Elektromobilität schon heute aus. Der vollelektrische Porsche Taycan war 2020 der Bestseller des Unternehmens.
Volkswagen hat sich früher als BMW oder Daimler zur Elektromobilität bekannt. VWs neuste E-Autos der ID-Reihe sind denn auch von Grund auf als Elektroauto konzipiert, während die E-Autos der Konkurrenz meist noch auf alten Plattformen für Verbrennungsmotoren basieren.
Diese Woche hat der Konzern angekündigt, voraussichtlich keine neuen Verbrennungsmotoren zu entwickeln. Für die Zeit bis zum endgültigen Abschied vom Verbrenner sollen Weiterentwicklungen der bestehenden Motoren reichen.
Man rechne damit, 2040 die letzten Verbrenner auf die Strasse zu bringen. In Europa dürfte dies teils deutlich schneller gehen, aber in ärmeren Regionen werden Benzin- und Dieselautos noch Jahrzehnte auf den Strassen fahren, da eine flächendeckende Ladeinfrastruktur für Elektroautos in Teilen Afrikas und Südamerikas noch lange auf sich warten lassen wird.
Volkswagen nennt keinen konkreten Termin für das Aus des Verbrennungsmotors: «In einigen Regionen werden Verbrenner noch länger als in anderen Regionen verkauft werden», sagte VW-Chef Herbert Diess neulich. Diess, eigentlich als Elektro-Turbo bekannt, verweist darauf, dass gewinnträchtige SUVs, Sportwagen und Limousinen noch nötig seien, um den Umbruch in die rein elektrische Welt zu finanzieren. Zudem seien moderne Verbrenner um ein Vielfaches effizienter und weniger umweltschädlich als ihre Vorgänger aus Zeiten der Dieselkrise.
Der japanische Weltmarktführer Toyota hatte bereits 2018 vom einem möglichen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bis 2050 gesprochen. Kürzlich hat Toyota-Chef Akio Toyoda allerdings vor einem überhasteten Ausstieg gewarnt. Stromengpässe seien zu befürchten, wenn nur noch Elektroautos auf den Strassen fahren würden.
Im Vergleich zum grossen Rivalen Volkswagen hält sich Toyota in Sachen Elektroautos auffallend zurück.
Wie Volkswagen und Toyota will sich auch Renault noch nicht auf ein festes Ausstiegsziel festlegen. Firmenchef Luca de Meo sagte der «Financial Times», er erwarte, dass der Konzern sein letztes Verbrennerfahrzeug in Europa zwischen 2030 und 2035 verkaufe. Anders gesagt: In ärmeren Weltregionen ohne Infrastruktur für E-Autos wird Renault voraussichtlich noch Jahre danach Verbrenner verkaufen.
Bis 2025 sollen 30 Prozent der verkauften Autos rein elektrisch fahren, weitere 35 Prozent mit Hybridantrieb. Das klingt weniger spektakulär als die Ankündigung von General Motors, dürfte aber im Endeffekt auf das Gleiche hinauslaufen. Und vor allem nennt Renault kurzfristige und konkrete Ziele, die sich überprüfen lassen. Das ist vielleicht mehr wert als ein medienwirksam angekündigtes Verbrenner-Aus in weiter Ferne.
Während einige europäische Länder bereits in zehn Jahren keine neuen Benzin- und Dieselautos mehr zulassen wollen, geht es anderswo auf der Welt gemächlich zu: Ausgerechnet China, das bislang wie kaum ein anderes Land die Entwicklung von E-Autos förderte, lässt dem Verbrennungsmotor eine Gnadenfrist bis 2060. Im schnell wachsenden chinesischen Markt lässt sich also auch künftig gutes Geld mit fossilen Autos verdienen. Auch in Schwellenländern wie Brasilien und insbesondere in den ärmsten Regionen der Welt bleiben Verbrenner noch lange dominant.
Insbesondere globale Volumenhersteller wie VW, Toyota oder Renault werden daher in manchen Regionen noch lange Verbrenner verkaufen, während kleinere Premium-Marken wie Jaguar oder Porsche (gehört zum Volkswagen-Konzern) rasch umsteigen, da sie in der Elektromobilität eine Wachstumschance sehen.
Trotzdem gilt, um es in den Worten von Volkswagen-Chef Herbert Diess zu sagen: «Die Batterie hat das Rennen gewonnen.» Benzin- und Dieselautos werden zumindest bei uns schon bald zum Auslaufmodell.
Für E-Autozweifler:
Hier das beste Video welches ich kenne, dass den Vergleich E-Fahrzeuge v.s. Verbrenner bis ins Detail realistisch und fair analysiert.
Keine Angst, das E-Auto mit Akku kommt, zu hohe Investitionen der Firmen und die Politik hat den Sieger auserkoren, somit müssen die Firmen nachziehen.
Nur verteufeln ohne Wissen sollte man nichts