Dignitas-Gründer Ludwig A. Minelli hat nicht zu viel Geld für seine Suizidbegleitungen kassiert: Zu diesem Schluss ist das Bezirksgericht Uster gekommen. Es hat den 85-Jährigen am Freitag vollumfänglich von allen Vorwürfen freigesprochen.
Minelli erhält 135'000 Franken Prozessentschädigung aus der Staatskasse. Dieses Geld ist für die Entschädigung seines Rechtsanwaltes vorgesehen.
Der Freispruch ist eine herbe Schlappe für den Staatsanwalt: Er hatte für den Dignitas-Chef eine bedingte Geldstrafe wegen Beihilfe zum Selbstmord aus selbstsüchtigen Gründen und Wucher verlangt. Das Gericht kam aber zum Schluss, dass es dem Staatsanwalt nicht gelungen sei, egoistische Beweggründe zu beweisen.
Im ersten angeklagten Fall, den einer 80-jährigen Deutschen, musste Minelli zu vier Ärzten, bis er das Rezept für die tödliche Dosis Natrium-Pentobarbital in der Tasche hatte. Die ersten drei hatten sich geweigert, weil die Frau zwar lebensmüde aber nicht todkrank war. Für den Staatsanwalt war klar, dass sich Minelli nur deshalb so eingesetzt hatte, weil die Frau ihm 100'000 Franken gespendet hatte. Das Gericht entschied jedoch, dass dies nicht bewiesen sei.
Die beiden anderen Begleitungen, die der Staatsanwalt vor Gericht brachte, betrafen eine Mutter und ihre Tochter, ebenfalls aus Deutschland. Beide zahlten je rund 10'000 Franken, doppelt so viel wie der Staatsanwalt für nötig erachtete. Auch hier erkannte das Gericht aber keine selbstsüchtigen Gründe.
Minelli gab während des Prozesses zu, dass mit allfälligen Überschüssen auch Vereinstätigkeiten finanziert werden. Ein Problem sah er in dieser Querfinanzierung nicht. «Ohne die Existenz dieses Vereins wäre eine Suizidbegleitung ja gar nicht erst möglich.»
Minelli übte beim Prozess im Mai scharfe Kritik am Staatsanwalt. Das Verfahren sei unverhältnismässig, die Vorwürfe haltlos und lächerlich. Der Staatsanwalt habe einfach einen Vorwand konstruiert, um bei Dignitas alles anschauen zu können. (sda)