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Steve Bannons Trumpfkarte: Der Milliardär Robert Mercer

Steve Bannon als Sensemann im Oval Office. So sieht das die Comedy-Sendung «Saturday Night Live».
Steve Bannon als Sensemann im Oval Office. So sieht das die Comedy-Sendung «Saturday Night Live».

Steve Bannons Trumpfkarte im Machtpoker: Der Milliardär Robert Mercer

Aus dem Nationalen Sicherheitsrat geflogen, in die zweite Reihe verbannt: Trumps Chefstratege scheint demontiert zu werden. Doch Bannon hat mehr als die Wirrköpfe der Alt-Right-Bewegung hinter sich.
10.04.2017, 17:2311.04.2017, 07:13
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Am Wochenende wurde nicht nur über Donald Trumps aussenpolitische Strategie gerätselt, sondern auch darüber, wie er sein dringendstes innenpolitisches Problem in den Griff bekommt – den Machtkampf im eigenen Lager. Im Weissen Haus stehen sich derzeit zwei Fraktionen gegenüber: Die Globalisten und die Nationalisten. Der Anführer der Globalisten ist Jared Kushner, Steve Bannon vertritt die Nationalisten.  

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Ein ungleiches Paar: Steve Bannon (links) und Jared Kushner auf dem Weg ins Weisse Haus.Bild: Andrew Harnik/AP/KEYSTONE

Beiden gemeinsam ist, dass sie kaum über politische Erfahrung verfügen. Kushner ist erst 36-jährig und kommt aus dem Immobilienbusiness. Bannon war kurze Zeit Banker bei Goldman Sachs – er hat es jedoch nie zum Partner gebracht – und hat sein Glück danach in der Medienbranche gesucht und gefunden. Bis zu seinem Eintritt ins Trump-Team war er die treibende Kraft hinter dem Onlineportal «Breitbart», das sich zum Sprachrohr der Alt-Right-Bewegung entwickelt hat.  

Davos Man gegen Clochard

Kushner verkörpert den urbanen Chic des «Davos Man». Gekleidet ist er stets wie aus dem Ei gepellt. In der Öffentlichkeit hält er sich vornehm zurück, und er gilt als bedingungslos loyal zu seinem Schwiegervater. Bannon hingegen sieht oft aus wie ein Clochard, gilt als Raubein, hasst die Eliten und will die Politik gestalten, nicht bloss ausführen.  

Derzeit spricht alles für Kushner. Der Präsident hat ihn mit einer geradezu absurden Zahl von wichtigen Aufgaben betraut. Bei Photosessions darf er neben dem Präsidenten in der ersten Reihe sitzen. Bannon hingegen wurde aus dem prestigeträchtigen nationalen Sicherheitsrat geschmissen und muss im Hintergrund Platz nehmen. Sein Einfluss auf Trump scheint abzunehmen. Jüngstes Zeichen ist die Versetzung von KT McFarland, eine Sicherheitsberaterin. Sie wird dem Bannon-Lager zugerechnet und muss nun den Posten als Botschafterin in Singapore antreten.  

Milliardär, Trump-Mäzen und Pokerspieler: Robert Mercer.
Milliardär, Trump-Mäzen und Pokerspieler: Robert Mercer.

Bannon abzuschreiben wäre jedoch verfrüht. Er hat nicht nur die Schwachköpfe der Alt-Rigth-Bewegung hinter sich, sondern auch einen der derzeit mächtigsten Milliardäre der USA: Robert Mercer. Jane Mayer umschreibt Mercer im Magazin «The New Yorker» als «Hedge Fund Manager von Long Island, der eine wichtige Kraft der Trump-Präsidentschaft geworden» sei. Die Journalistin gilt als ausgewiesene Expertin auf der Verquickung von Geld und rechter Politik und hat dazu das Buch «Dark Money» verfasst.

Robert Mercer war ursprünglich Software-Ingenieur und hat lange bei IBM gearbeitet. Dort befasst er sich mit dem maschinellen Lernen von Sprachen. Spracherkennungsmuster weisen grosse Ähnlichkeit zu Mustern an den Finanzmärkten auf. Bei beiden geht es darum, aus einer Fülle von scheinbar unzusammenhängenden Daten Muster zu erkennen. Deshalb erhielt Mercer ein Angebot von James Simons, dem Gründer des Hedge Funds «Renaissance». Nach einigem Zögern sagte Mercer zu, denn seine drei Töchter befanden sich in der Ausbildung, und er brauchte Geld.  

Spracherkennung und Anlageverhalten weisen tatsächlich Parallelen auf. Mercer konnte mit seinen Programmen die Märkte überlisten und wurde bei «Renaissance» bald sagenhaft reich. Bloomberg bezeichnete den von ihm geleiteten Medallion Fund als die «wahrscheinlich grösste Geldmaschine der Welt». 2009 löste Mercer Simons an der Spitze von «Renaissance» ab.  

«Robert Mercer ist überzeugt, dass Menschen keinen anderen Wert besitzen als ihre Fähigkeit, Geld zu verdienen. Eine Katze hat einen Wert, weil sie den Menschen Freude bereitet.»
David Magerman

Menschlich vereint Mercer sämtliche Vorurteile eines Techno-Freaks und Superkapitalisten auf sich. Er ist menschenscheu und kann in Gesprächen seinem Gegenüber nicht in die Augen schauen. Er protzt mit seinem Reichtum – er hat jede Menge Villen und Yachten –, ist aber gleichzeitig gegenüber seinen Angestellten äusserst knausrig. So soll er einem Hausmädchen einen Lohnabzug gemacht haben, weil sie eine zu zwei Drittel leere Shampoo-Flasche nicht rechtzeitig ersetzt habe.  

Rechts von Mercer steht nur die Wand

Politisch gehört Mercer ins libertäre Lager, also zu den Menschen, welche die Romane von Ayn Rand nicht nur verschlungen haben, sondern den Unsinn auch tatsächlich glauben. Mercer will den Staat auf ein Minimum reduzieren, leugnet die Klimaerwärmung und hängt obskuren Verschwörungstheorien nach. So ist er überzeugt, dass Atombomben relativ harmlos seien.  

Wie der Mercer-Clan mit Bannon verbandelt ist:

Bild
bild: watson.ch mit Materialien der  washington post

Die Weltanschauung von Robert Mercer fasst David Magerman, ein Arbeitskollege bei «Renaissance», wie folgt zusammen: «Bob ist überzeugt, dass Menschen keinen anderen Wert besitzen als ihre Fähigkeit, Geld zu verdienen. Eine Katze hat einen Wert, weil sie den Menschen Freude bereitet. Aber ein Mensch, der Sozialhilfe bezieht, besitzt einen negativen Wert. Wenn Mercer tausend Mal mehr verdient als ein Lehrer, dann ist er auch tausend Mal mehr wert. Er denkt, die Gesellschaft sei derzeit auf den Kopf gestellt. Die Regierung helfe den Schwachen und mache die Starken schwach, indem sie ihnen mit den Steuern das Geld wegnimmt.»  

First Lady der Alt-Rigth-Bewegung

Bald einmal begann Mercer, einen Teil seines Vermögens in politische Gruppen und Aktionen am äussersten rechten Rand zu stecken. Vorbild waren ihm zunächst die Koch-Brüder, die als bedeutendste Mäzene auf diesem Gebiet gelten. 2004 gründete er zu diesem Zweck die «Mercer Family Foundation». 2008 übernahm immer mehr seine Tochter Rebekah das Zepter. Sie hat sich mittlerweile den Titel der «First Lady der Alt-Right-Bewegung» verdient.  

Inzwischen haben Robert Mercer und seine Tochter Rebekah zusammen mit Bannon ein dichtes Beziehungsnetz am äussersten rechten Rand der amerikanischen Politik geknüpft. Dazu gehört nicht nur «Breitbart», sondern auch das umstrittene Wahlforschungsinstitut Cambridge Analytica, das angeblich mitverantwortlich war für den Trump-Triumph. Das Institut wertet die Präferenzen der Menschen auf den sozialen Medien aus – beispielsweise die Likes bei Facebook – und soll so das Wahlverhalten manipulieren können.  

Von Ted Cruz zu Donald Trump

Die Mercers hassen das Establishment der Republikanischen Partei. Doch ursprünglich setzten sie nicht auf Trump, sondern auf Ted Cruz. Der gewiefte Pokerspieler Mercer realisierte jedoch bald, dass er dabei ein schlechtes Blatt hatte. Deshalb wechselte er das Lager. Auch «Breitbart» begann, Trump immer mehr Platz einzuräumen.  

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Mercer-Schützlinge unter sich: Kellyanne Conway und Ted Cruz. Bild: EPA/CONSOLIDATED NEWS PHOTOS / POOL

Als Trumps Wahlkampagne im Sommer ins Stocken geriet und der damalige Wahlkampfmanager Paul Manafort wegen seiner dubiosen Beziehungen zu Russland zurücktreten musste, schlug die Stunde der Mercers: Sie etablierten Steve Bannon als neuen Wahlkampfmanager und Kellyanne Conway als neue Sprecherin. Selbst die ehemaligen Neokonservativen waren alarmiert. William Kristol, Chefredakteur des «Weekly Standard», dem Sprachrohr der Neocons, warnte: «Das ist die Fusion der Trump-Kampagne mit der durchgeknallten Rechten.»  

Ein neuer Geldadel setzt sich durch

Seit 2010 der Oberste Gerichtshof das umstrittene Gesetz «Citizen United» verabschiedet hat, kann mehr oder weniger ungehindert Geld in die Politik fliessen. Die Mercers sind ein Beispiel dafür, dass dies tatsächlich auch passiert. Die Folgen für die amerikanische Demokratie sind verheerend. Trevor Potter ist Präsident von «Campaign Legal Center», einer unabhängigen Organisation, welche die Wahlen überwachen soll. Er ist Republikaner, aber selbst er ist alarmiert: «Plötzlich kann ein zufälliger Milliardär unsere Politik verändern, selbst wenn er selbst nicht an die Öffentlichkeit tritt, und selbst dann, wenn seine Ansichten kaum jemand kennt.»  

Ohne die Mercers wäre Trump kaum Präsident geworden, und umgekehrt werden die Mercers kaum zulassen, dass ihr Schützling Bannon aus dem inneren Zirkel der Macht verstossen wird. Vielleicht ist der vermeintliche Hahnenkampf zwischen Kushner und Bannon bloss ein Ablenkungsmanöver – und das kann Trump.

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17 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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zombie woof
10.04.2017 18:37registriert März 2015
Im Vergleich zu dem was uns die Trumpregierung jeden Tag bietet, ist House of cards lächerlich!
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