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Eine Amerikanerin lobt die Schweiz über den Klee und verteufelt die Arbeitsbedingungen in den USA. Kurz darauf wird eine deutsche Abiturientin am Flughafen Philadelphia abgewiesen, weil ihr Visum es ihr nicht erlaubt, «hin und wieder» die Kinder ihrer «Grosscousine» zu hüten.
Fail!
Fail!
USA-Fail! *HARR, HARR*
Kein anderes Land – Deutschland mal ausgenommen – verhöhnt der gemeine Schweizer mit grösserer Inbrunst als die USA. Amis seien dumm und die USA ein dummes Land – Unkenrufe, die sich seit den Reagan-Amtszeiten hartnäckig halten. Seit ich in Kalifornien lebe, weiss ich: Dieses Ami-Bashing ist einfach nur Fail! Deshalb folgen hier neun in der Tonalität der Kritik angepasste, pauschale und indifferent beschriebene Eigenschaften, die wir vom «dummen Ami» lernen sollten.
Aber schleunigst!
Der Ami ist nett. Wahnsinnig nett. Und damit wahnsinnig plus Eins netter als der Schweizer. Nach drei Sätzen Konversation gibt dir der Ami seine Telefonnummer, damit du ihn anrufen kannst, wenn du in Problemen steckst. So ist er halt. Der Ami.
Die korrekt helvetische Reaktion auf den Versuch eines Fremden, ein Gespräch mit dir zu beginnen, ist der Griff zum Pfefferspray. So wird das in der Schweiz natürlich nie was, mit dem Erfinden des nächsten Social-Media-Wunders. Der Ami hingegen lässt sich auf dich ein, plaudert ausgelassen und viel. Und am Ende zeigt er dir Fotos seiner Kinder und gibt dir seine Telefonnummer.
Der grösste Feind des gemeinen Amerikaners ist nicht der Chinese, der Russe oder der Islamist. Der grösste Feind des Amis ist die Langeweile. Deshalb würzt er jedes Verkaufsgespräch mit einem Annekdötli. Gut möglich also, dass John, Tyrese oder Peter während er den mit Vitaminen angereicherten Kaugummi über den Scanner zieht by the way noch den schweren Motorradunfall seiner Schwiegermutter erwähnt. So entsteht mit dem Ami schnell eine gewisse Nähe. Dass man kurz darauf «Brother» genannt wird, hilft natürlich auch.
Der Ami fährt nicht, er cruised. Mit stoischer Gelassenheit lümmelt er hinter seinem riesigen Steuerrad und harrt der Dinge, die da kommen. Für Fussgänger wird angehalten, auch wenn diese sich erst am fernen Horizont ankündigen. Schnell durchzwängen, drängen oder nahe auffahren kommt in den USA nur ganz selten vor – und gehupt wird auch nur, wenn jemand heiratet.
Ganz im Gegensatz zum Schweizer ist der Ami schnell und einfach zu begeistern. Und er zeigt seine Freude hemmungslos. Folgende Szene ereignete sich vor wenigen Tagen im Tilden Park südlich der riesigen Waldbrände in Kalifornien: Ein Feuerwehrauto passierte eine Gruppe Skater. Und diese feierten die Brandbekämpfer unübertrieben so:
Der Ami ist ein Selbstdarsteller. Die Masse der Selbstdarsteller ist zwar nicht immer leicht erträglich, doch ebendiese hat uns Leute wie Jon Stewart, Stephen Colbert oder Louis C.K. geschenkt. Und wen haben wir?
Der Ami weiss nicht nur sich selber gut darzustellen, er hat grundsätzlich ein feines Gespür fürs Darstellen. Ein Beispiel: Im kleinen und rudimentären Oakland-Zoo führt über das Giraffen-, Löwen- und Bison-Gehege ein Sessellift – und die Kängurus erreicht man nur mit einem kleinen Zug. Nehmt das, verkopfte Schweizer Zoos!
Der Ami, der möchte wissen, wer du bist und was du machst. Auch wenn er genau weiss, dass er dich nachher sein ganzes Leben lang nie mehr sieht. Habe ich schon erwähnt, dass er dir danach seine Telefonnummer gibt? Falls du mal Probleme hast. Oder einfach so. Man kann ja nie genug Telefonnummern haben.
Wer im Land der unbeschränkten Möglichkeiten nicht schon mindestens zwei Firmen an die Wand gefahren hat, ist ein Niemand. Hauptsache, man hat es probiert. Und während sich ein Pleitier in der Schweiz nur noch bei Nebel auf die Strasse wagt, stolziert sein Ami-Pendant mit geschwellter Brust durchs Quartier und der Nachbar haut ihm noch wohlwollend auf die Schulter. Am nächsten Tag sucht er sich dann frohgemut einen Job. Genug Telefonnummern dafür hat er ja.