Vom Facebook-Datenskandal um Cambridge Analytica könnten rund 30'000 Nutzer aus der Schweiz betroffen sein. Dies teilte ein Facebook-Sprecher dem Blick mit. Facebook hat für die Schweiz die Zahl von maximal 29'198 betroffenen Nutzern errechnet.
Die meisten der Betroffenen, 70,6 Millionen, leben laut Facebook in den USA. Auf Platz zwei folgen die Philippinen mit nahezu 1,2 Millionen, in Grossbritannien könnten es fast 1,1 Millionen sein.
In Deutschland könnten etwas mehr als 300'000 Nutzer betroffen sein, obwohl sich an der Umfrage mit einer Persönlichkeitstest-App, die Daten absaugte, laut Facebook nur 65 Nutzer aus Deutschland beteiligt hatten. Der Grund: Über die Umfrage wurden auch Profil-Informationen von Facebook-Freunden erfasst – auch durch Verbindungen zu Nutzern in anderen Ländern – sodass insgesamt bis zu 310'000 Facebook-Mitglieder aus Deutschland betroffen sein könnten.
Bei dem Datenskandal hatte der Entwickler einer Umfrage-App abgesaugte Informationen von Nutzern und deren Facebook-Kontakten an die Analysefirma Cambridge Analytica weitergereicht. Cambridge Analytica hat unter anderem für das Wahlkampfteam von US-Präsident Donald Trump gearbeitet.
Obwohl wohl nur sehr wenige Schweizer die Persönlichkeitstest-App heruntergeladen haben, dürften auch hierzulande tausende Facebook-Nutzer betroffen sein. Denn wenn nur ein einziger Facebook-Kontakt die App genutzt hat, konnte sie auf Dutzende oder Hunderte Profile von Facebook-Freunden zugreifen. Schweizer Facebook-Nutzer mit Freunden in den USA oder Grossbritannien könnten also besonders betroffen sein.
Zuletzt war bekannt geworden, dass der jüngste Datenskandal bei dem sozialen Netzwerk noch eine deutlich grössere Dimension hat als bisher angenommen. Daten von bis zu 87 Millionen Nutzern könnten unzulässigerweise mit der Firma Cambridge Analytica geteilt worden sein, wie das Online-Netzwerk in einem Blogpost sagte.
Behörden in den USA wie in Grossbritannien haben deshalb Ermittlungen eingeleitet. Facebook versprach zuletzt, solche massiven Datensammlungen durch Drittanbieter-Apps weiter zu erschweren. Das Absaugen von Profildaten durch Apps hatte Facebook 2014 eingeschränkt, als dem Unternehmen der Datenabfluss an Cambridge Analytica bewusst wurde.
Cambridge Analytica bestreitet die von Facebook errechnete Zahl von 87 Millionen: In einer Stellungnahme schreibt die Firma, sie habe Daten von «nicht mehr als 30 Millionen Menschen» erhalten. Diese Daten habe man nicht im US-Wahlkampf von 2016 eingesetzt. Die umstrittene Firma half der Trump-Kampagne damals unter anderem, gezielt Werbung bei Facebook zu platzieren, die seine Anhänger mobilisieren und die Befürworter der Gegenkandidatin Hillary Clinton entmutigen sollte.
Cambridge-Analytica-Manager sagten vor versteckter Kamera, sie hätten beispielsweise bei Wahlen in Nigeria, Kenya, Malaysia, Tschechien, Indien, Argentinien und den USA «mitgewirkt».
Mark Zuckerberg hält sich trotz des enormen Datenskandals weiterhin für den Richtigen an der Spitze des Unternehmens. Er übernehme zwar die Verantwortung für die Weitergabe privater Nutzerdaten – halte sich aber nach wie vor für den Richtigen, um das Unternehmen zu führen. Dies sagte Zuckerberg am Mittwoch auf eine entsprechende Frage von Journalisten.
Der Facebook-Chef versicherte erneut, «es in Zukunft besser machen zu wollen». Er räumte aber zugleich ein, dass «keine Sicherheitsmassnahme perfekt» sei.
Die EU-Kommission hat von Facebook wegen des jüngsten Datenskandals weitere Auskünfte verlangt. EU-Justizkommissarin Vera Jourova habe an das Netzwerk einen Brief mit der Aufforderung um «weitere Klarstellungen» geschrieben. Die Antwort soll innerhalb von zwei Wochen erfolgen, sagte ein EU-Kommissionssprecher.
Es sei mittlerweile bestätigt, dass auch europäische Nutzer von Facebook betroffen seien, sagte der Sprecher am Donnerstag in Brüssel weiter. Er nannte erneut den Missbrauch persönlicher Daten «inakzeptabel».
Gemäss dem EU-Kommissionssprecher hat Facebook grundsätzlich Bereitschaft gezeigt, sich mit der Brüsseler Behörde zu den aktuellen Datenschutzfragen auseinanderzusetzen. In den nächsten Tagen sei zudem ein hochrangiges Treffen zwischen der EU-Kommission und dem US-Konzern geplant.
(oli/sda/apa/reu)